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Flüchtlinge als “Sicherheitsrisiko” (III)

Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) will Fluchtbewegungen mit militärischen Interventionen begegnen. Bei einer heute beginnenden hochrangig besetzten Konferenz des militärpolitischen Think-Tanks der deutschen Regierung soll diskutiert werden, wie der vermeintlich weltweite "Exodus" aus den Ländern des globalen Südens durch das Zusammenwirken von Kriegsoperationen und staatlicher "Entwicklungshilfe" gestoppt werden kann. Bereits in der Vergangenheit hat die BAKS Flucht und Migration wiederholt als "Bedrohung" für westliche Gesellschaften betrachtet. So befasste sich ein Mitte dieses Jahres von der Denkfabrik organisierter "Bürgerdialog" mit "aktiven und präventiven Maßnahmen" zur "Sicherung der EU-Außengrenzen". Auch bei den von der BAKS und dem Reservistenverband der Bundeswehr im April veranstalteten "Königsbronner Gesprächen" war die Abwehr illegalisierter Migranten das beherrschende Thema. Passend dazu verknüpfte ein kurz zuvor von der Bundesakademie speziell für ausgewählte Journalisten anberaumter "Medientag" Fragen der "Grenzsicherung im Mittelmeer" mit "Maßnahmen zur inneren Sicherheit in Deutschland".

Vernetzter Ansatz

Wie die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) mitteilt, wird sie heute und morgen in Berlin gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine hochrangig besetzte Konferenz über die "Bewältigung der Flüchtlingskrise" veranstalten. Das "Deutsche Forum Sicherheitspolitik" wendet sich explizit an "ausgewählte Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik, Wirtschaft, Behörden und Wissenschaft" und trägt den Titel "Exodus weltweit - was kann Deutschland zur Bekämpfung von Fluchtursachen beitragen?" Als Auftaktredner sind Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und der Ressortchef des BMZ, Gerd Müller (CSU), angekündigt. Im Zentrum ihrer Ausführungen soll laut Tagungsprogramm der "vernetzte Ansatz" der deutschen "Sicherheitspolitik" stehen.Deutsches Forum Sicherheitspolitik 2016: Exodus weltweit - was kann Deutschland zur Bekämpfung von Fluchtursachen beitragen? www.dfs.bund.de. Dieser beinhaltet das Zusammenwirken von militärischen, geheimdienstlichen, polizeilichen, diplomatischen sowie entwicklungspolitischen Instrumenten im Rahmen von Interventionskriegen - und soll jetzt offenbar nicht mehr nur gegen Aufstandsbewegungen in den Ländern des globalen Südens in Anschlag gebracht werden, sondern auch gegen dort entstehende Migrationsbewegungen.

Perspektiven für Abgeschobene

Bereits anlässlich des im letzten Jahr von der BAKS veranstalteten "Deutschen Forums Sicherheitspolitik" hatte der Präsident der Akademie, Karl-Heinz Kamp, "Flüchtlingsströme" als "langfristige Gefahren" für westliche Gesellschaften definiert.Karl-Heinz Kamp: Aufforderung zum Disput. In: Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hg.): Wie sicher ist Deutschland - in einer Welt aus den Fugen? Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Konferenzband 2015. Berlin 2016. Unterstützt wurde er dabei von Bundesinnenminister Thomas des Maizière (CDU), der in seinem Referat die Einrichtung einer "europäischen Küstenwache" zur Migrationsabwehr forderte und gleichzeitig auf die enge Kooperation Deutschlands mit "Nachrichtendiensten aus der ganzen Welt" verwies, die das Ziel habe, den "Import des Terrorismus" aus den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge zu verhindern.Thomas de Maizière: Sicherheitspolitik am Küchentisch. In: Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hg.): Wie sicher ist Deutschland - in einer Welt aus den Fugen? Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Konferenzband 2015. Berlin 2016. Der Leiter der "Grundsatzabteilung" des Bundesinnenministeriums, Jörg Bentmann, verknüpfte seinerseits die "konsequente Abschiebung" von Migranten mit der "Eröffnung von Perspektiven für die Abgeschobenen in ihren Herkunftsländern" - also just mit dem Thema, das beim jetzigen "Deutschen Forum Sicherheitspolitik" unter der Bezeichnung "Bekämpfung von Fluchtursachen" aus militär- und entwicklungspolitischer Sicht behandelt wird.Hannah Neumann: Wir schaffen das - aber wie? Flucht und Migration - Auswirkungen auf Sicherheit und gesellschaftliche Stabilität. In: Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hg.): Wie sicher ist Deutschland - in einer Welt aus den Fugen? Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Konferenzband 2015. Berlin 2016.

