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PRO ASYL fordert Vor dem SPD-Parteitag: Stoppt den Weg in die Ausgrenzungsrepublik

Vor dem SPD-Parteitag warnt PRO ASYL vor einem weiteren Anwachsen von Rassismus und Rechtspopulismus in Deutschland. Es ist zu befürchten, dass nach dem Durchmarsch der Hardliner innerhalb der Union Rassismus und Rechtspopulismus noch weiter zunehmen. Zuerst wurden mit immer neuen Gesetzesverschärfungen und diese anschließend noch überbietender Rhetorik die Rechtspopulisten innerhalb und außerhalb der Union groß gemacht. Dann ist die Union insgesamt nach der Wahl noch einmal weiter nach rechts gerückt. Liberale, christliche und werteorientierte Kräfte sind weitgehend verstummt.

PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt warnt die SPD  davor, nun "den Weg  zur Ausgrenzungsrepublik frei zu machen. Die SPD darf den eingeschlagenen harten rechten Kurs der Union nicht  mittragen. Grund- und Menschenrechte gelten nicht nur für Deutsche, auch wenn Rechtspopulisten in und außerhalb der Union das gerne anders hätten".

PRO ASYL fordert eine an den Menschenrechten orientierte und auf den Werten des Grundgesetzes und der Europäischen Grundrechtecharta basierende zukunftsfähige Flüchtlingspolitik. Zentrale Bereiche des Sondierungspapiers müssen neu verhandelt werden. Avisierte Maßnahmen sind integrationsfeindlich, teilweise rechtswidrig und nicht zuletzt unvernünftig.

Durch die Dauerisolierung in  sogenannten ANkER-Zentren wird der Zugang zu Beratung und Gerichten erschwert. In isolierten Lagern kann es keine rechtsstaatlich fair durchgeführten Asylverfahren geben. Die hohe Zahl der Fehlentscheidungen durch das BAMF wird sich fortsetzen, ohne dass Gerichte die Fehlentscheidungen der Behörden korrigieren werden. Folgen der Dauerisolierung in Lagern der Perspektivlosigkeit sind Verelendung, Gewalt und Stigmatisierung. So wird der Nährboden geschaffen für das weitere Anwachsen von Rechtspopulismus und Rassismus in Deutschland.

Kein Programm zur Bekämpfung von Rassismus. Nach der Bundestagswahl und dem Einzug von Rechtspopulisten in den Bundestag verschiebt sich das Parteiensystem nach rechts. Auffallend ist, dass das Wort "Rassismus" im gesamten Sondierungspapier nicht einmal vorkommt, geschweige denn dass das Papier ein Programm zur Bekämpfung von Rassismus enthält. Angesichts des Erstarkens von Rechtspopulismus und rassistischer Hetze in Deutschland ist dies ein politisches Totalversagen.

Rechtsanspruch auf Familiennachzug wird dauerhaft beseitigt. Der Nachzug von Frauen, Kindern und Eltern aus Kriegs- und Krisengebieten zu ihren engsten Angehörigen ist menschenrechtlich und grundgesetzlich verbrieft und humanitär geboten. Die Verlängerung über den beschlossenen Zeitraum hinaus ist rechtswidrig, man kann nicht nach Belieben Recht verändern.

Eltern müssen zu ihren Kindern einreisen dürfen, wenn die Zusammenführung im Herkunftsland nicht möglich ist. Die systematische Trennung der Kinder von ihren Eltern verletzt die UN-Kinderrechtskonvention und das Grundgesetz. Das Sondierungsergebnis lässt die komplette Aussetzung des Nachzugs von Eltern zu ihren minderjährigen subsidiär geschützten Kindern  befürchten.

Die langjährige Trennung von Flüchtlingsfamilien stellt einen Verstoß gegen Artikel 6 GG dar. PRO ASYL erinnert an das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur damaligen dreijährigen Ehebestandszeit als Voraussetzung für den Ehegattennachzug zu Arbeitsmigranten: "Die Beeinträchtigung der Belange von Ehe und Familie durch das Erfordernis einer dreijährigen Ehebestandszeit als Nachzugsvoraussetzung übersteigt auch im Blick auf entgegenstehende öffentliche Interessen das von den Betroffenen hinzunehmende Maß." (BVerfG, 12.05.1987 - 2BvR126/83; 2 BvR101/84;2BvR 313 /84). Und dabei hat das Gericht damals noch nicht die unsichere Situation von Flüchtlingen berücksichtigen müssen.

Integration in Deutschland wird verhindert. An mehreren Stellen betonen die sondierenden Parteien, wie wichtig eine gelingende Integration ist. Gleichzeitig nimmt man sich vor: "Eine Verfestigung von Aufenthaltsrechten wollen wir dabei vermeiden". Dies ist ein im Papier nicht aufgelöster Widerspruch. Offenbar wollen die potentiellen Koalitionäre an dauerhaft prekären Aufenthaltsformen unbedingt festhalten, auch wenn das auf Kosten der Integration geht.  Die Folge wäre  ein aufenthaltsrechtliches Prekariat. Arbeitgeber, die einstellen und ausbilden, erwarten zu Recht, dass es eine Aufenthaltsperspektive für die Betroffenen gibt. Ohne eine klare Linie der Verfestigung des Aufenthaltsrechts wird Integration erschwert.

Obergrenze für Folteropfer und Kriegsflüchtlinge? Zwar werden laut Sondierungspapier politisch Verfolgte und Flüchtlinge nach der Genfer Konvention von der Obergrenze ausgenommen, nicht jedoch Folteropfer und Kriegsflüchtlinge. "Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden" (Art. 3 EMRK). Auch für diese Gruppe darf es keine Obergrenze geben. Grund- und Menschenrechte können nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Was soll passieren, wenn mehr Menschen kommen als politisch gewollt ist?

Kooperationen mit Herkunfts- und Transitstaaten. Die katastrophalen Auswirkungen der bereits erfolgenden Ausbildung der libyschen Küstenwache sind vielfach dokumentiert und sollen offenbar  weitergehen. Mit europäischem Geld werden Schutzsuchende in Folterlager zurückgeschleppt und damit Menschenrechtsverletzungen ermöglicht.

Verfassungswidrige Einstufung von Herkunftsstaaten als "sicher". Regelmäßig sollen alle Staaten mit einer Quote unter 5 Prozent zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Damit würde sich die kommende Bundesregierung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entziehen: Es muss landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen die Sicherheit vor politischer Verfolgung bestehen. Es muss u.a. gewährleistet sein, dass im Herkunftsland keine Folter oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht (BVerfG, 14.05.1996 - 2 BvR 1507/93, 1508/93). Die Verfolgungsfreiheit von allen Personengruppen (z.B. Homosexuelle, Journalisten, Minderheiten, etc.) wird durch eine Quote nicht berücksichtigt.

Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Pressemitteilung vom 19.01.2018.

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Veröffentlicht am

19. Januar 2018

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