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Nikolaus - deutsche Fürsorge für Afrika mit “militärischen Konsequenzen”

Mit den Worten Jesu Christi (“Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan”) ruft das deutsche Staatsoberhaupt zu “humanitäre(n) Interventionen” in Afrika auf. ” “Mutiges Eingreifen von außen” müsse legitimiert werden und sei “ethische” Verpflichtung der europäischen “Zivilisation”. Nach den Worten des Bundespräsidenten entspringt die neue deutsche Fürsorge für Afrika einem moralischen Impuls, der “militärischer Konsequenzen” nicht entbehren dürfe. Der Bundespräsident befindet sich auf einer Rundreise durch den afrikanischen Kontinent. In zeitlicher und inhaltlicher Übereinstimmung mit seiner Rede hatte das Berliner Parlament die Entsendung von Bundeswehreinheiten in den Sudan gebilligt. Der Militäreinsatz war auf heftige Proteste der Regierung in Khartum gestoßen. Wie der UN-Beauftragte für den Sudan feststellt, gehen die jüngsten Kämpfe um die dortigen Rohstoffressourcen von den Separatisten der “Sudanesischen Befreiungsarmee” (SLA) aus. Ihr Vorgehen gegen Khartum nützt der Berliner Außenpolitik.

Der UN-Beauftragte Jan Pronk sagte bei einer Pressekonferenz in Kairo, an der “alleinige(n) Verantwortung” der westsudanesischen SLA für die gegenwärtigen bewaffneten Kämpfe in der Region Dafur könne kein Zweifel bestehen. “Das war eine einseitige Verletzung der Vereinbarungen durch die SLA”, urteilte Pronk. 1 Die SLA-Separatisten beanspruchen mehrere Ressourcengebiete des Westsudan, ihr Krieg gegen Khartum schwächt die Zentralregierung des Landes und nützt damit westlichen Rohstoffinteressenten, die insbesondere auf die umfangreichen Ressourcen des Südsudan zielen.

Nach Kräften unterstützen

In Deutschland arbeitet ein Projektkonsortium an der logistischen Durchleitung zukünftiger Rohstoffexporte aus dem Südsudan an die ostafrikanische Küste. Für das Milliarden-Projekt, das den Interessen Khartums in hohem Maße widerspricht, schlossen deutsche Beauftragte bereits Vorverträge mit südsudanesischen Rebellen und reisten in den Sudan. 2 Wie die sudanesische Presse und beteiligte Unternehmen berichten, befand sich die deutsche Industriedelegation in Begleitung des Referatsleiters im Wirtschaftsministerium von Brandenburg, Dr. Andreas Wolf. Die Landesregierung Brandenburg hat bestätigt, dass sie das Sudan-Projekt, sollte die endgültige Auftragsvergabe an deutsche Unternehmen erfolgen, “nach Kräften unterstützen” werde.

Gleichzeitig

Ihre offenkundigen Wirtschaftsinteressen nimmt die Bundesregierung seit Monaten zum Anlass, um zu den westlichen Konkurrenten aufzuschließen, die im Sudan ebenfalls wegen zahlreicher Rohstoffvorkommen sowie geopolitischer Besitzansprüche in Stellung gehen. Die Einflussjagd wurde von sich steigernden Alarmrufen der Berliner Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung begleitet. So ermahnte Heidemarie Wieczoreck-Zeul die Öffentlichkeit, Deutschland müsse dringend helfen, einen “Völkermord in Zeitlupe” zu verhindern. 3 Ohne die SLA-Separatisten auch nur andeutungsweise zu erwähnen, aber mit Blick auf die Regierung in Khartum, forderte die Sozialdemokratin dazu auf, “den Mördern das finstere Handwerk zu legen”. Gleichzeitig liefen Vorbereitungen der Bundeswehr, um in die afrikanischen Auseinandersetzungen militärisch eingreifen zu können.

Erfahrungen

Als die sudanesische Regierung im November protestierte, wurde sie von Berlin mit dem Hinweis beruhigt, man wolle nur ergänzen, was die “Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande (…) geleistet hätten oder vorbereiteten” - “militärische Luftransporthilfe”. 4 Weiterer Druck auf Khartum und die Einbindung deutscher Einflusspolitiker in der Afrikanischen Union genügten, um den Weg für die Entsendung eines Bundeswehr-Kontingents freizumachen. Laut Parlamentsbeschluss vom 3. Dezember wird das deutsche Militär für mindestens sechs Monate in Ostafrika logistische Erfahrungen und zweckdienliche Informationen sammeln.

Nkosi sikilele i Afrika

Die militärische Einmischung in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Staaten hat der deutsche Bundespräsident kurz vor Beginn seiner gegenwärtigen Staatsbesuche mit Geboten christlicher Nächstenliebe in Verbindung gebracht. Die aus dem christlichen Erbe hervorgegangenen Werte dürften “universale Gültigkeit” beanspruchen und müssten deswegen auch weltweit durchgesetzt werden. 5 Nach Ansicht des deutschen Staatsoberhaupts befinden sich Teile des afrikanischen Kontinents in einem Zustand, der an das vorchristliche Barbarentum erinnert. Hier gelte es “mutig” einzugreifen “und sich vor allem um die zu kümmern, denen es schlechter geht”. Vorbild deutscher Sittlichkeit und Fürsorge für Afrika sei “Sankt Martin, der den Mantel mit dem Bettler teilt, oder de® Heilige Nikolaus, der den Armen bringt, was sie brauchen.” Herr Köhler schloss die programmatische Rede mit den Worten “Nkosi sikilele i Afrika” (Gott segne Afrika).

Im Laufe seiner afrikanischen Rundreise beabsichtigt der Berliner Bundespräsident das deutsche Fort in Djibuti zu besuchen, wo er in der Bundeswehr-Garnison Einheimische beschenken wird.

Anmerkungen:

1 UN-Gesandter macht Rebellen für Kämpfe in Sudan verantwortlich; AP 25.11.2004

2 s. dazu Keimzelle und Deutsche Geschäfte

3 Deutschland schickt 200 Soldaten in den Sudan; dpa 03.12.2004

4 Bundestag: Vorerst kein Sudan-Einsatz; Frankfurter Allgemeine Zeitung 26.11.2004

5 Rede von Bundespräsident Horst Köhler auf Einladung der “Stiftung Weltethos” an der Universität Tübingen; www.bundespraesident.de 01.12.2004

Quelle: Informationen zur Deutschen Außenpolitik vom 10.12.2004.

Veröffentlicht am

11. Dezember 2004

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