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Martin Luther King und die Bürgerrechtsbewegung

Von Annemarie Diefenbach - Vortragsmanuskript

1. Einleitung

Martin Luther King wird auch Apostel der Gewaltlosigkeit genannt. Kings Freund, der schwarze Sänger Harry Belafonte, beschreibt einmal die außergewöhnliche Persönlichkeit von Martin Luther King so: "Gott erschafft manchmal einen Menschen, der ohne Rücksicht auf sich selbst das tut, was gerecht ist, selbst wenn es ihn am Ende verschlingt. Wir dürfen dankbar sein, daß solch ein Mensch unser Leben berührt hat, wenn auch nur für kurze Zeit."

Martin Luther King wurde am 15. Januar 1929 in der Auburn Avenue 501 in Atlanta, Georgia, in den Südstaaten der USA als zweites Kind von Martin Luther King sen. und Alberta Williams King geboren. Er erhielt seinen Namen in Anlehnung an den deutschen Reformator Martin Luther. Er hatte eine ältere Schwester, Christine, und einen jüngeren Bruder, Alfred Daniel.

Die Vorfahren Martin Luther Kings stammten bereits, sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits, aus Georgia. Die Rückverfolgung bis zum Ende der Sklaverei ergab, dass die letzten Sklaveneigentümer der Vorfahren in zwei kleinen Counties (= Landkreise) in der Nähe von Atlanta lebten, väterlicherseits eine Familie Brannum/Branham in Eatonton, Putnam County, und mütterlicherseits Williams in Penfield, Greene County. Zu den Branhams ist noch zu sagen, dass hier der Name in King geändert wurde, wahrscheinlich damit er "seine" Sklaven unter gleichem Namen zusammenhalten konnte, eine eher außergewöhnliche Maßnahme, da ein Verkauf und eine damit verbundene Namensänderung eher die Regel waren. Eine Rückverfolgung bis zu der Herkunft in Afrika ist allerdings nicht möglich. Wahrscheinlich dürfte allerdings sein, dass die afrikanischen Vorfahren Kings über den relativ großen Hafen von Savannah in die USA kamen und auch, da sie lange bei der gleichen Familie lebten, sowohl die Branhams als auch die Williams’ anständige Sklavenbesitzer waren, die zwar ihren Wohlstand auf der Arbeit der Sklaven aufgebaut hatten, aber nicht, wie so viele, schändlich mit den Menschen umgingen. Daß bereits ein Vorfahre Kings während der Sklavenzeit Prediger war, dürfte dies unterstreichen.

Im Süden der USA herrschte auch Mitte der 50er Jahre und damals 90 Jahre nach Beendigung der Sklaverei noch immer die Rassentrennung (Segregation). Nach Aufhebung der Sklaverei suchte man nach einem anderen Mittel, um sich von den Schwarzen abzusondern und schuf die Rassentrennung; die Weißen sollten so zumindest mehr Rechte haben als die früheren Sklaven.Anm.: Die Südstaaten (Konföderierte Staaten ) der USA bestanden aus 13 Staaten, von denen sich 1860/61 elf von der Union lossagten (Alabama, Arkansas, Florida, Georgia, Louisiana, Mississippi, Nord Carolina, Süd Carolina, Tennessee, Texas und Virginia; Missouri und Kentucky verblieben in der Union, West Virginia sagte sich von Virginia los und wandte sich der Union zu). Danach brach der Sezessionskrieg zwischen Nord- und Südstaaten aus, den 1865 der Norden gewann. Die Wiedereingliederung der sich losgesagten Staaten dauerte noch bis 1877. Außer den ebenfalls sklavenhaltenden Nordstaaten Maryland und Delaware gehörten noch weitere 21 Staaten zur Union. Diese hatte insgesamt ungefähr 22 Mio. Einwohner, die Konföderierten Staaten lediglich 12 Mio. Während des Krieges kamen auf Südstaatenseite 258.000 Menschen ums Leben, im Norden waren es 365.000 Personen.

2. Sklaverei

1863 wurde die Sklaverei durch Präsident Abraham Lincoln gesetzlich verboten. Von der Insel Gorée, Senegal, vor der westafrikanischen Küste, und Elmina bzw. Cape Coast in Ghana aus wurden vermutlich die meisten afrikanischen Menschen nach Amerika gebracht. In diesen Festungen wurden zuvor die für die Verschiffung vorgesehenen Menschen gesammelt, bis ein Sklavenschiff den Hafen anlief. Der letzte Aufenthaltsplatz in Afrika war für die als Sklaven Vorgesehenen somit dieses Fort und der letzte Durchgang das sogenannte "Tor ohne Wiederkehr", von dem es zum Hafen ging und damit auf das Schiff, das nach Amerika fuhr. Diese Festungen, über 60 Forts, zogen sich fast wie eine Perlenschnur an der westafrikanischen Küste entlang.

In etwa 380 Jahren der Sklaverei in Amerika kamen dort aus Afrika ca. 50 Mio. Menschen lebend an, fast noch einmal soviel überlebten die Überfahrt in den Sklavenschiffen nicht. Diese Überfahrt dauerte durchschnittlich zwischen 6 und 8 Wochen, je nach Entfernung und Wind. Erste Sklaven gab es bereits ab 1505 auf den Karibischen Inseln, in Brasilien ab ca. 1530, in den USA ab 1619. Im Südosten der späteren USA herrschte 245 Jahre die Sklaverei, in Brasilien wurde erst 1888 die Sklaverei verboten. In den Südstaaten der USA lebten seit 1619 insgesamt 10 bis 12 Millionen Sklaven.

Die Überquerung des Atlantiks war eine einzige Qual. Die Afrikaner waren mit Ketten aneinandergefesselt und lagen so eng es irgend ging auf Pritschen oder auf dem Boden, damit möglichst viele Schwarze transportiert werden konnten. Die Decks hatten oft nur einen Abstand von etwa 1,40m, so dass ein Stehen unmöglich war. Es gab auch nur eine kleine Luke, durch die etwas Frischluft kam. Höchstens einmal am Tag durften die Menschen dann kurze Zeit nach draußen, um ihre Notdurft zu verrichten und sich etwas zu bewegen. Ansonsten liefen die Exkremente auf die Liegefläche, wo meist auch noch eine weitere Pritsche darunterstand. Der Gestank muß entsetzlich gewesen sein und durch die unhygienischen Verhältnisse breiteten sich zudem auch Krankheiten aus, an denen etliche der Menschen starben, deren Leichname kurzerhand ins Meer geworfen wurden. Wenn man sich das Wasser des Atlantiks wegdenkt, würde man heute auf dem Meeresgrund eine Spur von Skeletten von Afrika Richtung Amerika finden.

Die Sklaven wurden auf Sklavenmärkten verkauft, waren Besitz der Sklavenhalter und wurden auch so in den Geschäftsbüchern geführt. Die allermeisten Afroamerikaner wissen bis heute nicht, wie ihre Vorfahren in Afrika hießen und aus welcher Gegend des Kontinents sie stammten. Sie wurden nicht als vollwertige Menschen anerkannt, waren entwurzelt, und an den Folgen der Sklaverei durch jahrhundertelange Verschleppung von Millionen Menschen leidet Afrika bis heute. Man nahm den Schwarzen nicht nur ihre kulturelle und religiöse Identität, sondern auch ihren Namen. Sie trugen den Namen ihres Besitzers und ein von diesem zugeteilten Vornamen. Sie mussten täglich bis zu 14 oder 16 Stunden, manchmal noch länger, ohne Lohn auf den Baumwoll-, Tabak-, Zuckerrohr- oder Erdnußplantagen Schwerstarbeit leisten, eine etwas bessere Behandlung als die Feldarbeiter erfuhren die Haussklaven. Jedoch waren alle der Willkür ihrer Herrschaft ausgesetzt. Nur wenige Besitzer behandelten die Sklaven auch gut, gewährten ihnen geringe Freiheiten, ließen sie gar gänzlich frei oder die Sklaven konnten sich freikaufen von ihrer Herrschaft. Der eigene Freikauf war in der Regel so bedingt, dass der ehemalige Sklave ein Stückchen Land des früheren Besitzers bewirtschaftete oder handwerkliche Fähigkeiten ausüben durfte; einen Anteil an dem Erlös gab der frühere Sklave ab und. konnte sich und ggfs. auch seine Familie loskaufen. Er war so zwar frei, aber in gewisser Weise oft doch noch abhängig von dem vorherigen Sklavenhalter. Von den Sklaven in den Südstaaten waren bis 1860 lediglich 250.000 Menschen in die Gunst einer Freilassung gekommen (siehe auch Kapitel 4, Sharecroppers). Die Anzahl von unfreien Sklaven zu freigelassenen Sklaven betrug im Zeitraum zwischen 1790 und 1860 bei einer 10-Jahres-Zählung jeweils etwa zwischen 5 und 10%, d.h. auf jeden Freigelassenen kamen 10 - 20 Sklaven.  

