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Leonardo Boff: Können wir inmitten von Angst und Schrecken unserer Tage noch lächeln?

Von Leonardo Boff

In meinem langen theologischen Werdegang standen für mich von Anfang an, d. h. seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, stets zwei Themen im Mittelpunkt, denn sie repräsentieren einzigartige Vorstellungen, die nur dem Christentum eigen sind: die Auffassung von Gott als einer gemeinschaftlichen Struktur (Trinität) und die Vorstellung der Auferstehung vom Tode. Ließen wir diese beiden Themen außer Acht, würde sich quasi nichts am traditionellen Christentum ändern. Dieses predigt vor allem den Monotheismus (ein einziger Gott) wie im Judentum oder im Islam. Und anstelle der Auferstehung bevorzugt es die platonische Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele. Dies ist ein bedauernswerter Verlust, denn damit hören wir auf, etwas Besonderes zu bekennen, ich würde sogar fast sagen, etwas exklusiv Christliches, das voller Freude und Hoffnung ist und einen innovativen Sinn für die Zukunft besitzt.

Gott ist nicht die Einsamkeit des Einen, der Schrecken von Philosophen und Theologen. Er ist vielmehr die Gemeinschaft dreier Einziger, die, da sie einzigartig sind, nicht Zahlen sind, sondern eine dynamische Bewegung von Beziehungen zwischen Verschiedenen, wie auch ewigen und unendlichen Beziehungen. Diese sind so intim und ineinander verwoben, dass sie die Existenz von drei Göttern ausschließen, vielmehr handelt es sich um eine einzige Gott-Liebe-Gemeinschaft, die sich miteinander in Kommunikation befindet. Unser Monotheismus ist trinitarisch, nicht aber a-trinitarisch oder prä-trinitarisch. Darin unterscheiden wir uns von den jüdischen, moslemischen und anderen monotheistischen Traditionen.

Wenn wir sagen, dass Gott Beziehung und Gemeinschaft grenzenloser Liebe ist und dass alle Dinge von Gott kommen, können wir verstehen, was die Quantenphysik seit fast einem Jahrhundert sagt: Alles im Universum ist Beziehung, das Verflochtensein von allem mit allem, ein kompliziertes Netzwerk aus Verbindungen, das das einzigartige und einzige Universum bildet. Gott ist eigentlich das Bild und Gleichnis des Schöpfers, eine Quelle unendlicher Wechselbeziehungen zwischen Verschiedenen, die als Vater, Sohn und Heiliger Geist bezeichnet werden. Diese Vorstellung nimmt jeglichem Zentralismus, jeglicher Monarchie, Autoritarismus und Patriarchien die Grundlage, welche in einem einzigen Gott und einzigen Herrn ihre Rechtfertigung fanden, wie manche kritische Theologen bereits beobachteten. Gott hingegen, der als Gemeinschaft existiert, leistet jeder Art von Gemeinschaftsgeist, Teilhabe und Demokratie metaphysische Unterstützung.

Da aber die Pfarrer sich in der Regel nicht an die Dreifaltigkeit wenden, sondern nur an Gott (den einen und einsamen), geht eine Quelle an Kritikfähigkeit, Kreativität und sozialen Wandels in der Entwicklung der Demokratie sowie an einer offenen und unbegrenzten Teilnahme verloren.

Ähnliches geschieht mit dem Thema der Auferstehung. Diese konstituiert einen zentralen Kern des Christentums, seinen Point d’Honneur. Sie war es, die die Gemeinschaft der Jünger nach Jesu Hinrichtung am Kreuz (alle hatten sich verzweifelt zurückgezogen) wiederherstellte. Sie war das Zeugnis der Frauen, die sagten, dass "Jesus, der tot und begraben war, lebt und auferstanden ist". Die Auferstehung ist nicht eine Art von Wiederbelebung eines Körpers wie im Fall von Lazarus, der schließlich wie jeder andere auch starb, sondern eine Offenbarung des Neuen Adam in der freudevollen Ausdrucksweise des Paulus: das Auftreten des endgültigen Adams, des neuen Menschen, gleich der Ankündigung eines guten Endes des ganzen Prozesses der Anthropogenese und der Kosmogenese. Folglich eine Revolution in der Evolution.

Das frühe Christentum lebte aus diesem Glauben an die Auferstehung, wie es bei Paulus zusammengefasst ist: "Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos" (1Kor 15,14). In diesem Fall sollte man sich besser sagen: "Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot" (1 Kor 15,33). Doch wenn Jesus auferstanden ist, ändert dies alles. Wir werden auch auferstehen, denn er ist der Erste unter vielen Brüdern und Schwestern, "der Erste der Entschlafenen" (1Kor 15,20). In anderen Worten, und dies ist eine gute Antwort für all diejenigen, die sagen, wir wären todgeweiht: Wir werden zwar sterben, das stimmt, aber wir sterben, um auferweckt zu werden, um einen Sprung in Richtung Ziel der Evolution zu machen, und um dies hier und jetzt in unserer Zeitlichkeit vorwegzunehmen.

Ich kenne keine Botschaft, die ermutigender wäre als diese. Die Christen sollen sie verkünden und überall leben. Doch sie beachten sie nicht und belassen es bei der platonischen Verkündigung der Unsterblichkeit der Seele. Andere, wie Nietzsche bereits mit Ironie bemerkte, sind traurig und schweigen, als gäbe es weder Erlösung noch Auferstehung. Papst Franziskus nennt sie "die Christen der Fastenzeit ohne Auferstehung", mit "Beerdigungsminen", sie sind so traurig, dass sie aussehen, als gingen sie zu ihrer eigenen Beerdigung.

Wenn jemand stirbt, so erlebt diese Person das Ende der Welt. In diesem Moment, dem Augenblick des Todes, geschieht Auferstehung: Durch sie bricht eine zeitlose Zeit an, die selige Ewigkeit.

In einer Zeit wie der unseren, der eines allgemeinen Zerfalls sozialer Beziehungen und der drohenden Zerstörung des Lebens in seinen unterschiedlichen Formen und selbst der Gefahr des Aussterbens unserer menschlichen Spezies, lohnt es sich, auf diese zwei Erkenntnisse zu wetten: dass Gott Gemeinschaft Dreier ist, die Beziehung der Liebe sind, und dass das Leben nicht dem persönlichen und allgemeinen Tod geweiht ist, sondern zu noch mehr Leben berufen ist. Die Christen deuten auf ein Zeichen der Vorwegnahme dieser Wette: den Gekreuzigten, der verklärt wurde. Er behält die Zeichen seines schmerzhaften Wegs unter uns, die Foltermale und die der Kreuzigung, doch nun, da er verklärt ist, sind die verborgenen Potenziale des Menschen in ihm vollständig verwirklicht. Aus diesem Grund verkünden wir ihn als den Neuen Menschen unter uns.

Ostern feiert nichts anderes als diese glückliche Realität, die uns die Fähigkeit des Lächelns zurückgibt und uns hilft, ohne Angst und Pessimismus in die Zukunft zu blicken.

Leonardo Boff ist Theologe und Philosoph; Mitglied der Erd-Charta Kommission

Quelle:  Traductina , 12.05.2014.

Siehe auch:

  • Leonardo Boff: Was kommt nachher? Das Leben nach dem Tode (Topos 2009) 

 

Veröffentlicht am

12. Mai 2014

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