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Irak: Den begonnenen Krieg beenden - seine Eskalation verhindern

Von Clemens Ronnefeldt, Versöhnungsbund

Fast täglich bombardieren angloamerikanische Kampfflugzeuge irakische Einrichtungen. Im Westen und Norden des Zweistromlandes befinden sich bereits seit Wochen US-Spezialtruppen auf irakischem Territorium (vgl. “The secret war”, in: The Independent, 24.11.02). Der Krieg gegen Irak ist bereits im Gange. Seine Eskalation mit der akut drohenden Gefahr eines Kampfes in und um die 4-5 Millionen Einwohner zählende Stadt Bagdad kann allerdings noch gestoppt werden.

Lawrence Lindsey, bis vor kurzem noch Chefwirtschaftsberater von Präsident Georg W. Bush, ließ im November 2002 keine Zweifel über die Ziele der US-Politik gegenüber Irak:
“Wenn es einen Regimewechsel im Irak gibt, kommen täglich drei bis fünf Millionen Barrel Erdöl zusätzlich auf den Markt. Eine erfolgreiche Durchführung des Krieges würde der Ökonomie gut tun” (Der Spiegel, 13.1.03).

Es gibt eine ganze Reihe guter Gründe, warum große Teile der US-Regierung diesen Krieg trotz aller Risiken und möglicher Verluste an Menschenleben führen möchten:

A) Gründe für den Krieg

1. Der Machtwechsel in Bagdad bringt US- und britische Ölfirmen ins Geschäft.

2. Die Abhängigkeit der USA von Saudi-Arabien sinkt, die eh schon geschwächte OPEC verliert weiter an Bedeutung.

3. Die US-Machtfülle weltweit wächst; Europa, China, Japan, Indien und Russland werden auf Jahre hin als potentielle Konkurrenten geschwächt, die US-Hegemonie gestärkt.

4. US- und britische Soldaten in der Golfregion werden künftig nicht mehr von irakischen Massenvernichtungswaffen bedroht.

5. Die staatliche irakische Unterstützung für palästinensische Selbstmordattentäterfamilien entfällt nach einem Regimewechsel, ebenso erhöht sich nach Ansicht der israelischen Führung die Sicherheit Israels.

6. Die US-Rüstungs- und Ölindustrie wird gefördert und hilft der US-Wirtschaft mit ihrem riesigen Außenhandelsbilanzdefizit und der weltweit höchsten Staatsverschuldung aus der Krise.

7. Der Krieg wird andere Staaten der Region - insbesondere die erdölreichen Nachbarländer Iran und Saudi-Arabien - von einer US-feindlichen Politik abhalten, weil diese sonst ebenfalls angegriffen würden; der gesamte Nahe und Mittlere Osten wird soll neu “gestaltet” werden.

8. Georg W. Bush vollendet des Werk seines Vaters und rächt den von US-Seite behaupteten Mordversuch Saddam Husseins an Georg Bush senior bei dessen Truppenbesuch in Kuwait 1993.

9. Der Krieg gegen Irak lenkt vom Misserfolg in Afghanistan und der Nichtergreifung Osama bin Ladens ab.

10. Ein schneller Sieg und Regimewechsel in Bagdad erhöht die Wiederwahlchancen von Georg W. Bush bei der Präsidentenwahl 2004.

11. Der Druck der religiös-fundamentalistischen Kräfte in den USA - zu denen Präsident Georg W. Bush selbst gehört -, die davon überzeugt sind, dass Nordamerika den missionarischen Auftrag zur weltweiten “Demokratisierung” der Erde und zum Kampf gegen das Böse erhalten hat, ist enorm hoch.

12. Nach mehr als einem Jahr Ankündigung des Irak-Krieges kann die US-Führung kaum noch ohne Ansehensverlust zurück.

B) Chancen zur Beendigung des Krieges und zur Verhinderung seiner Eskalation

1. Die weltweiten Proteste, insbesondere in den USA selbst, werden so stark, dass Georg Bush und Tony Blair ihre Pläne ändern.

2. Solange Venezuela kein Öl auf die Märkte liefert, würde ein Krieg gegen Irak zu kurzfristigen Engpässen mit unabsehbaren Folgen für die
Weltwirtschaft führen.

3. Wird die Arbeit der UNMOVIC-Inspekteure verlängert und insbesondere von den Europäischen Staaten unterstützt, werden die angloamerikanischen Kampfflugzeuge kaum gleichzeitig massive Bombardierungen durchführen können.

4. Die irakische Führung bietet angloamerikanischen Erdölkonsortien die Ausbeutung irakischer Erdölfelder an.

5. Saddam Hussein entscheidet sich zu dem eher unwahrscheinlichen Schritt, ins Exil zu gehen.

6. Der Protest innerhalb des US-Militärs nimmt weiter zu. “Widerstand gegen ein militärisches Abenteuer am Golf regt sich im Pentagon. Donald Rumsfelds selbstgefällige Art hat ihm unter der eigenen Generalität mehr Feinde als im Ausland gemacht. ‘Noch nie in der amerikanischen Geschichte’, sagt ein US-Diplomat mit gebotenem Sarkasmus, ‘stand unser Land näher an einem Militärputsch als heute’” (Die Zeit, 2.1.2003).

