Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Gandhi, King, 68er-Bewegung und 25 Jahre Lebenshaus Schwäbische Alb

Von Michael Schmid (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 96, März 2018 Der gesamte Rundbrief Nr. 96 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 1.095 KB. Den gedruckten Rundbrief schicken wir Ihnen/Dir gerne kostenlos zu. Bitte einfach per Mail abonnieren .)

Im Mittelpunkt des Einleitungsartikels von Michael Schmid für den Lebenshaus-Rundbrief Nr. 96 stehen runde Jahrestage und Jubiläen, die für das Lebenshaus von Bedeutung sind: 25 Jahre Lebenshaus Schwäbische Alb, 70. Todestag von M.K. Gandhi, 50. Todestag von Martin Luther King, 50 Jahre "68".

Liebe Freundinnen und Freunde,

2018 ist ein Jahr zahlreicher runder Jahrestage und Jubiläen, die für uns als Lebenshaus Schwäbische Alb von Bedeutung sind.

Zunächst einmal: Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Jahr unser 25-jähriges Jubiläum feiern dürfen. 25 Jahre, das ist ein beachtlicher Zeitraum. In den Anfangsjahren gab es durchaus Zweifelnde, die nicht gedacht hätten, dass es dieses Projekt nach so langer Zeit noch geben würde. Sei es, weil wir zu anspruchsvolle Ziele hatten (die wir immer noch haben). Sei es, dass wir angesichts des allgemeinen Zustands in unserer Welt resignieren würden. Sei es, weil wir angesichts des zu erwartenden Gegenwindes in einer so konservativen Gegend aufgeben würden. Und es gab sie ja durchaus, die unerbittlichen Gegner, die sehr viel daran setzten, uns zur Aufgabe zu zwingen. Aber die Geschichte zeigt, dass alles das nicht eingetreten ist und wir uns weiter einmischen können und werden. Zumal es natürlich auch sehr vieles gibt, was in den vergangenen Jahren gelungen ist und was sich seit den Anfängen positiv entwickelt hat. Grund genug für uns also, dieses Jubiläum zu feiern. Dies soll insbesondere am 5. Mai geschehen.Siehe "Jubiläumsfeier: 25 Jahre aktiv für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie: Lebenshaus Schwäbische Alb feiert" . Aber auch eine Reihe weiterer Veranstaltungen stehen im Fokus unseres runden Jubiläums.

Ermordet: Vor 70 Jahren Mohandas K. Gandhi und vor 50 Jahren Martin Luther King

Am 30. Januar 1948 wurde Mohandas Karamchand Gandhi durch einen fundamentalistischen Hindu-Nationalisten in Indien ermordet. Unter seiner Führung hatten sich Millionen von Menschen am Freiheitskampf gegen die britische Kolonialherrschaft beteiligt - und der größten Befreiungsbewegung des 20. Jahrhunderts gelang es, das koloniale Joch ohne Gewaltanwendung abzuschütteln.

Am 4. April 1968 fiel der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King einem Attentat zum Opfer. Bekannt geworden ist King zunächst als Führer der Bürgerrechtsbewegung, die sich entschieden gegen die Rassentrennung einsetzte. King und seine Mitstreitenden entwickelten vielfältige, phantasievolle gewaltfreie Kampagnen. 1999 stellte ein Geschworenengericht fest, dass Martin Luther King einem Mordkomplott zum Opfer fiel, bei dem die amerikanische Regierung, das Militär, sowie FBI und CIA die Strippen zogen. Nachdem King in den letzten Jahren seines Lebens zum erbitterten Gegner des Vietnamkriegs geworden war und sich für eine Überwindung der Armut in Amerika engagierte, war er zu einer Bedrohung für die US-Regierung und die amerikanische Rüstungsindustrie geworden.