Unterkünfte der Sklaven bestanden aus einer Hütte, einem umbauten Raum von höchstens 15 - 20 Quadratmetern für eine Familie, in dem sich das Leben nach der Arbeit abspielte. Zum willkürlichen Verhalten des "Massas" oder der "Missis" gehörten auch das Weiterverkaufen von Sklaven ohne Rücksicht auf deren Familie. Vor allem Frauen und junge Mädchen waren zusätzlich Vergewaltigungen ihrer Besitzer ausgeliefert. So erklärt sich auch die hellere Haut bei vielen Afroamerikanern; es war nicht nur durch die verschiedenen afrikanischen Völker eine eher hellere oder dunklere Haut mitgegeben, sondern eben auch aus diesen ‚Verbindungen’ zwischen Herrn und Sklavin entstandenen Kindern. Es gab sogar teilweise regelrechte Züchtungen von neuen Sklaven, wo Sklave und Sklavin zusammengebracht wurden, um Kinder zu zeugen. Die besonders schöne Oak Alley Plantation in Louisiana oder andere  kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier und auf einigen anderen Plantagen in der Nähe von New Orleans 1811 der größte Sklavenaufstand der Südstaaten stattfand. Angeführt von Charles Deslondes von der Andry Plantage erhoben sich 500 - 600 Sklaven, von denen 66 dabei starben. Die Rache der Sklavenbesitzer war fürchterlich: man richtete die Anführer hin und steckte ihre Köpfe auf Pfähle auf dem Weg zu den Plantagen zur Abschreckung der anderen Sklaven, damit diese ähnliche Revolten unterließen.

3. Underground Railroad

Bei diesen unmenschlichen Zuständen war der Gedanke, dem allem zu entkommen, naheliegend. Aber Aufstände und Fluchtversuche von einzelnen Personen waren in der Regel erfolglos und zogen härteste Strafen nach sich. Gut hingegen arbeitete das Netzwerk der Sklavereigegner (Abolitionisten), das viele Sklaven über geheime Wege nach Kanada (dort war die weitere Einfuhr von Sklaven bereits seit 1793 verboten und ab 1800 waren alle Sklaven frei) oder zumindest in die amerikanischen Nordstaaten brachte, die sogen. Underground Railroad (Untergrund Eisenbahn). Einer der entflohenen Sklaven war Josiah Henson, der 1830 mit seiner Familie nach Kanada kam und dort aus Dankbarkeit Prediger wurde. Henson galt Harriet Beecher-Stowe als Vorbild für den ‚Onkel Tom’ aus ihrem weltberühmt gewordenen Buch ‚Onkel Toms Hütte’.

Die Sklaven verständigten sich während der Arbeit durch verschlüsselte Nachrichten, den Spirituals- Arbeitslieder - sind die geheimen Botschaften der Sklaven, Gospels (God spells = Gott spricht) unseren Kirchenliedern vergleichbar. Die Gospels haben sich aus den Spirituals entwickelt. (z. B.: Nordstern, Gelobtes Land, Süßes Kanaan = Kanada; Jordan = Ohio, jenseits davon gab es keine Sklaverei; Moses = Harriet Tubman; Sweet Chariot = (Süßer) Himmelswagen; durchs Wasser waten = durchs Wasser gehen, damit man den Spürhunden die Fährte nehmen konnte; Station, Schaffner = Helfer; Passagier = jemand, der mit der Underground Railroad in die Freiheit will) über die Planung einer Flucht und bei den Helfern standen zur Orientierung Kerzen im Fenster. Dies war allerdings höchst gefährlich, sowohl für die Geflohenen als auch für die Helfer. Zudem war der Weg nach Kanada sehr weit (vom tiefsten Süden über 2000 km), zum Teil gebirgig oder wasserreich, mit vielen Hindernissen und Gefahren verbunden und kurz vor der Überquerung der Grenze lagen noch die Großen Seen und der Niagarafall. Außerdem musste man immer mit einer Entdeckung rechnen. Trotz dieser Schwierigkeiten konnten zwischen 1800 und 1860 etwa 30.000 - 50.000 entflohene Sklaven (neuere Zahlen sprechen sogar von etwa 100.000 Entflohenen) den Weg nach Kanada bzw. die Nordstaaten finden, obwohl sie unzulängliche Hilfsmittel wie die selbstgenähten "Landkarten" hatten, die nur geringe Landschaftskenntnisse vermitteln konnten. Selbst ein Versteck in einem Schiff gab kaum mehr Sicherheit als der Landweg.

4. Ende der Sklaverei. Frühe Bürgerrechtler/innen

Besonders ist hier Harriet Tubman (selbst eine geflohene ehemalige Sklavin) zu nennen, die unter eigener Gefährdung viele Menschen in die Freiheit gebracht hat und dazu selbst 19mal zurückkehrte, um anderen zur Flucht zu verhelfen. Harriet Tubman selbst hatte ein schweres Schicksal zu tragen: ihr Besitzer hatte ihr als Jugendliche mit einem schweren Metallstück auf den Kopf geschlagen, dass sie zeitlebens unter gelegentlichen epileptischen Anfällen litt, die damals noch unbehandelbar waren. Umso höher ist ihr Einsatz für andere ehemalige Sklaven anzuerkennen. Desweiteren ist Frederick Douglass bekannt, ebenfalls ein in die Nordstaaten geflohener ehemaliger Sklave, der dort aktiv bei der Abolitionistenbewegung (Antisklavereibewegung) mitarbeitete und geflohenen junge Schwarze davon überzeugte, im Sezessionskrieg (1861-1865) auf Seiten der Nordstaatenarmee für ihre und die Rechte der noch in der Sklaverei Befindlichen zu kämpfen.

Nach Beendigung der Sklaverei konnten die früheren Sklaven bzw. deren Nachfahren nicht einfach so nach Afrika zurückfahren. Man wusste weder woher man kam noch den wirklichen Familiennamen, mal ganz abgesehen, dass keine materiellen Voraussetzungen vorhanden waren. Die einzige große Ausnahme war die Rückkehr von freigelassenen bzw. geflohenen Sklaven, die sich 1822 auf dem Gebiet des heutigen Liberia ansiedelten, das eine Kolonisationsgesellschaft gekauft hatte. 1847 wurde Liberia als erster Staat in Schwarzafrika selbständig.

1860 gab es 4  Mio. Sklaven in den Südstaaten, deren Besitzer lediglich 300.000 Weiße waren (90.000 Weiße besaßen mehr als 10 Sklaven). Die gesamte weiße Bevölkerung im Süden betrug damals 8 Mio. Personen.

