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Atombomben? Nein Danke?

Das Auswärtige Amt drückt sich um eine klare Ansage zu einem Verbot von Nuklearwaffen. Friedensaktivisten hoffen auf eine Kehrtwende

Von Felix Werdermann

Der Journalist Tilo Jung ist im Internet eine kleine Berühmtheit. Regelmäßig sitzt er in der Bundespressekonferenz, löchert die Sprecher der Bundesregierung, enthüllt deren Doppelmoral - und stellt das alles als Video ins Netz. Kürzlich hat er die Sprecherin des Auswärtigen Amts ins Schwitzen gebracht , mit einer scheinbar harmlosen Frage nach einem möglichen internationalen Verbot von Atomwaffen.

Die Frage ist brisant, weil sich die Bundesregierung offiziell stets für Abrüstung einsetzt, sich in den internationalen Verhandlungen aber bisher nicht mit den mächtigen Atomwaffenstaaten anlegt , die ein Verbot blockieren. Tilo Jung fragt also nach: "Im Oktober 2016 stimmen die UN-Mitgliedsstaaten darüber ab, ob ein Vertrag zum völkerrechtlichen Verbot von Atomwaffen verhandelt wird. Kennt die Bundesregierung schon ihre eigene Haltung? Also werden Sie dem zustimmen, sich enthalten oder dagegen stimmen?"

Die Sprecherin des Auswärtigen Amts weicht aus, gibt ein allgemeines Statement: "Die Bundesregierung steht für eine atomfreie Welt und wird sich in allen Foren, die es dazu gibt, in denen das Thema debattiert wird, dementsprechend positionieren und dafür einsetzen." Nachfrage: "Ich verstehe Sie richtig, (…) dass Sie dieser Abstimmung zustimmen werden, ja?" Und wieder windet sich die Sprecherin um eine klare Ansage: "Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Welt eine atomfreie Welt ist und deshalb gehe ich auch davon aus, dass wir bei dieser Abstimmung genau diese Position vertreten werden."

Zu schön um wahr zu sein

Bei Friedensaktivisten haben diese Sätze schon Hoffnung geweckt. Die deutsche Sektion der internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, ICAN, schreibt auf ihrer Website : "Es klingt zu schön um wahr zu sein." Und: "Wenn Deutschland wirklich mit Ja stimmt, wäre das eine Kehrtwende in der Politik der Bundesregierung und ein Durchbruch für den neuen Vertrag." Viele noch zögernde Staaten würden sich dann ebenfalls anschließen.

Allerdings: Gefragt wurde in der Pressekonferenz lediglich nach dem Votum zu der Einberufung von Verhandlungen. Wie sie verlaufen, und wie sich Deutschland am Ende zu einem konkreten Verbotsvertrag positioniert, steht auf einem anderen Blatt. Und selbst zur Einberufung der Verhandlungen hat sich die Regierung nicht ganz so eindeutig positioniert. Auch ICAN hat Zweifel, ob es wirklich so gemeint war wie man es beim Ansehen der Pressekonferenz vermuten würde.

Bundesbürger sind für ein Verbot

Die Organisation zitiert aus einem Statement des deutschen Abrüstungsbotschafters: "Jeder weitere Schritt der nuklearen Abrüstung muss (…) die Zustimmung der Staaten haben, die Atomwaffen tatsächlich besitzen." Ein Verbot ist damit praktisch ausgeschlossen. Der Botschafter wird sogar sehr konkret: "Unserer Ansicht nach würde ein Verbotsvertrag nur riskieren, die Spaltung zwischen Atomwaffenstaaten und Nichtatomwaffenstaaten zu vertiefen."

Dazu passt, dass Deutschland jetzt in einer UN-Arbeitsgruppe gegen die Aufnahme von Verbotsverhandlungen votiert hat. Die Mehrheit in dem Gremium hat aber für den Bericht gestimmt , der der UN- Vollversammlung empfiehlt, die Verhandlungen zu beschließen. Wie wird sich Deutschland dann in der Vollversammlung verhalten? Vor der Abstimmung in der UN -Arbeitsgruppe auf Nachfrage des Freitags lediglich zu hören, dass sich Deutschland "unverändert" für das Ziel einer atomwaffenfreien Welt einsetze und sich "aktiv an allen Gesprächen und Verhandlungen zu diesem Thema" beteilige.

Vielleicht klingt das einfach besser als die Ankündigung, einen Verbotsvertrag weiter zu blockieren. Zumal ICAN vor wenigen Tagen eine Online-Petition für ein Verbot an den Außenminister Frank-Walter Steinmeier gerichtet hat. Mehr als 1.000 Menschen haben bereits unterzeichnet. Und sie haben großen Rückhalt in der Bevölkerung: Wie eine repräsentative Forsa-Umfrage im März ergeben hat , sind die Bundesbürger mit einer großen Mehrheit von 93 Prozent für ein völkerrechtliches Verbot von Atomwaffen.

Quelle: der FREITAG vom 22.08.2016. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Veröffentlicht am

23. August 2016

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