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Afghanistan: Einschätzung des Auswärtigen Amtes zur Lage für Asylverfahren und Abschiebungen unbrauchbar

PRO ASYL: Lagebericht gibt kaum Hinweise, die im Asylverfahren Verwendung finden können - AA muss nachbessern

PRO ASYL bewertet den vom Auswärtigen Amt (AA) vorgelegten Bericht zur Lagebeurteilung für Afghanistan als unbrauchbar. Das Thema wird verfehlt: Der Bericht liefert z.B. kaum Informationen, ob und unter welchen Umständen Verfolgte in anderen Landesteilen Schutz finden könnten ("inländische Fluchtalternativen"), wovon das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausgeht.

Abgesehen von spektakulären Anschlägen werden andere Gefahrenpotenziale weitgehend ignoriert. Vom Duktus und Inhalt her wirkt der Bericht wie ein militärischer Lagebericht - mit kaum verwertbaren asylrelevanten Fakten. Aufgabe des AA ist es, einen "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage" zu erstellen. Die "Lagebeurteilung", wie sich der aktuelle Zwischenbericht nennt, erfüllt diese Aufgabe nicht.

Die Behauptung des Bundesinnenministers de Maizière, dass dieser Bericht relevante Fakten liefere, um Entscheidungen wieder zu ermöglichen, ist falsch. Abschiebungen sind mit ihm schon gar nicht zu rechtfertigen. PRO ASYL fordert unverändert einen Abschiebestopp nach Afghanistan wegen der volatilen Lage und ihrer rapiden Verschlechterung.

Nach dem Bericht ist die Regierung häufig nicht in der Lage, ihre Schutzverantwortung effektiv wahrzunehmen. Sie habe auch nur beschränkten Einfluss auf lokale Machthaber und Kommandeure, die ihre Macht missbrauchen. Wer jedoch in den einzelnen Regionen die Machthaber und Warlords sind und welche Auswirkungen dies auf die konkrete Sicherheitssituation hat, bleibt offen. Diffus spricht das AA von einem komplexen Machtgleichgewicht, das zwischen Ethnien, Stämmen, sogenannten Warlords und privaten Milizen, aber auch Polizei- und Taliban-Kommandeuren bestehe.

Bei der Frage, ob man einen Schutzsuchenden auf inländische Fluchtalternativen verweisen kann, ist u.a. zu prüfen, ob diese alternativen Orte erreichbar sind. Überlandreisen sind in Afghanistan extrem gefährlich. Der Bericht spricht davon, dass Überlandstraßen von den Taliban häufig blockiert würden, führt aber nichts Näheres aus. Wie Betroffene vor diesem Hintergrund angeblich sichere Gebiete erreichen können, wird nicht beantwortet.

Der Bericht redet die militärische Lage als "Patt" schön, trotz der nicht zu übersehenden Fakten. Im Oktober 2016 übten die Taliban in 74 Distrikten Einfluss aus, nun in 121, so der Bericht. Die Zahl der von den Taliban allein kontrollierten Gebiete stieg von 21 im Oktober 2016 auf 30. Unbeeindruckt von der sich kontinuierlich verschlechternden Situation wird die Behauptung des "Patts" seit Jahren aufrechterhalten - absurd vor dem Hintergrund, dass in 27 der 34 Provinzen Afghanistans sogar mit Angriffen gerechnet wird, Zahlen, die sich übrigens auch in anderen verfügbaren Quellen finden lassen.

In 2016 wurden mehr als 8.000 Armee- und Polizeiangehörige getötet, mehr als 14.000 Soldaten und Polizisten wurden verwundet. "Pro Tag werden mehr als 61 Soldaten und Polizisten getötet oder verwundet. Es ist für PRO ASYL nicht nachvollziehbar, wie vor diesem Hintergrund immer wieder Asylanträge mit der Begründung abgelehnt werden, die Betroffenen könnten sich unter den Schutz von Polizei und Sicherheitskräften stellen, wenn diese sich selbst kaum schützen können", so PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Auch das BAMF soll seine Herkunftsländerleitsätze überarbeitet haben. Die Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes kann dafür keine ausreichende Grundlage gewesen sein. Das Außenamt ist aufgerufen, im nächsten turnusmäßigen Afghanistan-Lagebericht, der für Oktober zu erwarten ist, umfassend nachzubessern und die notwendigen Informationen zur "asyl- und abschiebungsrelevanten Lage" zu liefern.

Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Pressemitteilung vom 25.08.2017.

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Veröffentlicht am

26. August 2017

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