Die überwiegende Mehrheit der in den Südstaaten gebliebenen, nunmehr freien Schwarzen, arbeiteten, zu was sie fähig waren, um sich und die Familie zu ernähren. Dies waren Handwerksberufe, die man auf der Plantage ausüben konnte oder man erwarb ein Stückchen Land, um es zu bewirtschaften. Diese Sharecroppers, Landpächter, mussten einen Teil des Geldes an den Besitzer abgeben. Die Schwarzen waren nun zwar frei, aber grundsätzlich waren sie noch immer in jahrhundertealten Strukturen gefangen, die von den Weißen geregelt waren und auf die sie keinen wirklichen Einfluß hatten. Man blieb fast vorwiegend in seiner bekannten Welt. Eine Freiheit, die man vorher nie gekannt hatte, blieb anfangs deswegen auch ein unbekannter Wert. In den ersten Jahrzehnten änderte sich wenig für die schwarzen Menschen, was noch erschwert wurde durch keinerlei Bildung (lesen und schreiben war für Sklaven verboten). Erst nach und nach gewann man ein geringes Maß an Selbständigkeit, das zumindest ein eigenständiges Leben möglich machte. Doch auch hier wurde den Schwarzen immer wieder versucht, dies unmöglich zu machen, besonders von dem 1866 gegründeten Ku-Klux-Klan -siehe auch unter Kapitel 9-, der mit allen Mitteln vereiteln wollte, dass frühere Sklaven irgendwelche Rechte hatten.  Das ging soweit bis zu Lynchmorden an Schwarzen und auch an wenigen Weißen, die sich auf deren Seite stellten. Das Lynchen gab es noch vereinzelt bis in 50er und 60er Jahre, als bereits die Bürgerrechtsbewegung um King entstanden war. Insgesamt wurden im Gebiet der heutigen USA, den Südstaaten vor allem, an die 9 Mio. Menschen in der Sklaverei gelyncht und noch nach Beendigung der Sklaverei durch Lynchen etwa 5.000 Menschen umgebracht, wahrscheinlich jedoch ist aber eine noch höhere Anzahl. Es ist kaum vorstellbar, welcher Haß sich gegen die früheren Sklaven und deren Nachkommen entlud und mit welcher Angst diese Menschen das aushielten.

Es gab aber auch immer wieder gebildete Schwarze, die den Menschen mehr Selbstvertrauen, Hoffnung und Mut machten, wie etwa Booker T. Washington, W.E.B. DuBois und Ida Wells-Barnett, die man als frühe Vertreter der schwarzen Bürgerrechtsbewegung bezeichnen kann.

Washington gründete eine anerkannte Bildungsanstalt in Tuskeegee, Alabama, die vorwiegend handwerkliche und landwirtschaftliche Kenntnisse vermittelte.

DuBois gründete 1909 die erste afroamerikanische Vereinigung NAACP, war Wissenschaftler, Schriftsteller und Herausgeber politischer Texte, in denen er die Emanzipation der Schwarzen vertrat. Er überwarf sich in seiner Meinung so sehr mit der US-amerikanischen Regierung, dass er noch als 92-Jähriger nach Ghana (Westafrika) auswanderte und seinen amerikanischen Paß abgab. In Akkra verstarb er schließlich mit 95 Jahren.

Ida Wells war Mitbegründerin des NAACP, setzte sich ihr ganzes Leben gegen die Lynchjustiz ein und war spätere Gründerin der 1913 entstandenen ersten schwarzen Frauenbewegung. 

5. Vorgeschichte: Segregation nach der Sklaverei

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es für Weiße und Schwarze z.B. getrennte Kirchen, Schulen und Universitäten, Wohnviertel, Plätze in Restaurants und Warteräumen, Kinositzplätze (die sogen. ‘Erdnußgalerie’; bei den ‚schwarzen’ oberen Plätzen war zumeist kein Notausgang vorhanden,  was bei einem Brand tödlich sein konnte, weil die Menschen nicht mehr an den unteren Ausgang kamen), Toiletten und Waschbecken, Parkbänke, Sitzplätze in Bussen (Trennung in vorderen ‚weißen’ Teil und hinteren ‘schwarzen’) und Zügen (Abtrennung des ‘schwarzen’ Bereichs durch einen Vorhang),  Trinkbrunnen (Wasserspender), Bibliotheken, teilweise Supermärkte, Krankenhausabteilungen, Bürgersteige (die Schwarzen mussten beim Passieren den Weißen Platz machen und u.U. sogar auf die Straße ausweichen), Umkleidekabinen in Geschäften sowie Schwimmbäder und Fahrstühle durften nur von Weißen benutzt werden. Heiraten zwischen Schwarzen und Weißen waren nicht erlaubt. Dies ist nur eine Auswahl von Beispielen für alltägliche Rassentrennung. Ungerechtigkeiten wie das ungleiche Bildungssystem, das von "Weißen für Weiße" gemacht war, in dem Schwarze mit ihrer aus Afrika stammenden Kultur nicht vorkamen, bekam jeder Schwarze, auch Martin Luther King, von Kind an zu spüren. Die ‘schwarzen’ Schulen waren unverhältnismäßig schlecht ausgestattet gegenüber den ‚weißen’ Bildungseinrichtungen.

In den 50er und 60er Jahren gab es bei der schwarzen Bevölkerung der USA eine etwa doppelt so hohe Arbeitslosigkeit, 40% weniger Einkommen in fast ausnahmslos schlecht bezahlten Berufen, eine um 75% höhere Kindersterblichkeit als bei den Weißen und eine Analphabetenrate von 10%, während es bei der weißen Bevölkerung noch nicht mal 2% waren.

6. Martin Luther King: Ausbildung, Familie

Martin Luther Kings Familie gehörte zur schwarzen Mittelschicht, was es auch nur selten gab. Die überaus meisten Schwarzen waren arm. Martin war ein intelligenter junger Mann und konnte so ab 1944 auf die damals einzige Hochschule für Schwarze im Süden, das Morehouse-College in Atlanta, gehen. Danach studierte er Theologie am Crozer Theologischen Seminar in Chester, Pennsylvania, im Norden der USA (1948-51). Später schrieb er an der Harvard Universität in Boston, Massachusetts, seine Doktorarbeit, die er im Frühjahr 1955 mit seiner Promotion beendete.

Martin Luther King war Baptistenpfarrer an der Dexter Avenue Baptist Church in Montgomery, Alabama, einem anderen Südstaatenland. Sein Vater und auch sein Großvater waren bereits baptistische Pfarrer in Atlanta, wo er ebenfalls an der Ebenezer Baptist Church zuvor als Hilfsprediger seines Vaters predigte. Er war seit 1953 verheiratet mit Coretta Scott und hatte mit ihr vier gemeinsame Kinder (*1955, 1957, 1962, 1963).Coretta Scott King ist am 30.1.2006 im Alter von 78 Jahren verstorben; sie und ihre 4 Kinder haben das Erbe ihres Mannes bzw. Vaters immer weiter bewahrt und gegen Ungerechtigkeiten gekämpft.

7. Der Busboykott

In dieser Stadt Montgomery geschah am 1.12.55 etwas Ungeheuerliches für die oben beschriebene Situation im Süden: die schwarze Näherin Rosa Parks weigerte sich, auf der Heimfahrt ihren Bussitzplatz für einen Weißen zu räumen! (Wenn die vorderen ‚weißen’ Plätze besetzt waren, mussten die Schwarzen hinten Platz für einen ‚weißen’ Fahrgast machen.) Rosa Parks war nicht nur müde von der Arbeit, sondern auch müde, sich als Mensch 2. Klasse behandeln zu lassen. Sie wurde der Polizei übergeben. Wie ein Lauffeuer sprach sich unter den Schwarzen herum, was passiert war. Dies war der ‚Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte’.Rosa Parks ist am 24.10.2005 im Alter von 92 Jahren verstorben.

In der Holt Street Baptist Church in Montgomery trafen sich 5000 Menschen, um einen Busboykott auszuarbeiten. In großer Einmütigkeit geschah dies, Martin Luther King wird zum Aktionsführer aller Beteiligten ernannt. Durch den Streik wollte man zeigen, dass die Busunternehmen sehr wohl auch von der Wirtschaftskraft der Schwarzen abhängig waren.

King brachte das in die richtigen Worte, was alle an Ungerechtigkeiten erdulden mussten, aber oft nicht formulieren konnten. King wurde zum Vorsitzenden der MIA gewählt, die die Zielsetzung hatte, Verbesserungen in Montgomery durchzusetzen. Er wies immer wieder darauf hin, dass man nur gewaltfrei eine Veränderung der ungerechten Gesetze herbeiführen kann. Vorbilder für Kings gewaltfreies Handeln waren Jesus und Mahatma Gandhi.

Man wusste nicht, was durch diesen Busboykott geschehen könnte und ob er überhaupt von der schwarzen Bevölkerung angenommen werden würde. Jedoch am 5.12.55, dem nächsten Arbeitstag, liefen 99,9 %! Und viele hatten einen sehr weiten Weg zur Arbeit und wieder zurück, so dass man auch ‚schwarze’ Taxis für den Preis einer Busfahrt einsetzte. Aber die Menschen hatten erkannt: Jetzt ist Schluß! Ihr Weißen könnt uns nicht länger unterdrücken! Der Busboykott dauerte ein Jahr, bis die Rassentrennung in Montgomery aufgehoben wurde. Martin Luther King verband alle in Einheit und Gewaltlosigkeit, die er immer wieder hervorhob.

