Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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“Versuchen zu verstehen, wo wir selber Teil dieser Probleme sind”

Von Michael Schmid (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 83 vom Dez. 2014 Der gesamte Rundbrief Nr. 83 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 556 KB)

Liebe Freundinnen und Freunde,

dieser Herbst war für unser Lebenshaus bereits ziemlich ereignisreich. So fand zunächst im Oktober unsere Tagung "We shall overcome!" im evangelischen Gemeindehaus in Gammertingen statt, die wiederum großen Zuspruch fand. 45 Menschen nahmen am Samstag an der ganztägigen Veranstaltung teil. Dafür waren sie teilweise von sehr weit her auf die Schwäbische Alb gekommen, zum Beispiel aus Bremen, Essen, Frankfurt/Main, Stuttgart oder Lindau.

In den drei Hauptreferaten gaben Dr. Martin Arnold, Jutta Sundermann und Roland Blach mit großer Offenheit Einblick in ihr jeweiliges persönliches Engagement. Dabei wurden drei sehr unterschiedliche Lebenswege sichtbar, die zum Nachdenken anregten und gleichzeitig den meisten Anwesenden auch Mut machten. Axel Pfaff-Schneider berichtet in diesem Rundbrief ausführlich über die drei Referierenden.Siehe Lebenshaus-Tagung 2014 "We shall overcome" .

Beim Kabarett am Samstagabend brachte Peter Grohmann die über 50 Anwesenden sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken. Am Sonntag waren dann über 20 Menschen bei einer Wanderung auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen mit dem Truppenübungsplatz-Guide Andreas Jannek unterwegs.

Aufgrund des wie im vergangenen Jahr wieder sehr positiven Echos sehen wir uns darin bestärkt, für den Herbst 2015 erneut ein ähnliches Angebot vorzubereiten.

Ökumenische FriedensDekade: Zumach-Veranstaltungen und Friedensgottesdienst

Kaum war das Tagungs-Wochenende vorbei, standen intensive Vorbereitungen für verschiedene Veranstaltungen während der Ökumenischen FriedensDekade 2014 an. Denn in der ersten Novemberhälfte hatten wir zwei Vortragsveranstaltungen mit einem hochkarätigen Referenten: Andreas Zumach, Journalist, Publizist und Vortragsreisender in Sachen Frieden. Am 5. November in Riedlingen lautete das Thema: "Die Waffen nieder oder Fortsetzung des Kalten Krieges?", am Tag darauf in Gammertingen ging es um "Israel und Palästina - der schwierige Weg zu Gerechtigkeit und Frieden".

Die differenzierten Ausführungen von Andreas Zumach zu zwei Konflikten, welche die Weltpolitik nachhaltig beeinflussen, stießen jeweils auf ein sehr interessiertes Publikum. Nach den Vorträgen wurden noch zahlreiche Fragen an den Referenten gestellt oder in Redebeiträgen auf verschiedene weitere Aspekte hingewiesen.

Da uns Andreas Zumach versichert hat, dass er gerne wieder zu uns kommen würde, wird das wohl nicht sein letzter Abstecher auf die Schwäbische Alb gewesen sein.

Es hat schon eine jahrelange Tradition, dass Mitglieder des Lebenshauses während der bundesweiten Ökumenischen FriedensDekade an einem Friedensgottesdienst in der evangelischen Kirche in Gammertingen mitwirken. Ganz neu war aber dieses Jahr unsere Mitwirkung an einem Ökumenischen Bittgottesdienst für den Frieden, der in der katholischen Kirche in Gammertingen mit dem Dekade-Motto "Befreit zum Widerstehen!" stattfand. Naja, und warum ist das besonders erwähnenswert, könnte gefragt werden. Nun für unsere Gammertinger Verhältnisse kann hier schon von etwas Besonderem gesprochen werden, denn eine seit Jahrzehnten bestehende Barriere in der Zusammenarbeit seitens der örtlichen katholischen Kirchengemeinde mit dem Lebenshaus wurde hier überwunden. Kleine Schritte der Annäherung…

Mauerfall und Mauerbau

Vor einem Vierteljahrhundert ist die Berliner Mauer gefallen und der Eiserne Vorhang geöffnet worden. Diese historischen Ereignisse sind nicht durch Gewalt oder gar Militär ermöglicht worden, sondern durch gewaltlose Proteste der Bürgerinnen und Bürger.

Innerhalb Europas sind zwar Mauern gefallen, aber an den EU-Außengrenzen wurde eine Mauer aus Stacheldraht, Überwachungskameras und dem Grenzschutz Frontex errichtet. Jahr für Jahr wird die Polizei besser ausgerüstet, um die "Festung Europa" vor einem angeblichen "Sturm auf die Grenzen" zu schützen. Denn die Staaten der EU setzen auf die Abwehr von Schutzsuchenden, Migrantinnen und Migranten.

