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NATO-Auftrag: Flüchtlingsabwehr in der Ägäis

Von Martin Singe (Referent im Komitee für Grundrechte und Demokratie)

Ganz schnell hat die NATO Mitte Februar auf Anregung von Frau Ministerin von der Leyen eine Mission zur Flüchtlingsabwehr in der Ägäis beschlossen. Die NATO solle zur Eindämmung der unkontrollierten Migration nach Europa beitragen. Von der Leyen hatte beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister am 10./11. Februar deutlich gemacht, dass Deutschland sich auf keinen Fall auf einen Einsatz einlassen wolle, der den Weg nach Griechenland und damit in die EU sicherer mache. Der Auftrag lautet, Informationen über Flüchtlingsbewegungen an die griechischen und türkischen Behörden sowie an FRONTEX weiterzugeben. Falls dann doch  Flüchtlinge gerettet werden sollten, sollen sie umgehend in die Türkei zurückverfrachtet werden. Das soll selbst dann geschehen, wenn sie bereits in griechischen Hoheitsgewässern sind.

Seit Ende Februar sind nun vier Kriegsschiffe der NATO im Einsatzgebiet der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland unterwegs. Der Marineverband fährt unter deutscher Führung. Die "Bonn" führt den Einsatz als Flaggschiff. Abschreckung von Flüchtlingen und Flüchtlingshelfern ist das zentrale Ziel. Das Parlament wurde mal wieder nicht mit diesem NATO-Einsatz der "Parlamentsarmee" befasst.

Aus Protest gegen dieses menschenrechtswidrige Projekt haben Friedensgruppen aus Bonn und anderswo  einen Bürgerantrag an den Rat der Stadt Bonn formuliert. Dieser soll die Bundesministerin für Verteidigung ersuchen, darauf hinzuwirken, dass der Einsatzgruppenversorger "Bonn" aus dem derzeitigen NATO-Einsatz zur Flüchtlingsabwehr in der Ägäis herausgelöst und dieser Mission entzogen wird. Sollte dem nicht entsprochen werden, soll sich der Rat der Stadt Bonn dafür einsetzen, dass dem Schiff der Name "Bonn" bzw. die Patenschaft der Stadt Bonn entzogen wird. "Flüchtlingsabwehr geschieht nicht in unserem Namen!" - schreiben die Initiatoren in dem Aufruf.

Als die italienische Mission "Mare Nostrum" im Oktober 2014 beendet wurde, wurde beklagt, dass bei diesem Einsatz viel zu viele Flüchtlinge gerettet wurden: "Mare Nostrum hat sich als Brücke nach Europa erwiesen", kommentierte de Maizière das Ende von Mare Nostrum. Die Nachfolgemission Triton, die vor allem vor Libyen operiert, hat eindeutig den Auftrag der Flüchtlingsabwehr.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat anlässlich des neuen Ägäis-Einsatzes vor einem Bruch der Menschenrechte gewarnt: Die Türkei dürfe nicht als "sicherer Drittstaat" eingestuft werden, da dort Schutzsuchenden Menschenrechtsverletzungen bis hin zur willkürlichen Inhaftierung und Abschiebung in die Krisenregionen, z.B. Syrien und Irak, drohen. Die Türkei hat die Genfer Flüchtlingskonvention nur mit Vorbehalten unterzeichnet. Kurden werden von der Regierung unterdrückt und mit Gewalt und Krieg überzogen.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Bundespolizei wegen juristischer Bedenken innerhalb der Bundesregierung Anweisung erhalten haben soll, keine Flüchtlinge aus Griechenland oder griechischen Gewässern in die Türkei zurückzuschieben. Dem NATO-Einsatz liegt eine gegenteilige Rechtsauffassung zugrunde. De Maizière hat Kritik an den Rückschiebungen am 10. März zurückgewiesen. "Ich bin sicher, dass alle diese rechtlichen Themen bis zum Gipfel nächste Woche zufriedenstellend gelöst werden können", so der CDU-Politiker.

Das entsetzliche Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer muss beendet werden durch die Schaffung von sicheren Fluchttransitwegen. Hier liegt Europas Verantwortung, nicht in der militärischen Flüchtlingsabwehr. Der NATO-Ägäis-Einsatz ist wegen seines menschenrechtswidrigen Auftrags abzubrechen.

Solange die politische Forderung nach sicheren und legalen Fluchtwegen nach Europa und eine koordinierte europäische Seenotrettung für Flüchtlinge nicht umgesetzt sind, bleibt außer politisch dringlich nötigem Protest nur die Möglichkeit, die privaten Seerettungsmissionen auch mit Spenden zu unterstützen, wie z.B. Sea-Watch und SOS Mediterranee . Beide Organisationen sprechen sich untereinander über ihre Einsätze ab. Inzwischen konnten so schon Hunderte im Meer gestrandete Flüchtlinge gerettet werden.

Der Bonner Bürgerantrag gegen den Ägäis-Einsatz der NATO kann auch von Gruppen und Menschen unterzeichnet werden, die nicht in Bonn wohnen. Kontakt: martinsinge@grundrechtekomitee.de

Quelle: Komitee für Grundrechte und Demokratie - 17.03.2016.

Veröffentlicht am

17. März 2016

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