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Der Kampf um Afrika

Die bundesdeutsche Wirtschaft verlangt von der Politik eine intensivere Unterstützung bei der Erschließung des "Chancenkontinents Afrika" gegen die Konkurrenz aus China und anderen BRICS-Ländern. Weil sie parallel zu den ersten globalen Einflussverlusten des Westens immer mehr Boden auf dem afrikanischen Kontinent verlieren, dringen deutsche Unternehmen auf eine größere Zahl an Hermes-Kreditversicherungen, mehr Doppelbesteuerungsabkommen sowie generell auf "eine stärkere politische Flankierung der deutschen Industrie in Afrika". Ein Bauwirtschafts-Verband fordert ausdrücklich, künftig die Vergabe von Entwicklungs-Geldern an Aufträge für deutsch-europäische Firmen zu knüpfen. Die Bundesregierung signalisiert Bereitschaft, die Forderungen umzusetzen; die "Kreditanstalt für Wiederaufbau" und andere öffentliche Banken bemühen sich derweil, die Expansionsbestrebungen deutscher Firmen durch eine Ausweitung des Kredit-Geschäfts zu unterstützen.

Geringer Marktanteil

2012 beliefen sich die ausländischen Direktinvestitionen in Afrika insgesamt auf 50 Milliarden US-Dollar. Bundesdeutsches Kapital fließt jedoch nur spärlich dorthin. Der Marktanteil bundesdeutscher Unternehmen auf dem Kontinent beträgt gerade einmal zwei Prozent, während deutsche Firmen im globalen Maßstab auf acht Prozent kommen. "Das zeigt, dass es da eine Lücke zu schließen gilt. Andere Länder sind da schon viel präsenter", meint Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des "Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft".Deutsche Wirtschaft: Angst vor Investitionen in Afrika. www.dw.de. Besonders bei großen Infrastruktur-Projekten gehen deutsche Konzerne Kannengießer zufolge oft leer aus. 2012 beklagte der "Hauptverband der deutschen Bauindustrie" (HDB) ein Absinken des Geschäftsvolumens um 30 Prozent auf 460 Millionen Euro. "Der Kampf um Afrika ist gegen China weitgehend verloren", konstatiert HDB-Präsident Thomas Bauer.Deutsche Bauherren abgeschnitten vom Abenteuer. Frankfurter Allgemeine Zeitung 19.04.2014.

Stärkere politische Flankierung

Darum mahnen die Interessensvertretungen intensivere Aktivitäten der Bundesregierung an. "Eine stärkere politische Flankierung der deutschen Industrie in Afrika würde sich positiv auf die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen auswirken", hält etwa der "Bundesverband der deutschen Industrie" (BDI) fest.BDI-Forderungen zur 18. Legislaturperiode. www.bdi.de. Auf Kritik stößt vor allem die Praxis, wegen des hohen Ausfall-Risikos keine Hermes-Kreditversicherungen für direkte Geschäfte mit Ländern wie Nigeria zu gewähren, die in der Vergangenheit nur durch Schuldenschnitte vor einem Staatsbankrott bewahrt werden konnten. Ohne eine solche Absicherung schrecken die bundesdeutschen Unternehmen nämlich davor zurück, sich an Ausschreibungen für große Infrastruktur-Projekte etwa im Straßenbau zu beteiligen.

Da die Konzerne zur Gewinnung von Aufträgen oft Tochterfirmen vor Ort gründen müssen, verlangen sie überdies die Einbeziehung "örtlicher Kosten" in die Zahlungsausfall-Rechnung. "Deshalb sollte die Gewährung der staatlichen Hermes-Deckung künftig stärker von einem ‘deutschen Interesse’ abhängig gemacht werden, das über die Kriterien ‘Lieferung aus Deutschland’ und ‘deutscher Anteil an der Lieferung’ hinausgeht", heißt es dazu in den "BDI-Forderungen zur 18. Legislaturperiode".BDI-Forderungen zur 18. Legislaturperiode. www.bdi.de. Der Bauindustrie-Verband HDB tritt darüber hinaus dafür ein, die Umweltstandards nicht weiter zu verschärfen, auf deren Einhaltung sich die Konzerne verpflichten müssen, die Kreditausfall-Versicherungen in Anspruch nehmen. Ein solcher Schritt würde die wegen der Auflagen ohnehin schon bestehenden Wettbewerbsnachteile gegenüber China und anderen BRICS-Ländern noch vertiefen, warnt die Branche.Petita des Hauptverbandes zur Exportkredit-Versicherung. www.bauindustrie.de.