Gandhi und King haben nachhaltig bewiesen, welche Kraft der Gewaltfreiheit innewohnt. Ihre Gedanken und Erfahrungen sind heute noch sehr aktuell. Angesichts von Gewalt in vielen zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Bereichen, mörderischer Kriege, drohender atomarer Massenvernichtung, weltweit bestehender und innergesellschaftlich wachsender Armut sowie dem Erstarken rechter Tendenzen in unserer Gesellschaft gibt es auch Jahrzehnte nach ihrem Tod viel von ihnen zu lernen.

Mir persönlich sind die beiden Männer zu wichtigen Vorbildern geworden. Ich habe mich intensiv mit Literatur von und über sie beschäftigt. Während einer viermonatigen Reise 1979 durch Indien war ich auch unmittelbar auf den Spuren von Gandhi unterwegs und habe Menschen und Institutionen kennengelernt, die den Geist ihres großen gewaltfreien Führers lebendig halten und sich entsprechend in ihrer Gesellschaft engagieren. Und während einer dreiwöchigen Studienreise "Auf den Spuren von Martin Luther King" durch die USA im Jahr 2001 konnte ich viel über King und dessen heutiger Bedeutung lernen.

50 Jahre "68er"-Bewegung

Am 11. April 1968, eine Woche nach der Ermordung Kings, schoss der rechtsextreme Arbeiter Josef Bachmann Rudi Dutschke, Wortführer der Studentenbewegung, nieder und verletzte ihn lebensgefährlich. In den darauffolgenden Tagen machte sich Wut im ganzen Land breit. Da die außerparlamentarische Opposition (APO) den ideologischen Hintergrund für dieses Verbrechen in der Hetzkampagne der Springer-Presse sah, wurden Springer-Druckereien belagert und die Auslieferung der "Bild-Zeitung" zu verhindern versucht.

Die außerparlamentarischen, von Großorganisationen unabhängigen Proteste haben allerdings nicht erst 1968 begonnen. Vielmehr veranstalteten 1960 pazifistische Gruppen in Norddeutschland den ersten Oster-Sternmarsch. Dieses Unternehmen, das zunächst von allen etablierten Kräften als Randgruppenereignis belächelt wurde, entwickelte sich von Jahr zu Jahr mehr zu einer außerparlamentarischen Massenbewegung. Es entstand dabei eine erste selbständige Organisationsstruktur mit dem "Zentralen Ausschuss" als Führungsgremium, dessen langjähriger Geschäftsführer unser Lebenshaus-Mitglied Klaus Vack war. Wichtig war dieser außerparlamentarischen Opposition ihre Unabhängigkeit von Parteien und Großorganisationen.

Was heute als "68er" bezeichnet und worüber teilweise noch heftig gestritten wird, war vor allem eine Bewegung der Studenten, dann auch der Lehrlinge und anderer Gruppen. Im Kampf gegen die Notstandsgesetze und vor allem gegen den Vietnam-Krieg ist eine sich radikalisierende Studentenbewegung mit dem "Sozialistischen Deutschen Studentenbund" (SDS) in der zweiten Hälfte der 60er Jahre Bestandteil der APO geworden. Nach den Schüssen auf Benno Ohnesorg (2. Juni 1967) und Rudi Dutschke hatte sich die Atmosphäre gerade unter ihnen unglaublich aufgeheizt. Nach den Schüssen auf Rudi Dutschke an Gründonnerstag 1968 kam es zu gewalttätigen Osterunruhen. Der Ostermarsch dieses Jahres trat dagegen in den Hintergrund.

Nach 1968 zerfaserte dann die gesamte APO in zahlreiche unterschiedliche Politikansätze, die nicht mehr einfach zusammenpassten. Doch trotz all ihrer Schattenseiten, davon bin ich überzeugt, hatten die politisch-kulturellen Aufbrüche der außerparlamentarischen Opposition der 60er-Jahre positive Auswirkungen in den nachfolgenden Jahrzehnten. Vor allem die mit und in der APO gewachsene Überzeugung, dass man sein gesellschaftliches Anliegen selbst in die Hand nehmen, sich gemeinsam mit anderen organisieren müsse, um eine Veränderung zu schaffen und auch sich selbst verändern müsse, wirkte weiter. Dadurch wurde das angestoßen, was sich in den 70er und 80er Jahren als Neue Soziale Bewegungen entwickelte: Frauenbewegung, Anti-Atomkraft-Bewegung, Ökologiebewegung, Friedensbewegung, Dritte-Welt-Bewegung, …

