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Demnächst wird in den Irak abgeschoben

Einstieg mit Straftätern, aber die Innenminister wollen eine schnelle Ausweitung

PRO ASYL: Ergebnis einer von langer Hand geplanten Entrechtungsstrategie

Im Windschatten der Bleiberechtsdiskussion hat die Innenministerkonferenz am 16. und 17. November 2006 einen bislang wenig beachteten Beschluss gefasst: Es wird nunmehr mit Abschiebungen ausreisepflichtiger irakischer Staatsangehöriger begonnen. Zunächst sind verurteilte Straftäter an der Reihe. Nach bisher unbestätigten Informationen soll der erste Abschiebungsflug am 9. Dezember abheben. Es ist zu erwarten, dass nach diesen “Sondierungsabschiebungen” bei folgenden Flügen sehr schnell Nicht-Straftäter “beigemischt” werden.

Die Innenministerkonferenz erwartet sich jedenfalls vom Bundesinnenminister, dass er sobald wie möglich die Ausweitung der Rückführungen durchsetzt. Auch im Falle der Abschiebungen nach Afghanistan dienten Straftäter als Türöffner für weitere Abschiebungen. Man darf demnach auch bei den Irak-Abschiebungen erwarten, dass eine Staffelung angestrebt wird: zunächst Straftäter, dann alleinstehende junge Männer, später Familien mit Kindern.

Ziel der Abschiebungsflüge ist der Nordirak. Nach dem Wortlaut des IMK-Beschlusses sind die Abschiebungen jedoch nicht auf Kurden aus dem Nordirak beschränkt. Ob allerdings die kurdische Regionalregierung bereit sein wird, Iraker aus anderen Landesteilen aufzunehmen, ist mehr als fraglich. Diesbezügliche Experimente von deutscher Seite sind zu erwarten.

PRO ASYL hält Abschiebungen in den Irak - auch in den Nordirak - für unverantwortlich. Zwar ist die Sicherheitssituation dort besser als in den anderen Landesteilen, jedoch sieht sich die kurdische Regionalregierung bereits jetzt mit einer großen Zahl von Binnenflüchtlingen und Rücksiedlern aus anderen Regionen konfrontiert, die kaum zu versorgen sind. Darüber hinaus ist die politische Zukunft des Nordirak ungewiss. Zerfällt der Irak in verschiedene Teilstaaten, was angesichts der Debatte über Ausstiegsoptionen unter den Alliierten keineswegs nur Spekulation ist, dann ist der nordirakische Status quo in Frage gestellt. Als quasi halbautonomes Gebiet ist der Nordirak eng an die Existenz eines föderal organisierten Gesamtirak gebunden.

Das alles und die damit verbundenen Gefahrenprognosen interessieren die Innenminister und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht. Stattdessen wurde bereits kurz nach dem Sturz des Saddam-Hussein-Regimes damit begonnen, irakischen Flüchtlingen systematisch den Status zu entziehen. Ca. 10.000 Iraker sind bereits jetzt ausreisepflichtig. Bei mehreren tausend weiteren sind die Verfahren noch bei Gericht anhängig. PRO ASYL kritisiert dies als eine von langer Hand geplante Entrechtungsstrategie.

Dass dem sächsischen Innenminister angesichts der katastrophalen Lage im Irak nichts anderes einfiel als in einer Protokollnotiz zum IMK-Beschluss darauf hinzuweisen, dass bei einer Ausweitung der Rückführungen die angespannte Situation der Christen im Irak besonders zu berücksichtigen sei, hält PRO ASYL deshalb für zynisch, weil Christen nur eine unter vielen innerhalb des irakischen Chaos besonders gefährdeten Gruppen sind.

Quelle: PRO ASYL   Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Presseerklärung vom 29.11.2006.

Veröffentlicht am

30. November 2006

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