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Abrissbirne im Amt

Präsident Trump ist wild entschlossen, alles zu schleifen, was Vorgänger Obama aufgebaut hat. Das gefällt seinen Anhängern

Von Konrad Ege 

Mehr als 7.000 lärmten in der Halle. Sie trugen "Trump 2020"- und "Trump is my president"-T-Shirts sowie die obligatorischen "Make America Great Again"-Basecaps. Zwei Tage nach dem Ausstieg aus dem Iran-Abkommen, dem "furchtbaren, einseitigen Deal", war Donald Trump im 50.000 Einwohner zählenden Elkhart in Indiana zu Besuch bei der Basis. Aus Lautsprechern dröhnte der Rock-Oldie We Are the Champions. "Er will tun, was er im Wahlkampf versprochen hat", lobte die Anwohnerin Barb Brown in einer örtlichen Zeitung.

Aus Sicht seiner Fans ist Trump auf einem Höhenflug. Iran habe er gezeigt, dass die USA ihre eigenen Interessen wahren. Es habe einen Sinn, dass Trump festlege, "wir können es denen nicht erlauben, Nuklearwaffen zu haben". Der Nordkorea-Gipfel werde ein sehr großer Erfolg, versichert der Präsident, nur Schwäche führe zum Krieg. Riesiger Jubel in Elkhart bei der Ankündigung: "Kommende Woche eröffnen wir endlich die amerikanische Botschaft in Jerusalem." Draußen protestieren ein paar hundert.

Dass die US-Medien negativ berichten, stärkt bei vielen Trump-Sympathisanten die Gewissheit, dass ihr Mann recht hat. Von der angeblich so klugen Elite monierte Entscheidungen vom Rückzug aus dem Klimaabkommen über den Abschied von der Transpazifischen Partnerschaft, die Botschaftsverlegung in Israel bis zu den Handelskrieg-Strafzöllen haben den meisten seiner Anhänger keine fühlbaren Nachteile gebracht, die sie auf Trump zurückführen würden. Wenn der wie vergangene Woche die Großen der Automobilindustrie antanzen lässt, darunter die Führung von VW, Ford, BMW, Nissan und Honda, und denen einschärft, sie müssten in den USA produzieren, tut das der Seele gut. Anderen demonstrativ seinen Willen aufzuzwingen, gilt als Beweis der Stärke.

Die rechte Webseite redstate.com hat trumpistische Außenpolitik zusammengefasst: Amerika sei unter Barack Obama "viel zu weich" gewesen. Um die Welt zu "restabilisieren", müsse man "hart zuschlagen", um daran zu erinnern, dass Amerika noch immer eine Supermacht sei. Das Establishment möge das vielleicht nicht, doch habe längst etwas geschehen müssen.

Überhaupt Obama, auch ohne psychologisches Seelenlesen: Es treibt den derzeitigen Präsidenten offenbar, das kaputtzumachen, was sein Vorgänger mit einer scheinbar souveränen Leichtigkeit aufgebaut hat, die Trump fremd ist. Obama ist das Symbol des Wandels, das vielen Trump-Wählern Angst macht vor Statusverlust. Der Guardian hat jüngst Tommy Vietor zitiert, zeitweilig Sprecher von Obamas Nationalem Sicherheitsrat: Trumps Politik sei beseelt von "Antipathie zu Obama. Und er ist eine rachsüchtige Person".

Richtig böse Muslime

Iran ist in den USA ein besonderer Fall. Wer über die Islamische Republik herzieht, muss keine Kosten fürchten. Man hat die Islamische Revolution nie verziehen und das Aufwühlen der regionalen Ordnung mit den tiefen Öl- und Naturgasressourcen. Die bärtigen Mullahs waren die ersten richtig bösen Muslime. Ganz schlecht ist Irans Image auch wegen der Geiselnahme von US-Botschaftsmitarbeitern in Teheran von Ende 1979 bis Anfang 1981. Die "Tod für Amerika"-Rufe hallen nach. 2002 erklärte George W. Bush Iran zum Teil der "Achse des Bösen". Trumps Stil mag aus dem Rahmen fallen, doch seine Iran-Politik ist kein Alleingang. Bei der Debatte über Obamas Iran-Diplomatie empfahl der republikanische Abgeordnete Mike Pompeo 2014, die USA und ihre Verbündeten sollten eine vorbeugende Bombenkampagne gegen die iranischen Atomanlagen erwägen. Man brauche wohl nicht einmal 2.000 Angriffsflüge, das sei "keine unüberwindbare Aufgabe". Pompeo ist heute Außenminister.

Die Republikaner lehnten das Abkommen 2015 geschlossen ab. Und demokratischen Politikern mangelt es an Glaubwürdigkeit, wenn sie heute Trumps Iran-Politik kritisieren. Barack Obama musste ziemlich Druck machen, um genug Demokraten von dem Deal zu überzeugen - gegen die PR-Offensive von Israels Premier Netanjahu, inklusive einer Rede im US-Kongress. Selbst Chuck Schumer, heute Chef der Demokraten im Senat, stimmte dagegen. Er sehe die Gefahr, dass Iran - durch das Abkommen gedeckt - seine "schändlichen Ziele" anstreben werde. 2017 stimmten die Demokraten im Kongress nahezu einstimmig für neue Wirtschaftssanktionen gegen Iran, im Paket mit Sanktionen gegen Russland.

Was jetzt kommt, wie intensiv die USA zu Sanktionen gegen Teheran zurückkehren und die Europäer brüskieren wollen, wird sich in naher Zukunft zeigen. Erst einmal geht es nach Singapur. Am 12. Juni ist dort der Gipfel Trump/Kim Jong-un vorgesehen. Auch da gilt aus Sicht des US-Präsidenten: "We are the champions!" In den Augen seiner Leute dürfte Trump als Held zurückkommen. Mit einem Agreement oder der Aussage, dass er sich einem "schlechten Deal" verweigert habe. Schwere Tage für die Opposition. Trump gibt die Themen vor.

Quelle: der FREITAG vom 19.05.2018. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

20. Mai 2018

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