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65 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz - Das Gedenken neu verankern, damit Erinnerung für die Zukunft gelingt

Erklärung des Geschäftsführenden Vorstandes von pax christi

Der 27. Januar, der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Dieser Tag ist aber auch Anlass, Voraussetzungen zu benennen, damit Erinnerung für die Zukunft gelingt. Denn 65 Jahre nach Ende des Holocaust, des Nationalsozialismus und des II. Weltkriegs in Europa und Asien findet eine Zäsur statt. Der lebensgeschichtliche Kontext der Erinnerungen endet mit der Generation der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Sie, die in unterschiedlicher Betroffenheit Krieg und Holocaust erlebt haben, verlassen den Raum gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. Damit beginnt unabwendbar und unumkehrbar die Historisierung der Ereignisse. Die Möglichkeit wie auch die Notwendigkeit, Kenntnisse weiter zu vermitteln und zu deuten, nehmen zu.

  • Es gibt weiterhin rechtsextreme Überzeugungen und Organisationen in der bundesdeutschen Gesellschaft. Sie gründen auf einer Ideologie der Ungleichheit und Menschenfeindlichkeit, die nicht direkt den historischen Nationalsozialismus wiederholen will, wohl aber rassistische Abwertungen von Menschen, antisemitische und antiislamische Auffassungen und "modernisierte" Positionen des Nationalsozialismus vertritt. Dies geschieht weniger in brutaler Propaganda, sondern in verschiedenen Formen von rechtsextremer Musik und Medienangeboten und in einer Sozialarbeit, die unterschiedliche Zielgruppen bedient, mit dem Ziel, soziale und kulturelle Räume unserer Gesellschaft zu besetzen und dort die Meinungsführung zu übernehmen. So sehr es darauf ankommt, Menschen aus Überzeugung für die Achtung von Menschenwürde und demokratischen Prinzipien zu gewinnen, so muss doch erneut geprüft werden, ob solchen Parteien und Organisationen nicht mit rechtlichen Mitteln ihre materielle und organisatorische Grundlage entzogen werden kann.
  • Erinnerungsarbeit ist für jede Gesellschaft konstitutiv. Geschehenes Unrecht kann nicht verdrängt werden. Erinnerung befreit zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Geschichte. Aber in einer Gesellschaft, die ihre Lebens- und Wirtschaftweise fast nur noch als Markt und das Leben als Wettbewerb versteht, ist Erinnerung und Gedächtnis oft ohne Wert, da sie nichts "nutzen". Umso mehr gilt es, den Wert der Erinnerung, die dem Menschen Gedächtnis und Identität verleiht, um seiner selbst willen anzuerkennen und eine Verzweckung als Staatsräson zu unterlassen. Der Gedenktag 27. Januar ist mehr als ein moralischer Appell des "Nie wieder", er ist auch eine Unterbrechung des "immer weiter so", ein Einspruch gegen das Verständnis einer "unbefristeten Zeit" einer Gesellschaft, die an ein Wachstum ohne Ende glaubt.
  • Erinnern für die Zukunft erfordert auch, anzuerkennen, dass die bundesdeutsche Gesellschaft ausdrücklich eine Einwanderungsgesellschaft geworden ist, die die deutsche Geschichte mit allen ihren Teilen gemeinsam anschauen muss. Vorstellungen nationaler Identität oder Leitkultur führen in die Irre. Gerade an Auschwitz als Symbol und Chiffre kann gelernt werden, wie die Würde des Menschen von universaler Bedeutung ist.
  • Für die katholische Kirche gilt es alle Fakten zur Kenntnis nehmen, die sie selbst in der Zeit des Nationalsozialismus, - auch in der Entwicklung dahin und den Folgen danach - betreffen und die dafür notwendigen Quellen offen zu legen. Vorschnelle Würdigungen wie Verurteilungen - auch einzelner Amtsträger - begünstigen eher eine "Schlussstrich-Haltung", als dass sie Einsichten in die damalige Situation fördern und Lehren für das verantwortliche Handeln der Kirche in der Gegenwart ermöglichen.

Quelle: pax christi -  Erklärung vom 25.01.2010.

Veröffentlicht am

27. Januar 2010

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