Ein Teil der Flüchtlinge wird schon jenseits des Mittelmeeres in Auffanglager gesteckt. Und wie viele Menschen bei ihrem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen, zu Tode kamen, kann niemand genau sagen. Weit über 20.000 Menschen waren es jedenfalls bereits in diesem Jahrhundert, die auf ihrem Fluchtweg ertrunken sind. Wie aussichtslos muss die Lage in ihrer Heimat sein, dass diese Menschen die Gefahr, im Meer zu ertrinken, in Kauf nehmen?

Und nun zeigen neue Daten des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) "einen alarmierenden Anstieg von irregulären Überfahrten über das Mittelmeer nach Europa im dritten Quartal 2014. Danach haben auf diese Weise 90.000 Menschen Europa zwischen dem 1. Juli und 30. September 2014 erreicht, mindestens 2.200 Menschen starben bei dem Versuch. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum des Vorjahres wurden 75.000 Menschen und 800 Tote gezählt. Mit anderen Worten: Das Risiko, sein Leben bei der gefährlichen Überfahrt zu verlieren, hat sich statistisch gesehen verdoppelt. Seit Beginn dieses Jahres haben insgesamt 165.000 Menschen die Fahrt über das Mittelmeer gewagt. Im gesamten Vorjahr waren es 60.000. Das Jahr 2014 hält so einen traurigen Rekord und ist Ausdruck der tiefen Verzweiflung der Betroffenen." (UNHCR, Nachrichten vom 02.10.2014)

Viele der EU-Staaten reagieren kaltherzig, desinteressiert, gleichgültig und gnadenlos auf die humanitäre Katastrophe. Denn für Schutzsuchende werden nicht etwa gefahrenfreie Wege zur Einreise eröffnet oder zumindest die Seenotrettung ausgebaut. Im Gegenteil, Italien seine Seenotrettungsoperation "Mare Nostrum" wieder beenden, mit der seit Oktober 2013 mehr als 150.000 Menschenleben gerettet wurden. Sie soll durch eine europäische Frontex-Operation ersetzt und dabei das Rettungsgebiet dann drastisch verkleinert werden. Die finanziellen Mittel der Frontex-Operation liegen bei nur einem Drittel der Kosten für "Mare Nostrum". Es ist damit absehbar: Noch mehr Menschen werden sterben.

Ist das Abweisen Ertrinkender und Verdurstender vor unser aller Augen, an den Rändern unserer satten Länder, kein Verbrechen? Was muss noch geschehen, um dieses Massaker zu stoppen? Wann rütteln die zigtausenden Toten Europa, die Politikerinnen und Politiker in den EU-Staaten, wann rütteln sie uns wach?

"Wir können nicht alle Probleme dieser Welt lösen!"

Dieser Spruch ist oft zu hören. Aber das brauchen wir auch nicht - alle Probleme der Welt lösen. Weltweit sind derzeit über 51 Millionen Menschen auf der Flucht, und davon suchen nur wenige Hunderttausend Menschen Asyl in der EU. Arme Länder wie Pakistan, Libanon oder Kenia leisten durch ihre Aufnahmebereitschaft den allergrößten humanitären Beitrag für Flüchtlinge. Und da sollte es angesichts der vielen Krisenherde weltweit für Europa nicht selbstverständlich und möglich sein, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen als bisher?

"Wir können nicht alle Probleme dieser Welt lösen!" - Aber es wäre in einem ersten Schritt zumindest möglich, versuchen zu verstehen, wo wir selber Teil dieser Probleme sind. Wir sollten fragen: Was haben wir in Europa damit zu tun, dass Menschen in anderen Regionen dieser Erde, insbesondere in Afrika, ihre Familien nicht mehr ernähren können, dass junge Menschen keine Zukunftsperspektive sehen - durch ungerechte Marktbedingungen, Klimaveränderungen, Ausbeutung der Rohstoffe ihres Landes, ethnische Auseinandersetzungen, korrupte Regierungen? Wo wird mit deutschen Rüstungsexporten Krieg geführt? Wir werden entdecken, dass wir viel damit zu tun haben! Natürlich nicht alle in gleichem Maße. Die Kluft zwischen Reich und Arm wirkt sich nicht nur innerhalb unserer Gesellschaft, sondern auch hinsichtlich ungleicher Vorteilnahme aus ungerechten globalen Verhältnissen aus.

Und was wäre, wenn Deutschland bei der Wahrnehmung seiner internationalen Verantwortung statt mit Kriegseinsätzen auf die Mittel ziviler Konfliktbearbeitung setzen und Rüstungsexporte verbieten würde? Was, wenn wir mit einer gerechten Wirtschaftspolitik und der Stärkung des fairen Handels soziale Gerechtigkeit in und unter allen Völkern fördern und vor allem die Kluft zwischen Arm und Reich überwinden würden? Was wäre, wenn wir gemeinsam dazu beitragen wollten, dass Migranten und Migrantinnen, Flüchtlinge und Asylsuchende in Europa menschenwürdig aufgenommen werden?

