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Andreas Zumach: Das große Rätsel

Wie steht der künftige US-Präsident zur Nato? Und wie zu Russland?

Von Andreas Zumach

Voraussagen über die Außenpolitik des künftigen US-Präsidenten sind schwierig. Denn Donald Trump hat keinerlei außenpolitische Vorgeschichte. Bislang sind keine Namen von Personen aufgetaucht, die in der Trump-Administration als Chef des State Department und des Pentagon, als Nationaler Sicherheitsberater des Präsidenten oder als Botschafter bei der Nato sowie in wichtigen Hauptstädten infrage kommen könnten. Es ist nicht einmal bekannt, ob jemand und, wenn ja, wer den Republikaner im Wahlkampf zu außen- und sicherheitspolitischen Themen beraten hat.

Daher bleiben als Basis für Prognosen nur Trumps eigene Äußerungen zu diesen Themen, etwa die "außenpolitische Grundsatzrede" die voller Widersprüche steckte. Einigermaßen konsistent sind lediglich Trumps Aussagen der letzten 15 Monate seit Ankündigung seiner Kandidatur zu zwei Bereichen: Zum einen will er bestehende oder derzeit noch in Verhandlung befindliche Außenwirtschaftsabkommen (Nafta, TTIP, TPP, etc.) aufkündigen, erst gar nicht unterzeichnen beziehungsweise neu verhandeln. Zum anderen fordert er die Verbündeten in der Nato auf, ihre finanziellen und sonstigen Beiträge zum Transatlantischen Militärbündnis deutlich zu erhöhen.

Bei beiden Vorhaben kann Trump als Präsident leicht konkrete Erfolge erzielen, leichtere jedenfalls als beim ebenfalls angekündigten Bau einer Mauer entlang der gesamten US-Grenze mit Mexiko. Konkrete Erfolge aber braucht Trump schon bald, um seine AnhängerInnen bei der Stange zu halten.

Mitte Juli drohte Trump den Nato-Partnern, die nicht mehr Geld geben wollen, mit der Aufkündigung der amerikanischen Beistands- und Schutzgarantien. Diese Drohung hat er seitdem zwar nicht wiederholt. Denn auch Trump weiß, dass die Vormachtrolle der USA in der Nato seit fast 70 Jahren das wichtigste Instrument für den Einfluss in und die Kontrolle über Europa ist. Eine Aufkündigung der amerikanischen Beistandsgarantien würde die Grundlage der Nato zerstören.

Das künftige Verhältnis zwischen den USA und den europäischen Verbündeten in der Nato wie der EU wird wesentlich davon abhängen, wie Trump die Beziehungen zu Russland gestaltet. Dessen Präsident Wladimir Putin gratulierte ihm gestern Morgen als erster ausländischer Staatschef zum Wahlsieg. Die widersprüchlichen Äußerungen Trumps zu diesem Themenkomplex lassen keine sichere Prognose zu. Wird er - wie mehrfach angekündigt - im Syrienkonflikt der Bekämpfung des "Islamischen Staats" und der dafür von ihm für nötig erklärten Kooperation mit Putin, aber auch mit Assad, "absolute Priorität" einräumen? Wird Trump im Interesse eines verbesserten Verhältnisses zu Moskau die im Ukrainekonflikt über Russland verhängten Sanktionen aufweichen oder gar aufheben? Ist sogar vorstellbar, dass Putin die jüngsten Beschlüsse der Nato zur Stationierung von 4.000 Soldaten in Polen und den baltischen Staaten wieder infrage stellt? Oder zumindest die Beteiligung amerikanischer Truppen daran?

Sollte Trump bei seinen Ankündigungen über die massive Aufrüstung des US-Atomwaffenarsenals bleiben, dürfte es in den nächsten vier Jahren zu erheblichen Spannungen zwischen Washington und Moskau kommen. Zu einem anderen schwelenden Streitpunkt zwischen der Nato und Russland, dem von den USA initiierten "Raketenabwehrprojekt" mit Stationierungsorten in Polen, Rumänien und der Tschechischen Republik, hat sich Trump bislang noch überhaupt nicht geäußert.

Quelle: taz - 10.11.2016. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

10. November 2016

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