Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS
 

Wolfgang Sternstein: EUCOM und AFRICOM

Rede am 8. Mai 2014 am Mahnmal für die Opfer von Krieg und Faschismus in Stuttgart

Von Wolfgang Sternstein

Die USA sind nicht nur mit Abstand die größte Militärmacht der Welt, sie haben auch den Globus mit einen dichten Netz von Stützpunkten und Militäreinrichtungen überzogen. Auch in Deutschland gibt es davon mehrere Dutzend.

Zu den bedeutendsten gehören die sechs regionalen Kommandozentralen, von denen vier auf dem Territorium der USA liegen, zwei jedoch hier in Deutschland und zwar ausgerechnet in unserer Nachbarschaft: Es sind das EUCOM und das AFRICOM. Das EUCOM ist zuständig für amerikanische Militäroperationen in Europa, einschließlich Russland bis zum Pazifik, sowie Teilen des Nahen Ostens, namentlich des Pulverfasses Israel. Es hat seinen Sitz seit 1967 in den Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen. Das 2007 aus dem EUCOM ausgegliederte AFRICOM ist zuständig für Militäroperationen in Afrika mit Ausnahme von Ägypten. Es sitzt in den Kelley Barracks in Möhringen.

Die meisten Stuttgarter ahnen nicht einmal, welch gefährliche Riesen hier in ihrer Nachbarschaft hausen. In den Medien erfährt man davon nur wenig. Das hat Methode, denn offensichtlich soll vermieden werden, dass die Stuttgarter Bevölkerung durch Informationen über die Bedeutung und die Aktivitäten dieser Kommandozentralen beunruhigt wird.

Nach außen wird die enge Zusammenarbeit dieser Militäreinrichtungen mit den europäischen Staaten im Rahmen der Nato betont. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um rein amerikanische Militäreinrichtungen, die ausschließlich dem Befehl des amerikanischen Präsidenten und des Verteidigungsministers der USA unterliegen. Sie können folglich jederzeit auch außerhalb des Nato-Bereichs tätig werden.

Deutschland wird damit auf militärischem Gebiet zum verlängerten Arm der amerikanischen Regierung. Im Klartext: Es verfügt auf militärischem Gebiet nur über eine eingeschränkte Souveränität. Zugespitzt kann man sagen: Deutschland ist nach wie vor ein militärisch besetztes Land, allerdings mit der Besonderheit, dass die deutsche Regierung dieser Besetzung freiwillig zugestimmt hat. Das hat historische Gründe, nämlich die Besatzung durch die Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs und die eingeschränkte Souveränität Deutschlands während der Zeit des Besatzungsregimes.

In der Zeit des Kalten Krieges fühlte sich die Bundesrepublik dem Sowjetkommunismus schutzlos ausgeliefert und flüchtete sich unter den "atomaren Schirm" der Amerikaner. Auf die Problematik dieser Politik will ich hier nicht weiter eingehen. Deshalb wurden den Amerikanern in unserem Land weitgehende Rechte eingeräumt als Gegenleistung für diesen angeblichen Schutz, der sich im Fall des Versagens der Abschreckung allerdings in eine tödliche Gefahr verwandelt hätte. Diese Sonderrechte bestehen bis heute, ungeachtet der Wiedervereinigung. Dennoch bleibt Deutschland völkerrechtlich auch weiterhin mitverantwortlich für alles, was die USA von deutschem Boden aus an Militäroperationen planen und durchführen.

Das gilt nicht nur für die Angriffshandlungen im Nahen und Mittleren Osten, die vom EUCOM aus geplant und durchgeführt oder logistisch unterstützt wurden, es gilt gleichermaßen für die Militäroperationen und insbesondere die Drohnenangriffe, die vom AFRICOM und Ramstein aus unternommen werden.

Es geht aber nicht nur, wie in der Öffentlichkeit dargestellt, um den "globalen Krieg gegen den Terror", es geht in zunehmendem Maße um wirtschaftliche und politische Interessen der alten und neuen imperialen Mächte. Denn Afrika ist ein Kontinent mit nahezu unerschöpflichen Ressourcen. Für den Osten geht es um Bodenschätze und Agrarprodukte sowie Siedlungsraum für die überzählige Bevölkerung Chinas. Für den Westen geht es vornehmlich um das Öl Westafrikas und die Erze aus dem Kongobecken.

Afrika wird folglich mit jedem Jahr mehr zum Zankapfel der Weltpolitik. Es ist dem Angriff der alten und neuen imperialen Mächte schutzlos ausgeliefert. Bereits heute ist das US-Militär in mehr als 90% der 54 Staaten Afrikas präsent http://www.tomdispatch.com/blog/175743/ (S. 13). In der Weltöffentlichkeit soll der militärische "Fußabdruck" der USA in Afrika allerdings bewusst klein gehalten werden, selbst wenn er in Wirklichkeit bereits groß ist. Es ist der Abdruck eines Militärstiefels, nur notdürftig verhüllt durch Hilfsprogramme.

Die deutsche Regierung und die deutschen Medien schweigen zu all dem. Sie lassen es zu, dass von deutschem Boden Krieg ausgeht, mehr noch, die deutsche Regierung beteiligt sich daran durch die Bereitstellung von Standorten für Militäreinrichtungen und logistische Unterstützung. Künftig möchte sie sogar eine aktive Rolle an der Seite ihres "großen Bruders" USA spielen. Die neue "militärische Verantwortung", wie sie von Bundespräsident Gauck und der Verteidigungsministerin von der Leyen gefordert wird, ist alarmierend.

Diese Politik steht in krassem Widerspruch zum Friedensgebot der UN-Charta und des Grundgesetzes. Es ist höchste Zeit, dass die Friedensbewegung dieses heiße Eisen anpackt, und zwar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Ich bin kein Jurist und kann daher über die technischen und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer solchen Klage keine Auskunft geben. Ich wünsche mir jedoch, dass sich die Juristen gegen den Atomkrieg (IALANA), das Komitee für Grundrechte und Demokratie, die Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI), die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsgegnerInnen (DFG-VK), Ohne Rüstung Leben (ORL), die Gesellschaft Kultur des Friedens (GKF) und andere zusammenschließen, um, eventuell in Zusammenarbeit mit politischen Parteien, die Möglichkeit einer solchen Klage auszuloten und - wenn möglich - in die Wege zu leiten.

Veröffentlicht am

12. Mai 2014

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von