Engagement in Neuen Sozialen Bewegungen

Zwar war ich selber vor 50 Jahren noch zu jung und vor allem politisch viel zu uninteressiert, um damals überhaupt zu verstehen, was die "68er"-Bewegung wollte. Heute ist es mir ja eher peinlich, wenn ich daran zurück denke, aber als ich 1968 in den Ferien in der Fabrik arbeitete, habe ich jeden Morgen für 15 Pfennig eine "Bild-Zeitung" als Pausenlektüre gekauft. Ganz so, wie die richtigen Arbeiter. Und das kurz nach dem Dutschke-Attentat und den heftigen Protesten der APO gegen die Springer-Presse. Davon hatte ich damals also absolut nichts begriffen. "Mein 68" sah ganz anders aus als das der "68er". Als allerdings Rudi Dutschke an Heiligabend 1979 an den Spätfolgen des Mordanschlags starb, machte ich mich mit meinem Freund Karl-Dieter zur Beerdigung auf den Weg nach Berlin. Bei eisiger Kälte begleiteten wir gemeinsam mit etwa 6.000 Menschen den Trauerzug für Rudi Dutschke. Helmut Gollwitzer hielt die Ansprache bei der Trauerfeier (diese ist in der Lebenshaus-Website dokumentiertSiehe: "Radikale Leidenschaft für Menschen" - Beerdigungspredigt für Rudi Dutschke von Helmut Gollwitzer am 3. Januar 1980 auf dem St. Annen-Friedhof in Berlin-Dahlem.). Bei mir hatte sich also in der Zwischenzeit einiges verändert.

Nach dem Abitur bin ich als Wehrpflichtiger noch ziemlich blauäugig bei der Bundeswehr gelandet. Bundeswehr, das verhieß mir damals ideale sportliche Trainingsbedingungen. Doch dann war ich sofort ziemlich schockiert, als ich beim Schießen "dem bösen Russen mitten ins Gesicht schießen sollte". Ein heilsamer Schock, der unmittelbar bewirkte, mich kritischer mit gesellschaftlichen Problemen zu beschäftigen. Und so ließ ich mich dann in den frühen 70er Jahren von den Ideen und Aktivitäten der Neuen Sozialen Bewegungen anstecken. Bald nahm ich an Protesten an der Hochschule teil, engagierte mich bei Solidaritätsaktionen nach dem Putsch in Chile und im Kampf gegen die Somoza-Diktatur in Nicaragua, organisierte Aktionen gegen die Apartheid in Südafrika, verweigerte als ehemaliger Bundeswehrsoldat den Kriegsdienst, war maßgeblich an der Gründung eines entwicklungspolitischen Arbeitskreises beteiligt, nahm an Demonstrationen gegen Atomkraft, gegen die "Nachrüstung" von atomaren Mittelstreckenraketen teil und an Aktionen des Zivilen Ungehorsams, usw.

Ich hatte begriffen, dass diese sozialen Bewegungen wichtig für die emanzipatorischen Lernprozesse sind, die darin stattfinden und zugleich Motor gesellschaftlicher Veränderung sein können. Die Folge ist, dass ich mich seit über 40 Jahren in diesen Bewegungen "von unten" engagiere.