Mehr Reisediplomatie

Es stehen jedoch noch weitere Punkte auf der Agenda. So verlangt der HDB eine Dienstverpflichtung der Entwicklungshilfe-Politik: Er will die Vergabe bestimmter Gelder in Zukunft mit der Auflage verbunden sehen, deutsche oder europäische Firmen mit der Durchführung der Projekte zu betrauen. Der BDI drängt zur Erschließung des "Chancenkontinents Afrika" auf den Abschluss weiterer Doppelbesteuerungsabkommen, die den weitgehend steuerfreien Rücktransfer von Gewinnen ins Heimatland ermöglichen sollen. Der "Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft" schließlich wünscht sich mehr Staatsbesuche bundesdeutscher Politiker auf dem Kontinent. Eine solche Reisediplomatie sei nötig, um dem Interesse der deutschen Wirtschaft an Afrika auch von politischer Seite her glaubhaft Ausdruck zu verleihen, betonte sein Hauptgeschäftsführer Kannengießer gegenüber der Deutschen Welle.Deutsche Wirtschaft: Angst vor Investitionen in Afrika. www.dw.de.

Potenzial der afrikanischen Märkte erschließen

Die Große Koalition signalisiert Handlungsbereitschaft. Die neuen "Afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung" erkennen bei den Hermes-Kreditversicherungen einen Reformbedarf und empfehlen in einem Abschnitt mit der Überschrift "Das Potenzial der afrikanischen Märkte für die deutsche Wirtschaft erschließen", auch für Geschäfte mit "Heavily Indebted Poor Countries" (HIPC) Garantien zu gewähren. Entsprechende Gespräche zwischen dem Auswärtigen Amt und Wirtschafts-, Finanz- und Entwicklungshilfeministerium über eine Veränderung der "Länderbeschlusslagen" laufen bereits seit geraumer Zeit. Auch zu einer stärkeren Ausrichtung der Entwicklungshilfe-Politik auf die Interessen der Export-Unternehmen bekennen sich die Leitlinien: "Wirkungen der Maßnahmen von Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung wollen wir in Afrika durch bessere Vernetzung wechselseitig erhöhen."Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung. www.bundesregierung.de.

Innovative Finanzierungsformen

Zudem gibt es Anstrengungen, die Finanzierungsmöglichkeiten für Afrika-Geschäfte auszuweiten. Die staatliche "Kreditanstalt für Wiederaufbau" (KfW) hat über die Ipex-Bank und die "Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft" (DEG) das Kredit-Volumen für entsprechende Transaktionen deutlich erhöht. "Bislang vergibt die DEG erst zehn Prozent ihrer Kredite an deutsche Unternehmen, das würden wir gerne verdreifachen, vervierfachen", sagt der KfW-Vorstandsvorsitzende Ulrich Schröder.Förderbank KfW forciert ihr Auslandsgeschäft. Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.05.2014. Der DEG-Sprecher Bruno Wenn hält dabei Eile für geboten: "Wenn die deutsche Wirtschaft dort weiter wartet, werden diese Märkte von Unternehmen aus Schwellenländern besetzt."Die Welt sucht neue Ziele im Kampf gegen die Armut. Frankfurter Allgemeine Zeitung 24.04.2014.

Verdoppelung des Handelsvolumens

Die Europäische Investitionsbank" (EIB), welcher der FDP-Politiker Werner Hoyer vorsitzt, engagiert sich ebenfalls verstärkt auf diesem Gebiet. Für die Finanzperiode 2014 bis 2020 stellte er auf der vom "Afrikaverein der deutschen Wirtschaft" abgehaltenen "Africa Finance-Konferenz" noch einmal einen größeren finanziellen Spielraum in Aussicht. Der Vorsitzende des Afrikavereins, Stefan Liebing, zeigte sich denn auch äußerst zufrieden mit dem Verlauf der Tagung: "Wir sind der Überzeugung, dass sich mit innovativen Finanzierungsformen der deutsche Handel und die deutschen Direktinvestitionen mit und in Afrika schon in den nächsten fünf Jahren verdoppeln könnten."Afrikageschäfte finanzierbar machen. www.afrikaverein.de.

Quelle: www.german-foreign-policy.com   vom 24.07.2014.

Fußnoten

Veröffentlicht am

29. Juli 2014

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