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1947: Säcke voller Geld

Die zu Beginn des Kalten Krieges gegründete Central Intelligence Agency (CIA) sollte Präsident Harry S. Truman helfen, eine Weltmacht zu managen

Von Konrad Ege

Wenn es auf der Welt eine Behörde gibt, die einen schlechten Ruf hat, dann ist es die CIA. Es war Präsident Harry Truman, der die 1947 gegründete Central Intelligence Agency als Instrument für sein großes Projekt einsetzte: das amerikanische Jahrhundert zu verwalten. Die CIA wurde so für viele Befreiungsbewegungen zur Verkörperung allen imperialistischen Übels.

Als neulich Zahlen von Edward Snowdens Festplatten veröffentlicht wurden, die Einblick in die Budgets der US-Dienste gaben, war man überrascht: Nicht die National Security Agency (NSA) mit ihrem gigantischen Überwachungsapparat hat den höchsten Etat der 17 US-Dienste. Es sind die Polit-Abenteuer der CIA, die am meisten Geld verschlingen: Im Kalten Krieg galt es, den KGB an die Wand zu spielen. Immer mal wieder musste ein unliebsamer Politiker beseitigt werden - was im Fall des langlebigen Fidel Castro allerdings nicht gelang. Auch die Geheimgefängnisse, die es seit gut einem Jahrzehnt weltweit gibt, kosten eine Menge Geld. Und dann der Putsch im Iran 1953 oder der Staatsstreich in Guatemala 1954 und natürlich der Sturz des Sozialisten Allende 1973 in Chile. In den achtziger Jahren rüstete die CIA islamische Rebellen in Afghanistan gegen die Sowjets auf. Heute tötet sie die ideologischen Erben dieser Mudschaheddin als Terroristen mit ihren Drohnen. Für das Haushaltsjahr 2013 soll die CIA 14,7 Milliarden Dollar beantragt haben, rund vier Milliarden mehr als die NSA.

21.459 Beamte arbeiten für den Geheimdienst im Hauptquartier Langley (Virginia), wo in der Eingangshalle der Bibelspruch eingemeißelt ist: "Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." Aber angefangen hat die CIA ganz klein. Erster "offizieller" Arbeitstag war der 18. September 1947. Die USA mussten sich sicherheitspolitisch neu aufstellen. Gut zwei Jahre zuvor war mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki der Weltkrieg zu Ende gegangen. Im Osten Europas machte die UdSSR Machtansprüche geltend. Es sei ein Eiserner Vorhang, der zwischen Ost und West fallen werde, hatte der britische Premier Winston Churchill im Mai 1945 in einer Depesche an Truman prophezeit. In Afrika, Asien und im Nahen Osten zerfielen die britischen wie französischen Kolonialreiche und machten Platz für mehr US-Einfluss. Im März 1947 schließlich verkündete Truman die nach ihm benannte Doktrin, wonach die USA "freien Völkern" zur Seite stehen würden, sich der "Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder äußeren Druck" zu widersetzen. Die Frage war das Wie: aggressiv oder mit sanfter Macht? Immerhin wollten die USA den Anspruch einer im Freiheitskampf gegründeten demokratischen Nation vertreten.

Als Präsident Truman die CIA gründen ließ, war denn auch so mancher Politiker misstrauisch gegenüber einer im Geheimen agierenden Behörde. Der Vorgänger - das 1942 gegründete und 1945 aufgelöste Office of Strategic Services (OSS), bekannt wegen waghalsiger Sabotageaktionen im deutsch besetzten Europa sowie kluger psychologischer Kriegsführung - hatte im konservativen Amerika das Image einer von Intellektuellen aus Elite-Universitäten internationalistisch geprägten und zu wenig patriotischen Behörde. Der Kommunistenjäger, Senator Joe McCarthy, sammelte noch Anfang der fünfziger Jahre Akten über vermeintlich linke Umtriebe im OSS.

Truman behauptete später in seinen Erinnerungen, die von ihm ins Leben gerufene CIA habe ihn mit Analysen über das Weltgeschehen wegen anstehender Entscheidungen versorgen sollen. Das war freilich schon unter seiner Präsidentschaft längst nicht alles. "Wir hatten Säcke voller Geld, und wir haben sie ausgewählten Politikern gegeben. Und wir haben viel getan, um etwa ausgewählten Christdemokraten in Italien zu helfen oder anderen kompatiblen Parteien, die das Geheimnis für sich behalten konnten, woher das Geld kam." Das Zitat stammt aus einem 1998 mit Mark Wyatt geführten CNN-Interview für die Serie Cold War. Der 2006 verstorbene CIA-Beamte spielte 1948 eine wichtige Rolle bei der ersten großen verdeckten CIA-Operation zur Manipulation von Wahlen: Die CIA wollte sicherstellen, dass in Italien, wo es damals die größte KP Westeuropas gab, die Christdemokraten und deren antikommunistische Alliierte gewinnen sollten. Es hat geklappt. Wyatt war zufrieden. Italiens KP habe ja auch haufenweise Geld bekommen von den Sowjets.