Übrigens wurde Rosa Parks zu 14 Dollar Strafe verurteilt, was dem damaligen Wert von etwa 30 Euro entspricht - für eine Näherin sicher eine relativ hohe Geldstrafe.

Die Gewaltlosigkeit verband die Schwarzen in Montgomery. Trotz Bombenanschlägen, z.B. auf Kings Wohnhaus, das Pfarrhaus der Kirche, konnte Martin Luther King noch zur Nächstenliebe aufrufen. Die Kraft zum Weitermachen bezog King aus seiner tiefen Religiosität, er wusste, dass Gott ihn auch in schwersten Stunden nicht allein ließ. Dies drückte sich auch später bei den Demonstrationen aus, indem man vor dem Losmarschieren ein kurzes Gebet sprach und um die Hilfe Gottes bat, damit die Teilnehmenden sowohl gewaltfrei blieben und auch die Demonstration unter dem Segen des Allmächtigen stand.

Besonders prägend war ein Erlebnis z. Zt. des Busboykotts, das als "Küchenerlebnis" bekannt ist: Nach einer telefonischen Drohung war King mit seiner Kraft am Ende. In seiner Verzweiflung setzte er sich hin und betete: "Gott, Du weißt, dass ich für eine gerechte Sache kämpfe. Doch jetzt habe ich einen Punkt erreicht, wo ich es allein nicht mehr schaffe. Ich habe Angst." Dies war nur allzu menschlich und verständlich, zumal er auch eine Familie hatte. Und während er voll Vertrauen seine Last vor Gott aussprach, hörte er eine innere Stimme, die ihm sagte: "Steh’ auf für die Gerechtigkeit und die Wahrheit! Und Gott wird immer an deiner Seite sein!"

Dieses Erlebnis gab ihm Mut und Kraft zum Weitermachen - nicht nur während des Busboykotts, sondern auch bei allen noch vor ihm liegenden Aufgaben. Und es nahm ihm die Angst vor Drohungen und eigenen Verletzungen, eine wichtige Voraussetzung, den langen Weg in die Freiheit zu gehen.

Er wusste, dass die Gewaltlosigkeit der einzig richtige Weg sein konnte, um Unrecht zu beseitigen, dass Gleiches nicht mit Gleichem vergolten werden durfte.

Er war so stark, dass er Sätze sagen konnte wie: "Ihr könnt uns töten und unseren Besitz zerstören, aber wir werden euch trotzdem lieben."

Dies konnte er sogar noch sagen, als er 1958 beinahe selbst Opfer eines Mordanschlags durch Izola Curry, eine geisteskranke schwarze Frau, wurde.

8. Neues Selbstbewusstsein

Die Schwarzen begannen, endlich wieder ihr Selbstbewusstsein zu finden. Sie ließen sich nicht mehr länger ‘boy’ (Junge) nennen, egal in welchem Alter, und sie befreiten sich von dem bösartig gemeinten "Jim Crow": Jim als Allerweltsname wie in Deutschland Fritz oder Hans, und Crow (Krähe), was noch eine zusätzliche Beleidigung darstellte: es war nicht nur ‚Du schwarzer Vogel’ (geringschätzige Bezeichnung) gemeint, sondern darüber hinaus, dass die Krähe die frisch gesäte Saat aus den Ackerfurchen pickt = die Schwarzen schmarotzen sich durch, ernähren sich von anderer Leute (der Weißen nämlich!) Arbeit. Dieses Wort "Jim Crow" entmenschlichte die Schwarzen.

Einige Beispiele dafür sind u.a. 9 junge Schwarze in Little Rock, Arkansas, die 1957 mit militärischem Schutz Zugang zu einer rein weißen Schule erhielten, da man sie deswegen lynchen wollte. Das waren Elizabeth Eckford, Thelma Mothershed, Melba Patillo, Jefferson Thomas, Ernest Green, Minniejean Brown, Carlotta Walls, Terrence Roberts und Gloria Ray. Die Bürgerrechtlerin Daisy Bates setzte durch, dass die jungen Leute die Schule besuchen durften. Sie berief sich dabei auf das  Gerichtsurteil des Obersten Gerichtshofs von 1954, dass allen den Zugang zu staatlichen Schulen ermöglichte. Eigentlich. Uneigentlich blieb alles wie gehabt und bei nach Schwarz und Weiß getrennten Schulen und Universitäten. Die "Little Rock Nine" wurden deswegen bekannt, weil sie als erste gegen diese gesellschaftliche Norm verstießen und ihre Rechte einforderten mit Hilfe von Daisy Bates.

Die sogenannten Sit-ins begannen 1960 in Greensboro, Nord Carolina. 4 junge Studenten, die als "Greensboro Four" bekannt wurden, kamen in ein Woolworth’s Geschäft und wollten in dem Imbiss bedient werden. Ezell Blair, Franklin McCain, Joseph McNeil und David Richmond blieben solange sitzen, bis das Geschäft geschlossen wurde. Täglich schlossen sich ihnen mehr Studenten an und auch an anderen Orten und weiteren Geschäften begannen ähnliche Sit-ins. Endlich wurde die Rassentrennung und die Nichtbedienung aufgehoben und sie wurden behandelt wie weiße Gäste.

Daß all dies nicht problemlos geschah, kann man sich denken. In der Zeit von 1955 bis 1968 war Martin Luther King über dreißigmal im Gefängnis. Oft waren es einfach Vorwände wie eine geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung, die sich nicht beweisen ließen, oder er hatte vergessen, seinen Führerschein umschreiben zu lassen. Wegen des vergessenen Umschreibens seines Führerscheins wurde King 1960 zu sechs Monaten Zwangsarbeit verurteilt und ins Gefängnis Reidsville, Georgia, gebracht. Er wurde erst auf Fürsprache des damaligen Präsidentschaftsbewerbers John F. Kennedy entlassen, dessen Wahl kurz bevorstand. Die Stimmen der wahlberechtigten Schwarzen gaben den Ausschlag, dass Kennedy gegen Nixon siegte.

1961  faßte die Studentenbewegung SNCC in Rockhill, Süd Carolina, die Devise: "Jail - no bail!" (Gefängnis statt Kaution). Man wollte lieber ins Gefängnis gehen, anstatt Geld für etwas bezahlen, was eigentlich eine willkürliche Gesetzesauslegung war.

1964 wurde King ein weiteres mal verhaftet wegen einer Demonstration in St. Augustine, Florida. In dieser Zeit wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Yale-Universität in New Haven, Connecticut, verliehen, die er nur annehmen konnte, weil er auf Kaution aus dem Gefängnis entlassen wurde. Nach der Verleihung kehrte King wieder ins Gefängnis zurück. Allein dieser Vorfall zeigt die ganze Perversität des Vorgehens gegen King und andere Bürgerrechtler.

Anfang der 60er Jahre entstand auch das Protestlied "We shall overcome". Inzwischen schlossen sich auch viele Weiße und andere Menschen der gewaltfreien Bürgerrechtsbewegung Kings an.

9. Birmingham und die Folgen

In der Stadt Birmingham, Alabama, demonstrierte man mit Martin Luther King für eine Aufhebung der Rassentrennung. Birmingham war rassistisch geprägt und wurde praktisch ‚beherrscht’ von ihrem Polizeichef Theophil Eugene Connor, genannt ‚Bull’ wegen seiner bulligen Statur. Das war ein Typ, wie man John Wayne aus dem Fernsehen kennt: Diese Stadt gehört mir! King wurde mit ca. 500 anderen Mitstreitern, auch Jugendlichen und sogar Kindern, ins Gefängnis gesperrt, weil er diese Demonstration gegen rassistische Ungerechtigkeiten und Verstöße gegen die Bundesgesetze angeführt hatte. Dies war im April 1963. Die Bürgerrechtler wollten die Gefängnisse bis zum Rand ihrer Aufnahmefähigkeit mit ihren Mitgliedern füllen, damit das Gefängnissystem dem Zusammenbruch nahekam.

