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Stoppschilder für die Händler des Todes

UNO-Resolution fordert neuen Anlauf für ein Abkommen über den internationalen Waffenhandel / UNO-Generalsekretär befragt Staaten zu Rüstungstransfers

Von Wolfgang Kötter

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon will sich künftig persönlich stärker in die Abrüstungsbemühungen der Weltorganisation einbringen. Mit dieser Ankündigung hofft er, die Herabstufung der bisher selbstständigen Abrüstungsabteilung des New Yorker Sekretariats zu einem ihm direkt unterstellten Büro zu kaschieren.

Bans ursprüngliches Vorhaben, Abrüstungsfragen in die von einem US-amerikanischen Untergeneralsekretär geleitete Politische Abteilung einzugliedern, ist am Widerstand der nichtpaktgebundenen Staaten gescheitert und auf den vielstimmigen Protest von Friedensorganisationen in aller Welt gestoßen. Ab heute versucht der oberste Dienstherr der Vereinten Nationen in Gesprächen, die Grollenden zumindest zu besänftigen, bevor er den Vorschlag offiziell der Vollversammlung zur Beschlussfassung vorlegt. Als eine der nächsten Aktionen wird Ban einen Brief an die Regierungen aller Mitgliedstaaten verschicken. Im Auftrag der Vollversammlung soll er die Staatenmeinungen über ein weltweites Abkommen über Rüstungstransfers einholen.

UN-Resolution ist ein erster Erfolg

Abrüstungsanhänger begrüßten die überwältigende Annahme der Resolution 61/89 im vergangenen Dezember als einen ersten Sieg im Kampf gegen den internationalen Waffenhandel. 153 Staaten unterstützten die Entschließung. Als einzige votierten die USA dagegen, während sich China und Russland mit 22 weiteren Staaten der Stimme enthielten.

Der Verkauf von Tötungsmitteln ist ein lukratives Geschäft: Mehr als 93 Milliarden Dollar verdienten die Händler des Todes daran in den ersten fünf Jahren dieses Jahrhunderts (siehe Infokasten). Hinzu kommt jährlich eine weitere Milliarde, die rund 600 Produzenten und Dealer aus 95 Ländern vom schwarzen Waffenmarkt abräumen. Sie gießen damit nicht nur Öl ins Feuer von 118 Kriegen und bewaffneten Konflikten, sondern torpedieren auch internationalen Friedens- und Entwicklungseinsätze. Die Gewinne aus dem tödlichen Gewerbe bezahlen Hunderttausende mit ihrem Leben.

Bringen schon zwischenstaatliche Kriege unsägliches Leid über die Betroffenen, so sind die Folgen besonders verheerend, wenn die Waffen in die Hände von Terroristen, irregulären Milizgruppen oder kriminellen Waffennarren fallen. Obwohl die schlimmen Auswirkungen offensichtlich sind, kommen Initiativen zur Einschränkung des Waffenhandels nur schleppend voran. Das ist nicht verwunderlich, denn ausgerechnet die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates Russland, USA, Frankreich und Großbritannien gehören zu den führenden Waffenhändlern. Aber auch Deutschland steht als viertgrößter Waffenexporteur in der Kritik.

Die ökumenische Organisation "Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung" (GKKE) wirft der Bundesregierung vor, sie betreibe eine expansive Rüstungsexportpolitik. Als Beleg nennen die beiden großen Kirchen Deutschlands den steilen Anstieg beim Wert der ausgeführten Kriegswaffen allein im Jahr 2005 um mehr als 40 Prozent. Zudem halte sich die neue wie schon die vorangegangene Regierung in vielen Fällen nicht an den von ihr übernommenen EU-Verhaltenskodex für Rüstungsexporte und liefere Waffen in Krisenregionen wie den Nahen und Mittleren Osten. So seien in 46 Fällen Ausfuhrgenehmigungen erteilt worden, ohne dass wesentliche Kriterien des Kodex wie die Achtung der Menschenrechte oder die Abwesenheit interner Gewaltkonflikte erfüllt gewesen seien. Sogar der von der Bundesregierung selbst herausgegebene Bericht weist Deutschland als einen der weltweit führenden Waffenverkäufer aus. Danach stieg 2005 der Gesamtwert der tatsächlich exportierten Kriegswaffen gegenüber 2004 um eine halbe Milliarde auf 1,6 Milliarden Euro. Von fast 12 000 Anträgen auf Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter wurden kaum 60 abgelehnt.

