Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS



Suche in www.lebenshaus-alb.de
 

Deutschlands Befreiungsschlag

Unmittelbar vor der Münchner Sicherheitskonferenz stellen der Außen- und die Verteidigungsministerin eine Ausweitung der EU-Militärinterventionen in Aussicht. Es werde "zu Recht von uns erwartet, dass wir uns einmischen", erklärt Außenminister Frank-Walter Steinmeier; militärische Mittel dürfe man dabei nicht "aus dem Denken verbannen". Kurz zuvor hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen geäußert, "Europa" komme ohne kriegerische Mittel "im Spiel der globalen Kräfte nicht voran". Die Äußerungen setzen eine PR-Kampagne fort, die unmittelbar nach der Bundestagswahl im September begonnen hat und darauf abzielt, Militäreinsätze, die Berlin offenkundig in größerer Zahl ins Auge gefasst hat, im Inland abzufedern.

Mit Blick auf die EU-Militäraktivitäten spricht der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz von einem "Befreiungsschlag". Militärs dringen darauf, endlich einmal eine der EU-Battle Groups einzusetzen; diese Kampftruppen stehen schon seit 2007 bereit, sind bisher jedoch noch nie genutzt worden. Als nächste Interventionsziele gelten afrikanische Staaten; der deutsche Außenminister bringt die Räumung von Waffenlagern in Libyen ins Gespräch.

Einmischung erwartet

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich schon am vergangenen Wochenende für eine Ausweitung gemeinsamer EU-Militärinterventionen ausgesprochen. "Europa kommt im Spiel der globalen Kräfte nicht voran, wenn die einen sich immer dezent zurückhalten, wenn es um militärische Einsätze geht, und die anderen unabgestimmt nach vorne stürmen", erklärte sie, auf die jahrelangen deutsch-französischen Machtkämpfe um die EU-MilitärpolitikS. dazu Die Abkopplung Frankreichs . anspielend. Künftig müsse die Bundesrepublik mehr "internationale Verantwortung" übernehmen; damit sind nach dem gängigen PR-Jargon der westlichen Eliten auch Militäreinsätze gemeint.Von der Leyen will Bundeswehr verstärkt im Ausland einsetzen. www.spiegel.de 26.01.2014. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich jetzt ähnlich geäußert. Eine "Politik militärischer Zurückhaltung" dürfe nicht "missverstanden werden als ein Prinzip des Heraushaltens", erklärt der SPD-Politiker; für die Bundesrepublik stehe jetzt "tätige Außenpolitik" an. Deutschland sei "zu groß, um die Weltpolitik nur zu kommentieren": "Es wird zu Recht von uns erwartet, dass wir uns einmischen". Militärinterventionen dürfe man dabei nicht "aus dem Denken verbannen".Einmischen statt zurückhalten. www.sueddeutsche.de 30.01.2014.

"Wir stehen bereit"

Von der Leyens und Steinmeiers Äußerungen sind der vorläufige Höhepunkt einer PR-Kampagne, die unmittelbar nach der Bundestagswahl im September letzten Jahres begonnen hat und darauf abzielt, im Inland eine dauerhaft tragfähige Basis für die offenkundig für die nächsten Jahre ins Auge gefassten Militäreinsätze der EU zu sichern, die inzwischen offen von Berlin dominiert wird.S. dazu Die Dominanz über Europa . Den Startschuss hat der Bundespräsident in seiner Rede zum Nationalfeiertag 2013 gegebenS. dazu Schlafende Dämonen .; wenig später ist eine Passage aus dem Koalitionsvertrag vorab an die Medien lanciert worden, in der es heißt: "Wir wollen die globale Ordnung aktiv mitgestalten … . Wir stehen bereit, wenn von unserem Land Beiträge zur Lösung von Krisen und Konflikten erwartet werden."S. dazu Bereit zur globalen Ordnungspolitik . Ähnliche Äußerungen sind seitdem häufiger zu hören. Parallel dazu wird ein Papier, das im Oktober unter dem Titel "Neue Macht. Neue Verantwortung" veröffentlicht worden ist, in das außen- und militärpolitische Establishment Deutschlands wie auch in die interessierte Öffentlichkeit getragen. Das Papier, das ausdrücklich eine "Neuvermessung" der Berliner Weltpolitik fordert, wird von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) wie auch von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) aktiv beworben.S. dazu Die Neuvermessung der deutschen Weltpolitik .