Kings Gefängnisaufenthalt war verbunden mit einem Kontaktverbot nach draußen. Die Kontaktsperre wurde erst durch ein Eingreifen von Präsident Kennedy aufgehoben. Darüber hinaus wurden King und seine Sympathisanten in einem Offenen Brief in einer Zeitung von weißen Pfarrern (!) von Birmingham angegriffen, er habe sich ‚in die inneren Angelegenheiten von Birmingham eingemischt, in eine Situation, die er als Fremder und Außenstehender nicht kenne’. King antwortete ebenfalls in einem Leserbrief, dass ‚nicht die Demonstrationen schuld seien, sondern die Tatsachen, die zu solchen Demonstrationen führten, das Unrecht, das den Schwarzen angetan werde.’ Er bezeichnete sich als "Extremisten der Liebe". Diesen Brief aus dem Gefängnis von Birmingham schrieb er auf dem weißen Rand einer Zeitung, weil er zwar einen Stift besaß, jedoch kein Schreibpapier!

Bald darauf wurden King und seine Anhänger aus dem Gefängnis entlassen. Polizeichef ‚Bull’ Connor wurde seines Amtes enthoben. So wie ‚Bull’ Connor in seiner Eigenschaft als Polizeichef von Birmingham Angst vor Veränderungen (d.h. der Abschaffung der Rassentrennung) hatte, so war dies auch bei Gouverneur (= vergleichbar mit einem deutschen Ministerpräsidenten) George Wallace der Fall.

Bessere Schul-, Ausbildung und Arbeitsbedingungen für Schwarze wurden vereinbart und die Rassentrennung aufgehoben. Doch der Haß (in den Köpfen) der Weißen war so groß, dass Menschen angegriffen, verletzt und sogar getötet wurden, Häuser und Kirchen wurden in Brand gesteckt. Im September 1963 verübte der Ku-Klux-Klan -ein rassistischer Bund von Weißen- einen Bombenanschlag auf die 16th Street Baptist Church, eine von Schwarzen besuchte Kirche in Birmingham, bei dem vier schwarze Mädchen von 11 und 14 Jahren während des Sonntagsschulunterrichts getötet wurden. Die Namen waren Addie Mae Collins, Carole Robertson, Cynthia Wesley und Denise McNair.

Im Frühjahr 1964 wurden im Nachbarstaat Mississippi die drei Bürgerrechtler Andrew Goodman, Michael Schwerner und James Earl Chaney (zwei weiße und ein schwarzer) ermordet. Man fand ihre Leichen 6 Wochen nach ihrem Verschwinden unter Müll und sonstigem Unrat.

Ein ebenfalls bekannter ermordeter Bürgerrechtler war Medgar Evers, damaliger Geschäftsführer des NAACP, der vor seinem Haus erschossen wurde, als er von einer Versammlung zurückkehrte.

Das sind nur einige Beispiele von vielen, bei denen unschuldige Menschen ermordet wurden.

Großen Anteil an der gewaltfreien Veränderung der bestehenden rassistischen Gesetze hatten auch die sogen. Freedomriders (Freiheitsfahrer), überwiegend junge Leute, die quer durch die Südstaaten fuhren, sich bewusst in segregierten Räumen aufhielten, dort mit Weißen sprachen, um sie zum Überdenken ihrer  zutiefst unchristlichen Verhaltensweise zu bewegen. Wenn sie gefragt wurden, warum sie das taten, kam häufig die Antwort: "Wenn wir nicht für unsere Rechte kämpfen, wer dann?" Es kam auch hierbei häufiger zu Zwischenfällen, besonders als man Freedomriders bei Anniston, Alabama, den Bus in Brand setzte und mehrere Menschen verletzt wurden.

10. Marsch auf Washington

Jetzt fühlte man sich bereit, eine Großdemonstration gegen Rassismus durchzuführen: den Marsch auf Washington am 28.8.1963. Aus allen Teilen der USA kamen 250.000 Menschen nach Washington, darunter 60.000 Weiße, um dort gewaltfrei für Freiheit, Gleichberechtigung und Solidarität der schwarzen Bevölkerung zu demonstrieren. Alle Menschen guten Willens, Schwarze, Weiße, einfache Arbeiter, gebildete Bürger, berühmte und "kleine" Leute, verschiedene Kirchen, Nichtchristen - alle mit dem gleichen Ideal der Gleichheit der Menschen, schwarz, weiß oder andersfarbig, waren zusammengekommen, um Martin Luther King, ihrem ‚Idol’ nahe zu sein. King hielt am Lincoln-Memorial seine berühmteste Rede "Ich habe einen Traum", in der er von dem Tag sprach, an dem die Menschen nach ihrem Charakter beurteilt würden und nicht nach dem Aussehen, dass der Glaube an ein besseres Morgen alle befähigt, zusammen zu arbeiten, zu beten, zu kämpfen, für die Freiheit aufzustehen und sogar ins Gefängnis zu gehen.

11. Das FBI

Nach dem Marsch auf Washington beginnt FBI-Chef J. Edgar Hoover (FBI = oberste Polizeibehörde) einen unglaublichen Überwachungsvorgang. Kings Post wurde geöffnet und gelesen, das Telefon zuhause und auch in den Hotelzimmern wurde durch kleine Mikrophone, sogen. elektronische ‚Wanzen’ abgehört, selbst unter Kirchenkanzeln wurden ‚Wanzen’ angebracht. Hoover mußte auch etliche Helfer dabei gehabt haben. Er wollte King in eine Schmuddelecke stellen. Angebliche sexuelle Verfehlungen, homosexuelle Neigungen, kommunistische Aktivitäten und Staatsgefährdung sollen King und damit den Kopf der Bürgerrechtsbewegung "fertigmachen". Doch alle Unterstellungen, Verleumdungen und Haß Hoovers konnten King nicht kleinkriegen - Hoover konnte King nicht erpressen. Das war anders, als der FBI-Chef es bislang gewohnt war, selbst bei Präsidenten und Ministern. Nur weil die Obersten des Landes erpressbar waren, konnte Hoover eine schier unglaubliche Macht ausüben, und das fast 50 Jahre lang! Aber eben nicht bei KING!

12. Friedensnobelpreis

King wurde von der Wochenzeitschrift TIME zum "Man of the Year 1963" (Mann des Jahres 1963) ernannt. Viele andere Ehrungen, Doktorwürden und Preise waren ihm bereits verliehen worden und kamen noch hinzu.

King ging unbeirrbar seinen gewaltlosen Weg weiter und wurde im Dezember 1964 in Oslo dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Dies war ihm jedoch nur ein weiterer Ansporn, denn noch lange waren nicht alle Ungerechtigkeiten beseitigt. Sogar der Civil Rights Act, das Bürgerrechtsgesetz, das Präsident Johnson im Juli 1964 unterzeichnete und eine Aufhebung der Rassentrennung in allen Bereichen der USA verlangte, änderte wenig.

An der Verleihung des Friedensnobelpreises hatte Hoover natürlich auch was auszusetzen, denn diesen Preis hätte er nur allzu gern selbst verliehen bekommen! (Für was eigentlich? - 40 Jahre unfallfreies Spitzeltum?).

13. Selma

In der Kleinstadt Selma bei Montgomery, Alabama, ging es um die Eintragung der Schwarzen in Wählerlisten. Wer nicht drin stand, durfte nicht wählen. Durch allerlei Schikanen versuchte man, eine Eintragung in die Wählerlisten zu verhindern, z.B. Rechtschreibtests oder ein demütigendes Befragen über die amerikanische Geschichte als Voraussetzung zur Eintragung. "Wieviel Zusatzartikel hat die amerikanische Verfassung und wie lauten diese?" Oder auch: "Wieviel Seifenblasen kann man aus einem Stück Seife machen?" -

Hier wären auch die meisten Weißen gescheitert und die hatten eine bessere Schulbildung als die Schwarzen. Doch die Weißen wurden nicht befragt! Im März 1965 konnte nach drei Märschen von Selma nach Montgomery (ca. 50 km) endlich die Eintragung in die Wählerlisten (ohne Befragen!) und somit das Wahlrecht erreicht werden. Die ersten beiden Märsche wurden bereits am Ortsausgang an der Pettus- Brücke von der Polizei auseinandergetrieben. Lediglich der dritte Marsch kam dann auch in der Hauptstadt des Bundesstaates Alabama, Montgomery, an. Der Priester James Reeb wurde während des zweiten Marsches, dem "Blutigen Sonntag", durch Polizeiübergriffe so schwer verletzt, dass er kurze Zeit später an den Folgen seiner Kopfverletzung starb. Ein junger Mann, Jimmie Lee Jackson und eine Frau, Viola Liuzzo, Mutter von 5 Kindern, wurden vor Beginn bzw. nach Beendigung der Demonstrationen von Gegnern der Bürgerrechtsbewegung getötet. Die Polizei setzte auch Hunde und Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. So kam es zu Verwundungen aller Art, Bisse, oder durch den Wasserdruck, der nicht nur Kindern die Beine wegriß oder jemanden quer über die Straße schleudern konnte.

