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Trumps und Gottes Diener

Richard Grenell wollte die USA bei der UNO vertreten, nun wird er Botschafter in Deutschland

Von Konrad Ege

Der Republikaner Grenell, ein Politiker mit etwas diplomatischer Erfahrung und viel Medienpraxis, gilt manchen als Scharfmacher, doch ist er wohl eher PR-Macher als Ideologe. Der 51-Jährige lebt offen als schwuler Mann, was einen extremen Seltenheitswert in der Partei mit den vielen rechtschristlichen Wählern hat. Bald nun dürfte Grenell nach Berlin kommen. Donald Trump hat ihn zum Botschafter ernannt. Der US-Senat muss noch zustimmen. Der außenpolitische Ausschuss des Senats hat die Nominierung bereits abgesegnet. Die elf republikanischen Senatoren im Ausschuss waren dafür, die zehn Demokraten dagegen.

Wer für diesen Präsidenten arbeitet, stellt Verehrung zur Schau. Grenell tut das, indem er Donald Trump als den Schöpfer einer angeblich neuen Ordnung feiert, der es verstehe, mit Konventionen zu brechen. Trump bedrohe alle "diese Leute, die ihr professionelles Leben lang in Washington gearbeitet haben". Dabei hat Grenell selber ein professionelles Leben in der Politik verbracht. Die Washington Post widmete ihm bereits 1995 ein Feature. Er sei ein "Fußsoldat der republikanischen Vision für Amerika", hieß es da. Im November 1994 - der Demokrat Bill Clinton residierte im Weißen Haus - hatten die Republikaner bei den Zwischenwahlen erstmals seit Jahrzehnten wieder Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus errungen, Dutzende Demokraten verloren seinerzeit ihre Sitze.

Die Washington Post beschrieb die Wahlnacht: "Grenell fühlte Euphorie, er war sich sicher, Zeuge eines monumentalen politischen Augenblicks zu sein. Auf einer mondänen Party in Washingtons Nobelviertel Georgetown voller junger, Zigarren rauchender Republikaner mit überall herumstehenden Sektgläsern war Grenell in seinem Element." Grenell wurde danach Pressesprecher eines republikanischen Abgeordneten. Trotz seiner politischen Neigungen sei er damals nach eigenen Angaben auch ein Fan von Hillary Clinton und der Verlagsgründerin Arianna Huffington gewesen. Später wollte Grenell über Clinton nur noch wenig Gutes sagen. Im Wahlkampf 2016 urteilte er als Kommentator bei Rupert Murdochs Kabelsender Fox News, Hillary sei zu schwach und zu ängstlich im Kampf gegen den Terrorismus. Die Ex-Außenministerin habe leider "ein unglaublich schlechtes Urteilsvermögen". Sie habe den Aufstieg von Russland verpasst und sei "nicht bereit gewesen, den IS in Syrien zu stoppen".

Für das republikanische Lager galt Grenell stets als außenpolitischer Experte. Von 2001 bis 2008 war er Sprecher des US-Botschafters bei den Vereinten Nationen. Dort musste er George W. Bushs unilaterale Politik, den Irak-Krieg und das amerikanische Besatzungsregime am Euphrat vermarkten. Hinterher stieg Grenell mit seiner Firma Capitol Media Partners ins internationale Beratergeschäft ein. Das Unternehmen hatte laut Grenell Kunden in Kasachstan und China, in Australien und einigen EU-Staaten. Grenell selbst achtete auf Präsenz in den US-Medien, etwa beim Wall Street Journal und bei Fox News. Und er war überpräsent in den sozialen Medien. Im April 2012 dann ein potenzieller Karrieresprung: Präsidentenbewerber Mitt Romney berief ihn zum außenpolitischen Sprecher, doch das ging nicht gut. Nach wenigen Wochen packte Grenell seine Sachen. Er hatte sich schon Jahre zuvor als schwul geoutet, in der rechtschristlichen Welt allerdings, die ohnehin Probleme mit dem Mormonen Mitt Romney hatte, wollten manche das nicht hinnehmen. Die "homosexuelle Agenda" bedrohe die Religionsfreiheit in Amerika, durfte ein Vertreter des rechtslastigen US-Familienverbandes bei CNN sagen. Grenell zog sich zurück, er hätte gern Barack Obamas "außenpolitische Fehlschläge und dessen schwache Führung" angegriffen, doch wegen der "hyperparteilichen Debatte persönlicher Angelegenheiten" sei das nicht möglich gewesen.

Bei der Ernennung zum Botschafter für Deutschland hat der homophobe Chor nicht gesungen. Die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen wuchs zuletzt in den USA mir erstaunlicher Geschwindigkeit. Das rechte Christentum hat Trump gewählt und hält sich nun mit Kritik zurück. Und in den zurückliegenden Monaten hat Grenell Trumps Entscheidungen stets brav verteidigt, von den Restriktionen gegen Einwanderer bis zu den Sanktionen gegen Russland.

In Medienkommentaren widmen sich die Autoren gern Grenells Glaubensleben. Ein gläubiger, rechter Schwuler, das gilt als exotisch. Man würde keinen anderen Experten für Außenpolitik finden, der "so fließend über Theologie spricht", hieß es in einem Feature des Magazins theatlantic.com. Grenell hat an der christlichen Evangel University in Springfield im Staat Missouri studiert, deren Absolventen "vom Heiligen Geist ermächtigte Diener Gottes werden" sollen, steht auf der Website des Instituts. Später war er an der Harvard-Eliteuniversität. Grenell und sein Partner würden täglich beten und die Bibel lesen, so theatlantic.com. Botschafter in Deutschland zu werden, das bringt Prestige. Ende 2016 waren freilich Gerüchte bei Fox im Umlauf, Grenell werde möglicherweise US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. Aus dessen Sicht wäre das vermutlich erstrebenswerter gewesen, denn dieser Posten bringt auch einen Sitz im Kabinett und ein Stückchen Macht.

Im Juni 2013 teilte Grenell mit, bei ihm sei ein Non-Hodgkin-Lymphom festgestellt worden, eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. Gott habe ihm den inneren Frieden geschenkt, und er sei gesegnet mit einem tollen Partner, dem Beistand von Familie und Freunden. Mehrere Monate später ließ er wissen, nach einer Chemotherapie sei die Krankheit im Abklingen.

Quelle: der FREITAG vom 02.12.2017. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

04. Dezember 2017

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