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USA: Immer auf Obama

Am 4. November sind Kongresswahlen. Wenn sie ihre Wähler nicht überproportional mobilisieren, verlieren die Demokraten

Von Konrad Ege

Erst in Syrien, dann im Irak, jetzt auch noch bei Ebola, der Präsident macht alles falsch, geben sich die Republikaner überzeugt. Ihnen nahestehende Milliardäre investieren Millionen. Der US-Zwischenwahlkampf befindet sich auf der sprichwörtlichen Zielgeraden. Unterm Strich sieht es nach "fast alles wie gehabt" aus. Das heißt, nach einem Erfolgstrend für die Regierungsgegner, wenn am 4. November die Stimmen gezählt werden. Das gesamte Repräsentantenhaus und 36 der 100 Senatoren werden an diesem Tag gewählt, dazu 36 Gouverneure. Es findet sich keine einzige Umfrage, nach der die Demokraten wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus bekämen, das seit 2010 mit 233 zu 199 Stimmen (drei Mandate sind vakant) im Griff der Republikaner ist.

Barack Obama gewann 2012 mit einer neuen Koalition junger, weiblicher, städtischer, sozial toleranter, afroamerikanischer und hispanischer Wähler. Bei den Weißen kam er auf gerade 39 Prozent. Diese Obama-Mehrheit ist inzwischen in vielen der 435 Wahlkreise die Minderheit, was teils dem redistricting zu verdanken ist, bei dem auf Basis der jüngsten Volkszählung alle zehn Jahre die Grenzen neu gezogen werden. Dabei machen beide Parteien Machtpolitik. Letztmals wurde der Zuschnitt der Wahlkreise nach den Zwischenwahlen von 2010 festgelegt, als die Republikaner stattliche Erfolge einfahren konnten. Vor dem jetzigen Votum haben laut Brennan Center die Republikaner das redistricting in 18 Staaten kontrolliert, die Demokraten in sechs. In 19 Staaten entschieden überparteiliche Gremien, sieben sind so bevölkerungsarm, dass sie nur einen Wahlbezirk haben. Aber nicht nur das redistricting bewahrt Enklaven - die Amerikaner sortieren sich auch selbst, wie die New York Times nachrechnet: Die USA seien zunehmend aufgeteilt in politisch liberale Städte und nahe Vorstädte einerseits sowie die weiter entfernten Vorstädte und das Land andererseits.

Alle Augen richten sich am Wahltag auf den Senat. Kippen dort die Machtverhältnisse nach rechts? Ein Schreckensszenario für die Demokraten, doch wohl keine Apokalypse: Das Repräsentantenhaus setzt so oder so auf Blockade. Im Senat saßen bisher 53 Demokraten plus zwei Unabhängige, die für Obama stimmten, 45 Republikanern gegenüber. 21 der 36 zur Wahl stehenden Senatorensitze wurden von Demokraten gehalten. Etwa zehn demokratische Staaten gelten als Wackelstaaten, darunter Montana, North Carolina, Alaska, West Virginia, Arkansas und Louisiana. Nur in Kentucky, Georgia und Kansas sind republikanische Sitze gefährdet.

Viele demokratische Bewerber gehen auf Distanz zu Obama. Michelle Nunn und Alison Lundergan Grimes, Hoffnungsträgerinnen in Georgia beziehungsweise Kentucky, wollen nicht verraten, ob sie 2012 Obama gewählt haben. Wahlgeheimnis, sagt Grimes. Ganz anders Bill Clinton. Die Republikaner, warnt der Ex-Präsident, schürten Ressentiments gegen Obama, den sie für jedes schlechte Ereignis verantwortlich machten.

Kostspielig wie nie

Ansonsten bieten die Republikaner wenig Konkretes. Selbst die Kampagne gegen die Gesundheitsreform wurde gedrosselt: Die Reform läuft; dadurch wurden Millionen Menschen krankenversichert. Ein bisschen auf Zehenspitzen gehen die Republikaner bei der Gesellschaftspolitik: Sie nehmen zur Kenntnis, dass die Homo-Ehe in den USA zusehends zur Realität wird. Dennoch sind die Prognosen für die Demokraten nur bei den Gouverneursvoten günstig: 36 müssen sich zur Wahl stellen, 22 Republikaner und 14 Demokraten. Umfragen gehen von demokratischen Zugewinnen aus.

Nach Angaben des Center for Responsive Politics ist die laufende Kampagne mit erwarteten Auslagen von knapp vier Milliarden Dollar der kostspieligste Zwischenwahlkampf in der US-Geschichte. Bei den Geldgebern zeigt sich keine klare Linie: Die Republikaner hätten einen Spendenvorsprung von etwa 150 Millionen Dollar. Auch die Demokraten haben einen großzügigen Milliardär. Der frühere Hedgefonds-Manager Tom Steyer habe 55 Millionen lockergemacht für klimabewusste Kandidaten, vermerkt die Pro-Transparenz-Organisation Sunlight Foundation. Die Gebrüder Koch mit ihren unternehmerfreundlichen Lobbygruppen geben Medienberichten zufolge mehr als 100 Millionen.

Gut ein Dutzend republikanisch regierte Staaten haben seit 2010 Gesetze, um das Wählen zu erschweren. "Um Wahlbetrug zu verhindern", sagen die Republikaner, ein Problem, das freilich nicht existiert: durch neue Ausweispflichten und eine beschränkte Briefwahl. Studien zeigen, dass Bürger aus den unteren Einkommensschichten, Minderheiten und junge Menschen am meisten betroffen sind. Chancen haben die Demokraten am 4. November nur, wenn ihre Anhänger in deutlich höherem Maße zu den Urnen gehen als die der Republikaner. Möglicherweise wird es dauern, bis Ergebnisse feststehen: In Georgia und Louisiana könnte es zu Stichwahlen kommen. In Kansas hat offenbar der unabhängige Greg Orman gute Chancen, von dem man nicht weiß, ob er im Senat mit den Demokraten oder den Republikanern stimmen wird. In Alaska dauerte die Auszählung bei der letzten Senatswahl zwei Wochen. Und sollte es knapp werden: Rechtsanwälte stehen bereit zum Kampf um jeden Stimmzettel.

Quelle: der FREITAG vom 03.11.2014. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

03. November 2014

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