Bereichernde Begegnungen mit Menschen fremder Kulturen

Als Lebenshaus versuchen wir im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten und gemeinsam mit vielen anderen, uns für eine Überwindung von Fluchtursachen einzusetzen. Doch da die Gründe, welche Menschen dazu bringen, ihre Heimat gezwungenermaßen zu verlassen, weiter bestehen, setzen wir uns ein gegen eine Politik der Abschottung und Abhaltung und gegen eine Asylpraxis, die vielfach menschenunwürdig ist.

Seit über zwei Jahrzehnten sind wir in ständigem Kontakt mit Menschen gewesen, die ihre Heimat verlassen mussten. Sei es wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit, sei es vor den Folgen von Krieg oder auf der Flucht vor Gefängnis, Folter und Tod. Sei es, um wirtschaftlicher Misere zu entkommen. Menschen beispielsweise aus Iran und Irak, aus Kosovo und der Türkei, Ukraine und Pakistan, aus Kenia und Sudan - und vielen weiteren Ländern. Zumeist sind wir bei solchen Begegnungen zunächst in der Rolle derjenigen, die unterstützen und helfen. Aber die Rollenverteilung ist nie ganz einseitig. Für uns gibt es viele bereichernde Begegnungen mit interessanten Menschen aus anderen Ländern. Wir lernen viel über deren politischen Systeme, über Bräuche, Sprachen und das Funktionieren von Großfamilien. Wir staunen über Menschen, was sie auf ihrem Weg, von dem sie sich ein besseres Leben erhoffen, alles durchmachen. Und trotz aller Schwere oft ihren Mut und ihre Lebensfreude nicht verlieren. Begegnungen mit Menschen aus anderen Kulturen können für alle Seiten bereichernd sein.

Bedanken möchte ich mich ganz herzlich bei allen Menschen, die unser Engagement mit dem Lebenshaus unterstützen und begleiten. Ob finanziell, ob durch guten Zuspruch, durch direkte Beteiligung. Das macht Mut und tut gut! Herzlichen Dank für Ihre und Eure Solidarität!

Ich wünsche Ihnen und Euch einen gesegneten Advent, frohe Weihnachtstage, ein friedvolles neues Jahr 2015 und guten Lebensmut!

Herzliche Grüße

Euer / Ihr

Michael Schmid

Stärken Sie Lebenshaus Schwäbische Alb für sein weiteres Engagement

Wir wollen uns weiter für gerechten Frieden und eine lebensfähige und lebenswerte Mitwelt engagieren. Dafür bitten wir um Ihre/Deine Unterstützung.

Unsere Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, Aktionen und Veranstaltungen kosten ebenso Geld wie die Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, die Personalkosten für eine 30-Prozent-Teilzeitstelle und einen Minijob sowie der Unterhalt für ein Gebäude, in dem ein beträchtlicher Teil unserer Aktivitäten stattfindet. Dazu kommt, dass wir die durch das Lebenshaus-Gebäude bestehenden Schulden weiter abbauen möchten.

Unsere Finanzierungslücke bis zum Jahresende ist seit unserem Brief vom Herbst 2014 dank der Unterstützung von vielen Menschen schon geringer geworden. Dennoch haben wir mit Stand vom 19.11. noch einen Bedarf von rund 20.000 € bis Ende 2014. Wir bitten herzlich darum, uns entsprechend Ihren/Deinen Möglichkeiten dabei zu unterstützen, diese Lücke zu schließen.

Jede Spende - groß oder klein -, jede Fördermitgliedschaft und jedes (zinslose) Darlehen hilft!

Förderlich für unsere Arbeit über das Jahresende hinaus wären auch regelmäßige Spenden. Entweder ganz allgemein für unsere Arbeit oder auch zweckgebundene Spenden für den Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit". Aus letzterem wird die Teilzeitstelle des Referenten für Friedensfragen Michael Schmid finanziert. Hier besteht nach wie vor eine relativ große Finanzierungslücke. Näheres ist unserem letzten Rundbrief Nr. 82 zu entnehmen oder bei uns zu erfragen oder auf unserer Website www.lebenshaus-alb.de  z.B. unter Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit" nachzulesen.

Für regelmäßige Spenden bitten wir um die Einrichtung eines Dauerauftrags oder um die Erteilung einer Einzugsermächtigung.

Hilfreich wären für uns auch Menschen, die zum Beispiel für das Lebenshaus die Sammlung einer Kollekte in ihrer Kirchengemeinde vermitteln. Oder die einen persönlichen Anlass wie etwa einen runden Geburtstag, eine Silberhochzeit, eine Examensfeier, etc. nutzen, um Spenden für unser Projekt zu sammeln.

Eine weitere, ganz besondere Weise der Unterstützung könnte darin bestehen, schon jetzt durch ein Vermächtnis in Ihrem/Deinem Testament festzulegen, dass aus Ihrem/Deinem Nachlass eine bestimmte Geldsumme für das Lebenshaus zur Verfügung gestellt wird. Wir bitten um Kontaktaufnahme, falls es hierzu Fragen gibt.

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Fußnoten

Veröffentlicht am

10. Dezember 2014

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