Menschenrechte als Maßstab

Der nun vorliegende UNO-Beschluss wird, so hoffen die Rüstungskritiker, einen Prozess einleiten, der zur Reglementierung von Import, Export und Transfer konventioneller Waffen führt. Verboten werden soll der Waffenhandel, wenn er zu Menschenrechtsverletzungen führt, zum Bruch des humanitären Völkerrechts beiträgt oder der nachhaltigen Entwicklung eines Landes schadet. Die Resolution beauftragt den UN-Generalsekretär, die Möglichkeiten für ein entsprechendes umfassendes Abkommen zu prüfen und seinen Bericht der Vollversammlung im kommenden September vorzulegen. Auf der Grundlage des Berichts soll 2008 eine Gruppe von Regierungsexperten Vorschläge über Umfang und inhaltliche Eckpunkte eines Abkommens ausarbeiten. Offizielle Vertragsverhandlungen könnten dann frühestens im Jahre 2009 beginnen.

Doch auch der längste Weg beginnt mit einem ersten Schritt, feiern die Aktivisten der Zivilgesellschaft den Erfolg. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die Hilfsorganisation OXFAM und das Internationale Aktionsnetzwerk gegen Kleinwaffen IANSA haben sich bereits vor mehr als drei Jahren zur Kampagne "Waffen unter Kontrolle!" zusammengeschlossen. Durch ein vielfältiges Engagement wollen sie Druck auf die Regierungen ausüben und gemeinsam mit den Initiatoren der Resolution - Argentinien, Australien, Costa Rica, Finnland, Großbritannien, Japan und Kenia - die Verhandlungen beschleunigen. Dr. Natalie Goldring vom Zentrum für Friedens- und Sicherheitsstudien der Universität Georgetown unterstreicht: "Ein Abkommen über den Waffenhandel wäre wichtig, um zu bestätigen: Waffen sind nicht einfach eine Ware wie jede andere, mit der man handeln kann wie mit Toastern oder Videospielen."

In einer weltweiten Foto-Petition haben über eine Million Menschen in 170 Ländern mit ihrem Porträt einen "Arms Trade Treaty" auf völkerrechtlicher Grundlage gefordert. Unterstützung erhielten sie von 15 Friedensnobelpreisträgern, unter ihnen Erzbischof Desmond Tutu, IAEA-Chef Mohammed El-Baradei und die "Ärzte gegen den Atomkrieg", die in einem offenen Brief ihre Vorstellungen von einem Waffenhandelsabkommen präsentierten.


Die größten Rüstungsexporteure 2001 bis 2005

 

Land Umsätze in
Mrd. Dollar
Russland 28,98
USA 28,24
Frankreich 8,57
Deutschland 5,60
Großbritannien 3,93
Ukraine 2,23
Kanada 1,97
Niederlande 1,87
Italien 1,86
Schweden 1,76
andere 8,51
Gesamt 93,52

Quelle: SIPRI 2006

Hintergrund: Transferregeln

Die Hauptprinzipien für ein internationales Waffenhandelsabkommen sind:

1. Alle internationalen Rüstungstransfers müssen von anerkannten Staaten genehmigt werden. Sie müssen in Übereinstimmung mit deren nationalen Gesetzen und Verfahrensregeln durchgeführt werden und den völkerrechtlichen Verpflichtungen entsprechen.

2. Staaten dürfen internationale Rüstungstransfers nicht genehmigen, wenn diese gegen die völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen würden.

3. Internationale Rüstungstransfers dürfen nicht genehmigt werden, wenn sie tatsächlich oder wahrscheinlich für Völkerrechtsverletzungen genutzt werden.

4. Vor der Genehmigung von Rüstungstransfers sind Staaten zur Berücksichtigung der wahrscheinlichen Verwendung der Rüstungsgüter sowie weiterer Faktoren verpflichtet.

5. Alle Staaten müssen nationale Jahresberichte über ihre internationalen Rüstungstransfers einer zukünftigen Internationalen Registrierungsbehörde vorlegen, die diese veröffentlicht.

6. Es werden gemeinsame Standards für spezifische Kontrollmechanismen folgender Bereiche erstellt:

a) Importe und Exporte von Rüstungsgütern;

b) Aktivitäten bei Vermittlung von Rüstungsgeschäften;

c) Transfers von Waffen aus Lizenzproduktion;

d) Transithandel und Umschlag von Rüstungsgütern.

Staaten müssen Vorgehensweisen zur Überwachung der Durchsetzung und zur Revision erarbeiten, um die vollständige Implementierung der Prinzipien zu stärken.

(Prinzipien nach: "Waffen unter Kontrolle!")

Quelle: ND   vom 05.02.2007

Veröffentlicht am

08. Februar 2007

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