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Gaza-Krieg: Eine Tonne Sprengstoff pro Kopf

Erschütternder Bericht zweier Chirurgen aus Großbritannien, die während des Krieges in Gaza gearbeitet haben (Deutsche Kurzfassung)

Im Folgenden dokumentieren wir einen von Peter Strutynski übersetzten und zusammengefassten Bericht zweier Ärzte, die während des dreiwöchigen Krieges die Gelegenheit hatten, im Gazastreifen zu arbeiten. Der Bericht wurde Anfang Februar 2009 in dem britischen Fachblatt "The Lancet" veröffentlicht.

Schätzungsweise seien 1,5 Millionen Tonnen Sprengstoff auf Gaza abgeworfen worden, das macht pro Kopf der Bewohner in diesem äußerst dicht besiedelten Gebiet eine Tonne! Am ersten Tag der Luftangriffe seien bereits 250 Menschen getötet worden. Nachdem alle Polizeistationen gezielt angegriffen worden waren, wandten sich die israelischen Streitkräfte zivilen Zielen zu. Dazu zählten viele Schulen, darunter die "American School of Gaza", 40 Moscheen, Krankenhäuser, UN-Gebäude und 21.000 Häuser, von denen 4.000 vollständige zerstört worden seien. Schätzungen sagen, dass etwa 100.000 Menschen obdachlos wurden.

An Waffen wurden eingesetzt:

  • Phosphorbomben, die in großer Höhe zur Explosion gebracht wurden und zahlreiche Bomblets freisetzten, die über einer relativ großen Fläche niedergingen;
  • Schwere Bomben - Verwendung fanden u.a. sog. DIME (dense inert material explosives), die für tödliche Verbrennungen oder schwerster Verwundungen (z.B. Abtrennung von Gliedmaßen) verantwortlich waren;
  • Brennstoff-Luft Sprengstoffe - hochwirksame Druckwellensprengstoffe; damit ist z.B. ein achtgeschossiges Gebäude der Islamischen Universität von Gaza bis auf den Rest, eine ein Meter hohe Säule, zerstört worden;
  • Stille Bomben (silent bombs), deren Anflug nicht hörbar ist, die aber von einer ungeheuren Zerstörungswucht sind;
  • Exekutionen; berichtet wird von Exekutionen, verübt an Kindern, Frauen und alten Menschen;
  • Krankenwagen als Ziel; berichtet wird auch von 13 Krankenwagen, die gezielt angegriffen wurden, wobei deren Fahrer und medizinisches Personal getötet wurden;
  • Streubomben; sie wurden offenbar bevorzugt bei der Zerstörung der Tunnels eingesetzt; die beiden Ärzte weisen darauf hin, dass die meisten Tunnels (etwa 50 Prozent aller Tunnels wurden zerstört) nicht dem Waffenschmuggel dienen, sondern wichtig sind, um die Menschen des Gazastreifen mit lebenswichtigen Waren und Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen.

Zahl der Opfer

Insgesamt wurde die Zahl der Todesopfer auf Seiten der Palästinenser auf 1.350 geschätzt. Die Zahl der Toten stieg von Tag zu Tag an, da ja neben den direkt Getöteten immer mehr Verwundete ihren Verletzungen erlagen. 60 Prozent der Getöteten waren Kinder.
Unter den 5.450 Schwerverletzten befanden sich etwa 40 Prozent Kinder. 1.600 Schwerverletzte werden auf immer unter Behinderungen leiden (z.B. Amputationen, Kopfverletzungen, Rückenmarkverletzungen).

Besondere Bedingungen

In dem Bericht wird auf die besonderen Bedingungen hingewiesen, die im Gazastreifen zu berücksichtigen sind. Hierzu zählen:

  • Fehlende Fluchtmöglichkeit für die Zivilbevölkerung;
  • die dichte Besiedlung des Gebiets; es wird der Verdacht geäußert, dass die israelische Armee absichtlich Zivilisten angegriffen habe, sodass die bewaffneten Kräfte der Hamas in diesem Fall eher die "Kollateralschäden" waren;
  • die Menge und Beschaffenheit der verwendeten Munition (siehe oben);
  • die fehlenden Mittel zur Verteidigung gegen die modernen Waffen der Israelis;
  • fehlender Schutz der Zivilbevölkerung vor Bombenangriffen.

Fazit

Die beiden Ärzte warnen davor, dass der nächste israelische Angriff für die Menschen in Gaza aus den genannten Gründen genauso zerstörerisch sein wird. Die Bevölkerung in Gaza ist äußerst verwundbar und ohne Verteidigungsmöglichkeit. Wenn die internationale Gemeinschaft eine solche Katastrophe in Zukunft verhindern will, muss sie wie auch immer geartete Verteidigungskräfte für Gaza entwickeln. Andernfalls werden noch mehr Zivilpersonen sterben.

Englischer Originalbericht:  The Wounds of Gaza , The Lancet, 02.02.2009. 

 

Quelle: AG Friedensforschung   vom 13.02.2009.

Veröffentlicht am

14. Februar 2009

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