Die Münchner Sicherheitskonferenz

Der nächste Gipfelpunkt der Kampagne für eine Ausweitung der deutsch-europäischen Militäreinsätze wird auf der Münchner Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende erwartet. Der Leiter der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, kündigt für den heutigen Freitag ein Statement der deutschen Verteidigungsministerin an; später soll sich eine Diskussionsrunde unter der Leitung des ehemaligen bundesdeutschen Verteidigungsministers Volker Rühe (CDU) der gemeinsamen EU-Militärpolitik widmen. Zudem ist - erstmals in der Geschichte der Sicherheitskonferenz - eine Rede des Bundespräsidenten angekündigt. Wolfgang Ischinger bejubelt die Militärkooperation in der EU, die jetzt zu mehr gemeinsamen Interventionen führen soll, als "Befreiungsschlag".Münchner Sicherheitskonferenz: Aktuelle Sicherheitspolitik und alte Bekannte zum Jubiläum. www.bmvg.de 29.01.2014.

Krisen und Konflikte

Militärs dringen nun darauf, bei nächster Gelegenheit von den EU-"Battle Groups" Gebrauch zu machen. Bei diesen handelt es sich um Kampftruppen von 1.500 Soldaten, die binnen zehn Tagen beliebig einsetzbar sind. Wie der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr und einstige Vorsitzende des Brüsseler NATO-Militärausschusses Harald Kujat in einem aktuellen Medienbeitrag erklärt, gelte es "die EU besser auf die Bewältigung von Krisen und Konflikten insbesondere an der europäischen Peripherie vorzubereiten", sofern "die Bundesregierung die Kultur der Zurückhaltung hinter sich lassen will und künftig eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik anstrebt, die der Größe des Landes und seinem internationalen Gewicht angemessen ist". Sofern "erforderlich", solle man "gemeinsam vorgehaltene militärische Fähigkeiten wie die EU-Battlegroups" einsetzen. Kujat weist explizit darauf hin, man müsse das zugrundeliegende "Battle Group"-Konzept "im Zusammenhang mit dem Streben der Europäischen Union sehen, mit eigenen militärischen Fähigkeiten Konfliktbewältigung zur Durchsetzung europäischer Sicherheitsinteressen zu betreiben" - "insbesondere, wenn die Nato nicht handeln kann oder nicht handeln will".Harald Kujat: Deutschland wird langfristig Waffenhilfe leisten müssen. www.focus.de 25.01.2014.

Das Afrikakorps

Als Einsatzziele für die nächsten Jahre gelten insbesondere die Staaten Afrikas. In Anspielung auf eine Äußerung des damaligen deutschen Verteidigungsministers Volker Rühe aus dem Jahr 1994 - Rühe hatte in Abwehr französischer Vorstöße, die deutschen Interessen widersprachen, erklärt, das Eurokorps sei "kein Afrikakorps" - heißt es nun bei der SWP: "Das Eurokorps ist (doch) ein Afrikakorps."Claudia Major, Christian Mölling: Das Eurokorps ist (doch) ein Afrikakorps. Fünf gute Gründe für ein deutsches Engagement in Afrika. www.swp-berlin.org 28.01.2014. Außenminister Steinmeier stellt in einem Presseinterview "Gedankenspiele" über - wohl militärisch zu begleitende - Berliner Interventionen in Nordafrika an: "Wollen wir in Libyen Waffenlager räumen, sichern oder vernichten?"Einmischen statt zurückhalten. www.sueddeutsche.de 30.01.2014. Wie das Bundesverteidigungsministerium berichtet, sollen auf der nächsten Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2015 "die Entwicklungen in Afrika … besonders hervorgehoben werden". Laut Konferenz-Leiter Ischinger sei dort "in den kommenden Jahren oder vielleicht auch Jahrzehnten" ein militärisches Eingreifen der EU "wahrscheinlich am dringendsten … nötig".Münchner Sicherheitskonferenz: Aktuelle Sicherheitspolitik und alte Bekannte zum Jubiläum. www.bmvg.de 29.01.2014.

Quelle: www.german-foreign-policy.com   vom 31.01.2014.

Weblinks:

Fußnoten

Veröffentlicht am

31. Januar 2014

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von