14. Mississippi-Marsch

Im Juni 1966 begann der Mississippi-Marsch mit fünf Teilnehmern in Memphis, Tennessee, und führte nach über 300 km nach Jackson, Mississippi. Diesen Freiheitsmarsch führten Stokely Carmichael und James Meredith von der SNCC an. Meredith wurde am Beginn dieses Marsches niedergeschossen und konnte nicht mehr teilnehmen. Auf dem Weg nach Mississippi, Hochburg des Rassismuses, schwoll die Anzahl der Mitdemonstranten auf 20.000 Personen an. Durch den Vorfall, dass Meredith als Führungskraft nicht mehr mitmarschieren konnte, sagten sich Carmichael und sein Freund Willie Ricks von der gewaltlosen Linie Kings los und prägten in Mississippi den Ausdruck von "Black Power" ("schwarzer Macht"). Fortan waren Carmichael und Ricks nicht mehr auf Kings gewaltlosem Weg, sondern auch zu gewaltbereiten Handlungen fähig, die nicht  mehr mit Kings Tun im Einklang standen. Später traten Ricks und Carmichael zu den Black Panthers über. Diese gewaltbereiten Gruppierungen hatten vor allem Zulauf unter den jungen Schwarzen der Millionenstädte des Nordens und Kaliforniens.

15. Chicago: Gewaltbereite Gruppierungen

Im Juli 1966 fand ein Protestmarsch in der Millionenstadt Chicago statt, für bessere Lebensbedingungen und menschenwürdigere Wohnungen. Doch hier im Norden waren die Verhältnisse anders als in den Staaten des Südens: Die Schwarzen lebten fast ausschließlich konzentriert in den Billigwohnungen, was sich dann zu einer Art Ghetto wie Lawndale entwickelt hatte. Dies war in allen Großstädten ähnlich, hatte erhebliche soziale Probleme (Kriminalität, Arbeitslosigkeit) in sich. In diesem Klima hatte die gewaltlose Bewegung Kings kaum eine Chance, das war das Feld der Black-Panther-Bewegung oder der Black Muslims, deren Anführer Malcolm X 1965 von seinen eigenen Anhängern ermordet wurde. Malcolm X hieß eigentlich Malcolm Little, legte seinen "Sklavennachnamen" jedoch ab, als er sich mit seiner Herkunft auseinandersetzte. Ein Mann mit Namen Little war der Besitzer seiner Vorfahren gewesen. So änderte Malcolm seinen Nachnamen in X wie unbekannt, denn seinen wirklichen Namen kannte er nicht. Seinen afrikanischen Familiennamen und seine Abstammung waren ihm unbekannt.

In der Mitte der 60er Jahre legten viele Afroamerikaner ihren Sklavennamen ab, nahmen einen neuen Namen an und traten zum Islam über. Eine Sure im Koran war dafür ausschlaggebend, in der steht, dass "kein Muslim einen anderen Muslim als Sklave haben darf".

Bekannte Anhänger der Black Panthers waren Bobby Seale, Huey Newton, Eldridge Cleaver und Fred Hampton. Eine  besondere Bekanntheit erlangten zwei Mitglieder bei den Olympischen Sommerspielen 1968, als sie bei der Siegerehrung mit hochgereckter Faust und schwarzem Handschuh auf dem Podest standen. Das waren Tommie Smith und John Carlos.

Ein weiteres bekanntes Mitglied der Black Muslims war Cassius Clay, der später den Namen Muhammad Ali annahm. Er war Weltmeister im Schwergewichtsboxen. Dieser Titel jedoch wurde ihm 1967 aberkannt, weil er den Kriegsdienst in Vietnam verweigerte mit der Begründung, kein Vietnamese habe ihn jemals "Nigger" genannt. Erst viele Jahre später bekam Ali die Auszeichnung wieder zugesprochen.

Diese Gruppen schreckten bei einer Verbesserung der Situation für die Schwarzen auch vor Gegengewalt nicht zurück. Das war Martin Luther King Prinzip niemals, er war immer gewaltlos. Um ein gleiches Wohnrecht für alle zu erreichen, wurde zwar eine Vereinbarung abgeschlossen, doch blieb es dabei, dass viele Vermieter die besseren Wohnungen nur an Weiße vergaben. Auch wenn diese vereinbarte Verbesserung nicht verbindlich umgesetzt werden würde, wusste King, dass eine Willensbekundung in Gewaltlosigkeit und Einheit oftmals wichtiger war als der letztlich große Erfolg. Aber auch solche Rückschläge musste man hinnehmen.

Die Black Panthers oder Black Muslims zeichneten unbestritten auch ihre segensreichen Entwicklungen für die Menschen in den Slums aus. Sie gründeten z.B. Frühstücksorganisationen für Kinder, damit diese wenigstens eine Mahlzeit am Tag hatten, oder Suppenküchen.

Die Black Panthers wurden von FBI-Chef Hoover als "größtes Risiko für die nationale Sicherheit der USA" bezeichnet.

Jesse Jackson, ein Mitarbeiter Kings, begann mit der "Aktion Brotkorb" in Chicago, die zum Ziel hatte, mehr schwarze Mitarbeiter in Geschäften und Firmen einzustellen.

16. Vietnam

So ähnlich war es denn auch bei der Demonstration gegen den Vietnamkrieg in New York im April 1967. Das damalige Vietnam bestand aus zwei Teilen, dem kommunistischen Norden und dem amerikanisch angelehnten Süden. Damit Südvietnam nicht auch kommunistisch werden sollte, verteidigten die amerikanischen Soldaten zwischen 1964 und 1975 den Süden, den sie schließlich in blutigen Schlachten verloren. Hauptsächlich wurden damals junge Männer eingesetzt, die vorwiegend arm und arbeitslos waren. Und dies waren überproportional zur Bevölkerung mehr Schwarze als Weiße.

Überdurchschnittlich viele schwarze junge Männer waren als Soldaten in einem Krieg, bei dem sie Seite an Seite mit Weißen kämpfen mussten, mit denen sie zuhause in den Südstaaten keinen öffentlichen Raum gemeinsam  betreten durften und sogar auf verschiedenen Friedhöfen beerdigt werden mussten. Die ganze Perversion dieses Krieges kann man an einer Aufstellung erkennen: es wurden für die Ermordung eines Vietkong (also eines nordvietnamesischen Soldaten) an Waffen und Material über 3.300 Dollar ausgegeben, während für die Bildung eines amerikanischen Kindes -schwarz oder weiß- durchschnittlich ganze 53 Dollar investiert wurden.

Da King in der Riverside Kirche in New York diesen Krieg besonders scharf kritisierte, war er nun für Hoover vollends zu einem nationalen Sicherheitsrisiko geworden. King warf den USA vor, "in der Welt die Medizin zu verteilen gegen die Krankheit, an der sie selber litten".  Das heißt: USA prangert Länder wegen Ungerechtigkeiten und undemokratischen Verhaltens an, machen aber zuhause genau dieses bei den Schwarzen, nämlich ungleiche Behandlung, benehmen sich im eigenen Land selbst undemokratisch.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt war King zur "persona non grata", zur unerwünschten Person für Regierung und FBI geworden.

17. Marsch der Armen

Die Bürgerrechtler unter Leitung von King wollten 1968 eine "Kampagne der Armen" organisieren, die ihren Höhepunkt darin finden sollte, dass die ärmsten Bürger der USA in Washington D. C. für ihre Rechte demonstrierten. Man wollte solange vor Ort bleiben, bis von der Regierung ein entsprechendes Gesetz zur Verbesserung der Lebensbedingungen beschlossen würde.