Neue Soziale Bewegungen und das Lebenshaus

Dieses Engagement mündete bei mir vor 25 Jahren in die Idee ein, einen Verein namens Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie zu konzipieren und gemeinsam mit anderen ins Leben zu rufen. Für mich spielten dabei eben meine in den Neuen Sozialen Bewegungen gemachten Erfahrungen und Lernprozesse eine maßgebliche Rolle. Und es waren die historischen Beispiele von Gandhi und King, die mich in dem Glauben bestärkten, dass der bewusste Einsatz gewaltfreier Mittel eines der zentralen Anliegen bei der Gestaltung und Verteidigung einer Gesellschaft sein muss. Durch sie wurde ich in der Annahme bestärkt, dass Gewaltfreiheit als grundsätzliche Haltung wichtig ist, die sich in allen Lebensbereichen, also ganzheitlich, auswirken sollte. Zudem gab es die Einsicht, dass es wichtig ist, gegen Übel und Unrecht zu protestieren und gleichzeitig mit dem Aufbau von Alternativen zu beginnen.

Auch wenn sich manches mit dem Lebenshaus anders entwickelt hat, als vor 25 Jahren erhofft, so bin ich doch sehr dankbar dafür, dass wir mit diesem Projekt seither auf dem Weg sind. Dank der tatkräftigen Unterstützung von sehr vielen Menschen.

Es gibt noch viel zu tun. Auch 170 Jahre nach dem "Kommunistischen Manifest" von Marx und Engels (1848) ist die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen nicht beseitigt. Sie besteht in Europa fort und nimmt im Süden extreme Ausmaße an. Und trotz Gandhi und King hat sich die Einsicht nicht in breitem Maße durchgesetzt, dass Gewalt nicht durch Gewalt überwunden werden kann. Leitbilder von APO und "68er", nämlich die "Utopien von einer humanen, solidarischen Gesellschaft, einer Gesellschaft ohne Krieg, ohne Grausamkeit, ohne Brutalität, ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne systematisch erzeugte Dummheit und ohne Hässlichkeit" (Götz Eisenberg), sind noch längst nicht verwirklicht.

Wir wollen im Rahmen unserer Möglichkeiten diesen Weg weitergehen und hoffen darauf, dass wir in unserer Arbeit von Ihnen und Dir auch in diesem Jahr unterstützt und aktiv begleitet werden.

Herzliche Grüße

Euer / Ihr

Michael Schmid

Wünsche zum 25. Geburtstag des Lebenshauses

Lebenshaus Schwäbische Alb wünscht sich in seinem Jubiläumsjahr:

  • 25 Zuschriften (gerne auch mehr) von alten und neuen Mitgliedern, Freundinnen und Freunden, in denen sie zum Ausdruck bringen, warum sie die Ideen von Lebenshaus Schwäbische Alb teilen und uns unterstützen. Gerne würden wir eine Auswahl in unserem nächsten Rundbrief veröffentlichen (dafür müssen sie vor dem 15. Mai 2018 bei uns sein) oder auch auf unserer Website.
  • 25 neue Fördermitglieder. Eine Fördermitgliedschaft ist eine Möglichkeit, seine Verbundenheit mit unserem Projekt zum Ausdruck zu bringen. Außerdem sind Mitgliedsbeiträge (wie regelmäßige Spenden ebenfalls) hilfreich, weil wir damit besser kalkulieren können. Der jährliche Mindestbeitrag beträgt 40 €.
  • 25 oder mehr neue Unterstützer_innen - das wäre natürlich wunderbar!
  • 25 Menschen, die sich selber zu einer regelmäßigen Spende an unseren Verein verpflichten.

Kontaktadresse: Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Bubenhofenstr. 3, 72501 Gammertingen, E-Mail: info@lebenshaus-alb.de. Für den Antrag auf Fördermitgliedschaft, für die Ausstellung einer Einzugsermächtigung und Weiteres kann die PDF-Datei Rückantwort-Formular ausgedruckt und ausgefüllt an uns zurückgesandt werden.

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Der Verein Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. ist durch das Finanzamt Sigmaringen als gemeinnützig und mildtätig anerkannt (aktueller Bescheid vom 20.11.2015). Spenden und Mitgliedsbeiträge sind daher steuerabzugsfähig. Ab 25 € werden automatisch Spendenbescheinigungen zugestellt, für niedrigere Beträge auf Anforderung (bitte bei Erstspenden Anschrift wegen Spendenbescheinigung angeben).

Fußnoten

Veröffentlicht am

19. März 2018

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