Auch die Syrische Republik gelangte 1948 auf den Radarschirm der CIA. Nicht alle Details sind bekannt, doch Historiker Douglas Little von der Clark Universität in Massachusetts beschrieb den Vorgang: Im November 1948 habe sich der CIA-Beamte Stephen Meade mit dem syrischen Armee-Stabschef Hosni Zaim getroffen, um die Errichtung einer "von der Armee unterstützten Diktatur" zu erörtern. Anfang 1949 hätten Meade und General Zaim die Planung abgeschlossen. Der Staatsstreich folgte im März. Meade habe Washington informiert: "Mehr als 400 Kommunisten in Syrien festgenommen". Im Mai genehmigte General Zaim der Arabian American Oil Company den Bau einer Pipeline, die über Syrien von Saudi-Arabien ans Mittelmeer führte, und er erklärte die Kommunistische Partei für verboten. Zaim habe die amerikanischen Erwartungen weit übertroffen, schrieb 2003 der Historiker Little. Syrien sei ein "wichtiger Ausgangspunkt für die ersten CIA-Experimente mit Geheimoperationen" gewesen. Leider mit einem zwiespältigen Resultat, hätten doch CIA-Aktionen im folgenden Jahrzehnt "arabischen Anti-Amerikanismus erregt (und) die syrische Linke näher zum Kreml getrieben". "Zu einem gewissen Maß muss die Nation einfach glauben, dass auch wir ehrenwerte Männer sind", meinte Richard Helms 1971 als CIA-Direktor. Ehrenwerte Männer hieß auch die Autobiografie von Helms’ Nachfolger William Colby, OSS-Veteran und CIA-Direktor von 1973 bis 1976. In den siebziger Jahren mussten sich die beiden Spitzenleute Sorgen machen um ihr Image und das der Behörde. Die CIA konnte nicht länger - wie in den Anfangsjahren - im Verborgenen arbeiten. Die sechziger Jahre brachten erste Enthüllungen über geheimdienstliche Missetaten, die frühen Siebziger Details über CIA-Mordanschläge und die illegale Bespitzelung linker US-Bürger. Colby erklärte 1971 im Kongress, bei der von ihm geleiteten Operation Phönix seien während der US-Präsenz in Indochina 20.587 Vietnamesen getötet worden. Der ehemalige CIA-Beamte Victor Marchetti schrieb 1974 zusammen mit John Marks aus dem State Department das Buch The CIA and the Cult of Intelligence über den herangewachsenen "Kult der Geheimhaltung", der Demokratie untergrabe. Und der in Südamerika tätige CIA-Beamte Philip Agee publizierte 1975 seine Erinnerungen Inside the Company, ein internationaler Bestseller mit den Namen von 250 CIA-Agenten.

CIA-Gründer Truman hatte vielleicht ein etwas ungutes Gefühl wegen der von ihm gerufenen Geister. Bereits anderthalb Jahrzehnte nach seinem Schöpfungsakt zeigte er sich besorgt. Er habe es "nie für möglich gehalten, dass die CIA auch in Friedenszeiten geheime Kommandoaktionen (cloak and dagger) durchführen würde", so Truman 1963 in der Washington Post. Die CIA habe zu viel Macht. Aber die Kritik zog nicht besonders - vielleicht auch, weil cloak and dagger schon unter Truman begann und dessen vorgegebene Ahnungslosigkeit darum nicht sehr glaubwürdig erschien. Bisher hat die CIA locker jegliche Kritik überlebt. Ein CIA-Direktor, George Bush sen., wurde sogar US-Präsident. Geheimaktionen sind längst mächtige Waffen im US-Arsenal des globalen Managements. In der Behörde ist man bis heute pikiert über Truman. Er habe die Gründung nicht richtig dargestellt, heißt es auf der CIA-Webseite. Vielleicht habe er den Text seines Beitrages für die Post gar nicht selbst geschrieben.

Quelle: der FREITAG vom 02.10.2013. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

03. Oktober 2013

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