Sicherheitsbelange

Analog äußerten sich schon 2014 hochrangige Teilnehmer des seinerzeitigen "Deutschen Forums Sicherheitspolitik"; dort wurde einerseits ein Zusammenhang zwischen Migration, politischem "Extremismus" und "organisierter Kriminalität" konstruiert, andererseits sprach man sich für die Nutzung entwicklungspolitischer Instrumente zur Flüchtlingsabwehr aus. So forderte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), die staatliche "Entwicklungshilfe" an das "Entgegenkommen" der Empfängerländer bei "Sicherheitsbelangen" zu binden - insbesondere "in puncto Verhinderung von Migration oder Radikalisierung". Auch der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der UN in Deutschland, Hans ten Feld, betonte in seinem Statement die "sicherheitspolitischen Zusammenhänge von Migration". Besonderen Wert legte er dabei auf die "effektive Bekämpfung von Schleuserbanden", da seiner Ansicht nach der begründete Verdacht besteht, "derartige Akteure könnten verdeckt Terrorismus finanzieren".Siehe dazu Flüchtlinge als "Sicherheitsrisiko" .

Präventive Maßnahmen

Während sich Konferenzen wie das "Deutsche Forum Sicherheitspolitik" gezielt an die gesellschaftlichen Eliten richten, bemüht sich die BAKS gleichzeitig, ihre migrationspolitischen Auffassungen zu popularisieren. Diesem Zweck dient neuerdings der sogenannte Bürgerdialog, bei dem laut einer Selbstdarstellung der Akademie Interessierte aus allen Teilen der Bevölkerung mit "Experten und Entscheidungsträgern" zusammengeführt werden. Die erste Veranstaltung dieser Art fand vor knapp drei Monaten statt und widmete sich der BAKS zufolge einem "Thema, das den Menschen in Deutschland und Europa wohl unter den Nägeln brennt"; diskutiert wurden "aktive und präventive Maßnahmen" zur "Sicherung der EU-Außengrenzen".Bürgerdialog: Europa - handlungsfähig nur unter Druck? www.baks.bund.de 12.07.2016. Als einschlägige Expertin fungierte dabei Tanja Gönner, Vorstandssprecherin der für die staatliche "Entwicklungshilfe" zuständigen Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die GIZ wiederum führt bereits seit geraumer Zeit "präventive Maßnahmen" in den Herkunftsländern afrikanischer Migranten durch, um zu verhindern, dass diese nach Europa gelangen. So hat die Entwicklungsagentur etwa in Niger und Mauretanien "Polizeiprogramme" implementiert, die den "Bau von Grenzstationen" und deren "Ausstattung mit moderner Ausrüstung" ebenso vorsehen wie die "Durchführung von Trainings für die Grenzbeamten".Siehe dazu Polizeiprogramm Afrika .

Zivil-militärisches Eingreifen

Präventive Migrationsabwehr war auch das beherrschende Thema bei den diesjährigen von BAKS und Reservistenverband der Bundeswehr organisierten "Königsbronner Gesprächen".Zu den "Königsbronner Gesprächen" siehe auch Antifaschistischer Deckmantel. Gefordert wurde dort einmal mehr, gemäß dem "vernetzten Ansatz" der deutschen Militärpolitik "Stabilität in die Krisenregionen zu bringen", um die dort lebenden Menschen von einer Flucht nach Europa abzuhalten.Flüchtlingskrise ist eine moralische und humanitäre Verantwortung. www.reservistenverband.de 08.04.2016. Der Journalist Mirco Keilberth, der unter anderem für den staatsfinanzierten Rundfunksender "Deutsche Welle" arbeitet, sprach sich in diesem Zusammenhang offen für eine Militärintervention in Syrien aus: "Wenn wir nicht eingreifen, endet es wie in Libyen. Und das können wir uns an der Mittelmeerküste nicht leisten." Dementsprechend stand laut Reservistenverband die Notwendigkeit eines engen "Zusammenwirken(s)" von "zivilen Helfern und Militär" bei den Teilnehmern der Veranstaltung außer Frage. Mit den Worten "Nichtregierungsorganisationen können nur gute Arbeit machen, wenn sie sich sicher fühlen", brachte der vormalige Bundeswehrgeneral und NATO-Befehlshaber Hans-Lothar Domröse diesen Konsens auf den Punkt."Das Thema ist längst nicht erledigt, wenn Rakka fällt". www.reservistenverband.de 09.04.2016.

Hilfreiche Informationen

Ausschließlich um "fachkundige Journalisten" mit "hilfreichen Informationen" über die "Zusammenhänge von Flucht, Migration und Sicherheitspolitik" zu versorgen, führte die BAKS nach eigenem Bekunden Anfang April erstmals einen "Medientag" in ihren Berliner Räumlichkeiten durch. Mehr als zwanzig Pressevertreter wurden dabei der Akademie zufolge von "praxiserfahrenen Experten" über die "Grenzsicherung im Mittelmeer", die staatlichen "Maßnahmen zur inneren Sicherheit in Deutschland" und die "Fluchtursachen in Afrika und dem Nahen Osten" aufgeklärt.Medientag der BAKS: Brüssel, Ankara und die Flüchtlinge. www.baks.bund.de 06.04.2016. Geht es nach der BAKS, sollen letztere jetzt offenbar auch von der Bundeswehr "bekämpft" werden; die propagandistischen Vorarbeiten dafür sind jedenfalls in vollem Gang.

Quelle: www.german-foreign-policy.com vom 28.09.2016.

Fußnoten

Veröffentlicht am

04. Oktober 2016

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