Im März 1968 streiken die Müllmänner in Memphis, Tennessee. Sie waren die schlechtbezahltesten Arbeiter und hatten oftmals noch nicht mal das Brot über Nacht zuhause (nicht nur im sprichwörtlichen Sinne, sondern sehr real). Aber auch sie wollten menschenwürdig leben. Deswegen war dieser "Marsch der Armen" auch verbunden mit dem Motto "Ich bin ein Mensch". Und hier kam es erstmals überhaupt zu Krawallen (die durch das FBI bzw. vom FBI eingeschleußten Black-Panthers-Leuten provoziert wurden, wie man heute weiß) bei den sonst immer friedlich und gewaltlos verlaufenden Demonstrationen. Martin Luther King bittet um Aufhebung des Demonstrationsverbots, weil er erkannte, welche Probleme die Streikenden hatten. Er sprach auch mit den Black-Power-Leuten, um sie von der Gewaltlosigkeit zu überzeugen. King fühlte sich verantwortlich für die Menschen - für die Müllarbeiter, aber auch für die Black-Power-Aktivisten, selbst wenn diese ihn als ‚Onkel Tom’ verhöhnen.‘Onkel Tom’ - einer, der nicht massiv genug eintritt, sondern es auf die ‚sanfte Tour’ erreichen will, im Gegensatz zu den Black-Power-Leuten.

Am Abend des 3.4.68 sprach King vor den Teilnehmern des nächsten geplanten "Marsches der Armen". In den letzten Tagen hatte er verschiedene telefonische Drohungen erhalten, er solle die Stadt verlassen, wenn ihm sein Leben lieb sei. Diese Anspannung wurde deutlich in seiner Rede, in der er, neben den Grundrechten der Menschen, davon sprach, dass er auf dem Gipfel des Berges gestanden und ins Gelobte Land gesehen habe, in das sein Volk einziehen werde, auch wenn er nicht dabei sein könne (wie einst Mose, der die Israeliten ins Gelobte Land geführt hatte, das Gott ihm zwar zeigte, das er jedoch nicht mehr betreten sollte). Wie ahnungsvoll diese Rede war, sollte sich sehr bald zeigen.

18. Attentat

Am nächsten Abend, dem 4.4.1968, wurde Martin Luther King nach der Vorbereitung der Demonstration gegen 18.00 Uhr auf dem Balkon seines Hotelzimmers in Memphis, Tennessee, erschossen und stirbt eine Stunde später im Krankenhaus. Eigentlich hatte er in einem anderen Hotel wohnen sollen, doch es war ihm nahegelegt worden, sich in ein "schwarzes" Motel einzuquartieren. Das Lorraine Motel liegt genau gegenüber der Polizei- und Feuerwache in Memphis.

In vielen Städten brachen Unruhen aus, Zeichen von Trauer, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Coretta King ermahnte die Bevölkerung, nicht in Aggression auszubrechen, es würde ihren Mann zutiefst verletzen, wenn man nicht jetzt auch an der Gewaltlosigkeit festhielte.

So wurde seine Beerdigung auch zu einer Demonstration des Friedenswillens. Bei der Trauerfeier wurde ein Tonband mit Kings Vermächtnis abgespielt: Er versuche, ein Leben im Dienst für die Menschheit zu hinterlassen. Am 9.4.68 säumten 50.000 Menschen den Weg zum ehemaligen Sklavenfriedhof in Atlanta, seiner Geburtsstadt, auf dem er seine letzte Ruhe findet.

Nach Kings Tod kam die geplante Großdemonstration so allerdings nicht mehr zustande. Weder Coretta King noch andere Mitstreiter konnten die gewaltlose Bewegung weiter so anführen wie Martin Luther King. Eine solch charismatische Führungspersönlichkeit wie Martin Luther King war keiner seiner Anhänger. Kings Stellvertreter bei der SCLC, Ralph Abernathy, wurde als deren neuer Vorsitzender gewählt.

Vor dem Hotel, auf dessen Balkon King erschossen wurde, steht heute eine Gedenktafel mit der Inschrift, die bezeichnend ist für diesen Ort: "Laßt uns den Träumer erschlagen; dann werden wir sehen, was aus seinen Träumen wird." (1. Mose 37,20 >Josefsgeschichte<).

(Genesis, 37:20 - Let us slay him and we shall see what will become of his dreams.)

Über dem Grab steht heute ein Gedenkstein mit Worten eines alten Spirituals: ‘Free at last, free at last’ (Zuletzt werde ich frei sein!).

19. Nachtrag

Als Mörder verurteilt wurde James Earl Ray im Jahr 1969 zu 99 Jahren Gefängnis. Ray starb am 23.4.1998 im Gefängniskrankenhaus von Nashville, Tennessee. Ray hatte jedoch seine  Schuld geleugnet; immer wieder waren Zweifel aufgetaucht, besonders in den letzten Jahren, ob er der wirklich wahre Schuldige ist/war. Vieles sprach für ein Komplott von FBI, CIA (Geheimdienst), örtlichen und staatlichen Regierungskreisen, Armee und Mafia. FBI-Chef Hoover war besessen von der Idee, der schwarzen gewaltlosen Bürgerrechtsbewegung den Garaus zu machen, natürlich ohne haftbar dafür zu sein! Da die bereits erwähnten Vorwürfe nicht griffen, war eine Ermordung Kings das letzte Mittel, um ans "Ziel" zu gelangen. Daß ausgerechnet Hoover, der King jahrelang abhören ließ, nicht gewusst haben will, was am 4.4.68 - dem Todestag - passierte, ist höchst unwahrscheinlich. Zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens "Ray - King" kam es nicht mehr mit Beteiligung von Ray. Aber die Familie King will versuchen, eine Revision zu erreichen. Dexter King, der jüngere Sohn von Martin Luther King, sprach kurz vor Rays Tod mit ihm und war von dessen Unschuld überzeugt. So hatte Ray wenigstens so was wie irdisch-moralische Gerechtigkeit erfahren dürfen.

20. Verschwörung

1999 wurde von einem Gericht in Memphis festgestellt, dass Martin Luther King Opfer einer Verschwörung der vorgenannten Kreise geworden war und nicht eines Einzeltäters. Als Organisator dieses Komplotts wurde Loyd Jowers festgestellt, der von einem Mafiaboss aus New Orleans angeheuert worden war und von einem anderen Mafioso, Raoul (oder Raul) Pereira, das Gewehr erhielt. Ausgeführt habe den Mord - nach Jowers’ Angaben - ein Scharfschütze der Polizei von Memphis, der 1987 verstorbene Earl Clark. Der Sicherheitsbeamte von Memphis, Frank Holloman, ließ am 4.4.68 sämtliche afroamerikanischen Bediensteten von Polizei und Feuerwehr vom Dienst freistellen und gab am nächsten Morgen den Auftrag, die Büsche zu beseitigen, die gegenüber des Balkons wuchsen und durch die auf King geschossen  wurde. So wurden wichtige Beweisspuren aus der Schussrichtung zerstört - ein ziemlich eindeutiges Indiz, dass King nicht von Ray ermordet wurde, sondern der Vorfall sich ganz anders abspielte.

Eine undurchsichtige Rolle spielte auch Marrell McCollough. Er war 1968 Polizist in Memphis und gehörte auch dem CIA an. Er ist auf dem Bild über King gebeugt. Er war vom CIA als Geheimagent eingeschleußt und auch bei der Vorbereitung des Mordkomplotts gegen King anwesend, ebenso wie Clark, Jowers und ein weiterer Polizist des Memphis Police Departments und ein Mafiamitglied. McCollough war nach dem Schuß auf King als Erster bei dem am Boden Liegenden, um zu sehen, ob er lebte oder tot war. Er sagte, es wäre aus dem Gebäude gegenüber geschossen worden, was sich als falsch erwies, ebenso wie die Behauptungen, keine Polizisten seien anwesend gewesen (Clark und er selbst waren es) und er würde Jowers nicht kennen.

Aufgrund seines Alters und Krankheit hat die Familie King auf einen weiteren Prozeß gegen Jowers verzichtet und nur verlangt, dass er eine symbolische Strafe von 100 Dollar an die Müllbetriebe von Memphis zahlen solle. Jowers ist am 20.5.2000 gestorben. James Earl Ray hat somit 29 Jahre seines Lebens unschuldig im Gefängnis verbracht - und Jowers und andere wussten das!