C) Protest-, und Widerstandsmöglichkeiten zur Beendigung des Krieges sowie zur Verhinderung seiner Eskalation

Die Fülle von Friedensdemonstrationen und Protesten weltweit lässt sich nicht mehr überblicken. Ich möchte mich deswegen auf einige exemplarische Beispiele beschränken, die gleichzeitig Zeichen der Hoffnung sind.

1) Beispiele aus den USA

Im Rahmen einer Demonstration Ende Oktober 2002 in Washington vor mehr als 200 000 DemonstrantInnen sagte der frühere US-Justizminister Ramsey Clark, es sei “Zeit, das Regime zu wechseln - aber hier, in Amerika”.
Am 18.1.03 fand in Washington die bisher größte Friedenskundgebung mit mehreren hunderttausend TeilnehmerInnen statt.

“Stadtrat von Chicago hält Präventivkrieg für falsch” titelte die
Frankfurter Rundschau (FR) am 18.1.03 und führte aus: “Der Stadtrat von Chicago hat sich in einer Resolution gegen einen ‘vorbeugenden
Militärangriff’ auf Irak ohne den Beweis ausgesprochen, dass von Bagdad wirklich eine Bedrohung für die USA ausgehe. … Damit folgte der Magistrat der drittgrößten US-Stadt ähnlichen Resolutionen von Städten wie San Francisco, Seattle, Ithaca (Bundesstaat New York) und Kalamazoo (Michigan). … ‘Wir wollen nicht, dass unsere Jungen und Mädchen in den Krieg ziehen’, sagte die Ratsvorsitzende Dorothy Tillman”.

“Angehörige von Opfern der Terroranschläge vom 11.9. sind nach Bagdad
gereist, um für eine friedliche Beilegung der Irak-Krise einzutreten. Die vier US-Bürger seien ‘in dieser Zeit großer Bedrohung’ nach Irak gereist, ‘um ihrer Hoffnung Ausdruck zu geben, dass Krieg und Gewalt ein Ende nehmen’, erklärte der Verband ‘Familien des 11. September für ein friedliches Morgen’ am Mittwoch (8.1.03). Als Ort für ihre Pressekonferenz wählte die Gruppe die Ruinen eines Lufschutzbunkers, in dem beim Golf-Krieg 1991 fast 400 Zivilisten durch US-Bomben getötet worden waren”, berichtete die FR am 9.1.03.

2) Beispiele aus Deutschland

“Justiz prüft Klagen wegen der Vorbereitung eines Angriffskriegs.
Generalbundesanwalt Nehm muss sich mit mehreren Strafanzeigen gegen den Bundeskanzler befassen”, titelte die FR am 11.1.03.

“Not in our name - kein Krieg gegen den Irak!” lautet nicht nur eine
Initiative in den USA, sondern auch eine Kampagne der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW). Bei der IPPNW-Geschäftsstelle in Berlin können Postkarten an Präsident Bush und Bundeskanzler Schröder sowie Flugblätter zum Thema “Kollateralschaden”
bestellt werden. Kontakt: IPPNW Berlin

An vielen US-Militärstützpunkten fanden bereits Demonstrationen statt, an einigen auch Sitzblockaden (Rhein-Main-Airbase/Frankfurt, EUCOM/Stuttgart). Neben Stuttgart Vaihingen, Ramstein, Rhein-Main Airbase Frankfurt, Spangdahlem, Heidelberg, Wiesbaden, Kaiserslautern, Würzburg, Grafenwöhr, Mannheim und Böblingen, wo jeweils US-Soldaten stationiert sind, die mit in den Irak-Krieg involviert werden oder bereits daran teilnehmen, stellen vor allem deutsche Häfen, wo Kriegsmaterial verladen wird, symbolische Orte für Protest - und Widerstandsaktionen dar.
Informationen über geplante Aktionen sowie ein vierseitiges
Informationsblatt zur Selbstverpflichtung zu Protest und Widerstand können abgerufen werden bei der Kampagne “resist - sich dem Irak-Krieg widersetzen”. Kontakt: Kampagne Resist The War

Aus deutscher Sicht sind besonders die in Geilenkirchen bei Aachen
stationierten AWACS-Einheiten betroffen. Dort riefen am 25.1.03 nach einer Protestkundgebung Mitglieder der Friedensbewegung durch einen Handzettel die Soldaten der Kaserne auf, sich nicht an dem Krieg gegen Irak zu beteiligen.
Kontakt: Armin Lauven, 0228-9319809 oder Martin Singe 0228-264615.

Rechtsberatung für US-Kriegsdienstverweigerer in Deutschland bietet das Military Counseling Network in Bammental bei Heidelberg an.
Kontakt: Wolfgang Krauß, Tel. und Fax 06223-47791 E-mail:mcv@dmfk.de

Im Dezember 2002 reisten sieben Mitglieder des Internationalen
Versöhnungsbundes in den Irak. Sie stehen zu Veranstaltungen bereit.
Kontakt: Versöhnungsbund

Am 15.2.2002 wird eine Großdemonstration gegen den Irak-Krieg in Berlin stattfinden, zu der ein breites Bündnis von Friedensorganisationen aufgerufen hat. Kontakt: www.15februar.de

Weitere Informationen unter: Versöhnungsbund

Spendenkonto für die Arbeit des Versöhnungsbund-Friedensreferates:
Sparkasse Minden-Lübbecke, Kto. 400 90672, BLZ 490 501 01,
Stichwort “Friedensreferat”

Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes

Weitere Aktionshinweise siehe hier

Veröffentlicht am

24. Januar 2003

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