Die Familie King wollte nur die Wahrheit aufdecken, jedoch keine Rache gegen den wirklichen Mörder ausüben. Für ein neues Verfahren -gegen die Regierung, FBI und CIA- müssen sämtliche Indizien neu aufgerollt werden. Die Akten des gesamten Verfahrens liegen derzeit bis zum Jahr 2029 unter Verschluß, wohlverwahrt, wenn dieser Ausdruck hierfür passend ist. Dann wird kein Verantwortlicher mehr am Leben sein. Die müssen sich vor einer anderen als der irdischen Instanz rechtfertigen.

21. Gedenktage

Seit 1986 ist der 3. Montag im Januar (wegen Kings Geburtstag) gesetzlicher Feiertag in den USA, der sogenannte Martin-Luther-King-Day, eingerichtet von einer Regierung, die ihn 18 Jahre zuvor ermorden ließ.

Bereits 1926 gründete der afroamerikanischeAnm.: African Americans ist die jetzt gebräuchliche Bezeichnung für die schwarze Bevölkerung der USA. Afro American wird auch benutzt, allerdings eher für Kultur und Tradition als für Personen. So hat sich auch sprachlich in 5 Jahrhunderten für den negriden Menschen einiges verändert: vom Nigger über Neger zum Schwarzen bzw. Farbigen, dann Afro American und letztlich African American.
Die Weißen bezeichnen sich in den USA noch heute als Caucasoid oder Caucasian blood (kaukasisch, kaukasisches Blut), weil sie annehmen, dass alle Weißhäutigen ihren Ursprung im Kaukasus haben, was zwar gänzlich widerlegt ist, aber diese rassische Definition wird auch weiterhin zur Abgrenzung benutzt. Diese Auslegung bezieht sich nicht nur als Unterscheidung zu den afrikanischen Amerikanern, sondern auch mittlerweile zu hispanischen, jüdischen, arabischen und allen nichtweißen Personen, ist also eher eine soziale als eine ethnische Differenzierung.
Historiker Carter Godwin Woodson die Black History Week, die 1976 zum Black History Month erweitert wurde und jeweils im Februar begangen wird zum Gedenken an Abraham Lincoln und Frederick Douglass, dem Präsidenten, der die USA von der Sklaverei befreite bzw. einem frühen Bürgerrechtler. Beide waren im Februar geboren worden. Sowohl am Martin-Luther-King-Day als auch im Black History Month werden viele verschiedene Veranstaltungen abgehalten, die an die Geschichte der afrikanischen Amerikaner, der African Americans, erinnern: öffentliche Demonstrationen zur Verbesserung der Lage von Schwarzen und anderen Minderheiten, kirchliche und schulische Projekte werden ausgearbeitet und der Gesellschaft vorgeführt, damit die Ursprünge der aus Afrika stammenden Kultur aller Sklavennachfahren nicht vergessen werden. Seit 1966 gibt es auch das Fest Kwanzaa, das vor allem Amerikaner afrikanischen Ursprungs feiern. Zwischen dem 26. Dezember und 1. Januar begeht man dieses traditionelle Fest, um an die Herkunft zu erinnern, die in den langen Jahren der Sklaverei und weiteren Unterdrückung fast ausgelöscht wurde. So wird die Identität der afrikanischen Kultur versucht zu bewahren. 

Bei aller Unterschiedlichkeit der afrikanischen Amerikaner ist jedoch für alle sicher, dass ohne Martin Luther King die Beseitigung der Rassentrennung in den USA nicht hätte erfolgen können.

22. Noch mehr ungeklärte Umstände - Späte Aufklärung - Mediale aufarbeitung

Alfred Daniel King, der Bruder von Martin, starb 1969 unter ungeklärten Umständen im Schwimmbad seines Hauses, obwohl er als guter Schwimmer bekannt war. 1974 wurde die Mutter Alberta King im Sonntagsgottesdienst an der Orgel von einem angeblich geistig verwirrten Mann erschossen. Diese mysteriösen Todesumstände konnten bislang nicht restlos aufgeklärt werden.

Nicht nur bei Martin Luther King kamen der wirkliche Tathergang und die Mörder von Bürgerrechtlern erst nach 20, 30  oder mehr Jahren ans Tageslicht. Es waren vielfach Klan-Mitglieder, sogar solche, die im Beruf Polizisten waren. Noch nicht alle Fälle konnten aufgeklärt werden. Das Schlimme bei den Verurteilten war oder ist, dass ihnen jegliche Einsicht in die Verwerflichkeit ihres Tuns fehlt. Vielfach wurden auch nur geringe Strafen für Morde ausgesprochen, weil die Täter mittlerweile zwischen 70 und 80 Jahren alt waren.
Die Aufarbeitung in vielen historisch genau recherchierten Büchern, besonders in den letzten Jahren, zeigt, welchen Stellenwert King auch heute noch besitzt, selbst in Cartoonform wird er Kindern nahegebracht. Ebenso wurden einige Morde an Kings Mitstreitern verfilmt. Am bekanntesten ist sicher der Film "Mississippi Burning", in dem es um die Ermordung der Bürgerrechtler in Mississippi 1964 geht. Ebenfalls gibt es einen Spielfilm über den Tod an Medgar Evers. Malcolm X’ Leben wurde einst verfilmt, auch einen Film über die Black Panthers gibt es. Das Leben von Martin Luther King wurde bislang filmisch 1978 in einer Miniserie dargestellt, gibt es aber als hervorragendes Theaterstück. Vielen dürfte darüber hinaus auch die Serie "Roots" bekannt sein, die die Sklaverei und die Suche nach der afrikanischen Identität darstellt. Es handelt sich um die Familiengeschichte von Alex Haley, der seine Familie zurückverfolgen konnte bis zu einem Afrikaner, Kunta Kinte, der als junger Mann als Sklave nach Amerika verschleppt wurde. Haley hat seine Wurzeln in Juffure im heutigen Gambia ausfindig machen können. In der Nähe dieses Ortes liegt das Fort St. James Island, an der Mündung des Gambia Flusses, eines dieser vielen Festungen wie auch Gorée im Senegal, das am Anfang beschrieben ist. Damit schließt sich fast der Kreis zwischen Sklavenverschleppung und heutiger Emanzipation der afrikanischen Amerikaner.

Eine wertvolle Dokumentation ist sicher die über die vier ermordeten Mädchen von Birmingham, denen die Sängerin Joan Baez darin zwei Lieder gewidmet hat.

1903 entstand "I’ll overcome", ein Gospel, das von Pete Seeger in "We shall overcome" verändert wurde und durch ihn und vor allem Joan Baez berühmt wurde.

Darüber gibt es eine ganze Reihe guter Dokumentationen und zeitgenössischer Aufnahmen, die die geschichtlichen Ereignisse ungeschönt und treffender zeigen als filmische Aufbereitungen. Hier ist die Reihe von Ely Landau "Dann war mein Leben nicht umsonst" wohl das beste Dokument, da es die Hauptstationen der gewaltfreien Bürgerrechtsbewegung um King zwischen 1955 und 1968 mit Originalaufnahmen zeigt - eine unwiederbringliche Darstellung eines besonderen Menschen in einer bewegten Zeit.

Erläuterungen von wichtigen Bürgerrechtsgruppen

NAACP - National Association for the Advangement of Colored People (Nationale Vereinigung für den Fortschritt der farbigen Bevölkerung), gegr. 1909 u.a. durch W.E.B. DuBois und Ida Wells-Barnett. Später war u.a. Medgar Evers Geschäftsführer.

SCLC - Southern Christian Leadership Conference (Südliche Christliche Führungskonferenz), gegr. 1957. Martin Luther King war erster Vorsitzender dieser Pfarrervereinigung.

MIA - Montgomery Improvement Association (Vereinigung zur Verbesserung der Beziehungen in Montgomery), gegr. 1955 im Rahmen des Busboykotts.

SNCC - Student Nonviolent Coordinating Committee (Studentisches gewaltloses Koordinierungskomitee, gegr. 1960 u.a. von Stokely Carmichael, der Mitte der 60er Jahre Black-Power-Aktivist wurde und sich von Kings gewaltloser Linie löste.

CORE - Congress of Racial Equality (Kongress für rassische Gleichheit), gegr. 1942; bekannt durch die Freedomriders-Bewegung.

Quellen

Bücher:

  • G.J. Bos: Martin Luther King

Fußnoten

Veröffentlicht am

08. März 2007

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