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SIPRI-Rüstungsbericht: Trotz Krise Stagnation auf hohem Niveau

Von Jürgen Wagner

Während europaweit unter Verweis auf die Wirtschafts- und Finanzkrise die Axt an den Sozialbudgets angesetzt wird, spricht sich eine Mehrheit der Menschen in den EU-Ländern dafür aus, stattdessen die Rüstungshaushalte radikal zusammenzustreichen - in Deutschland waren es bei einer Umfrage des ZDF-Politbarometer vom 21. Mai 2010 etwa überwältigende 82 Prozent. Schenkt man den Presseberichten über den am 17. April 2012 veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) Glauben, so könnte der Eindruck entstehen, als sei diesbezüglich nun alles bestens: "Anstieg der Militärausgaben gestoppt" (Tagesspiegel); "Militärausgaben weltweit kaum gewachsen" (Welt Online); "Militär kriegt die Krise" (taz), so oder ähnlich äußerte sich die gesammelte Journaille.

Tatsächlich ist der seit vielen Jahren erfolgende rasante Anstieg der Weltrüstungsausgaben erheblich abgemildert - SIRPI zufolge sind die globalen Militäretats mit 1738 Mrd. Dollar im Jahr 2011 inflationsbereinigt gegenüber dem Vorjahr "nur" um 0,3% gestiegen. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Stagnation auf extrem hohem Niveau: Schließlich stiegen die Weltmilitärausgaben zwischen 2001 und 2011 inflationsbereinigt um etwa 50%!

Angesichts dessen scheinen Erfolgsmeldungen mehr als unangebracht - zumal der Kontext, in dem diese Abschwächung des Rüstungswachstums erfolgte, in Betracht gezogen werden muss. Richtig ist zwar, dass in den USA und den EU-Staaten die Rüstungsausgaben 2011 zurückgingen, aber die Kürzungen halten sich trotz der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise in engen Grenzen. In den USA sank der Etat im Jahr 2011 minimal um 1,2% auf 711 Mrd. Dollar. Inflationsbereinigt liegen die Vereinigten Staaten damit aber weiterhin etwa 80% über den Ausgaben des Jahres 2001.

Innerhalb Europas sind es vor allem die von der Wirtschafts- und Finanzkrise am schwersten betroffenen Länder, die laut SIPRI ihre Budgets erheblich zusammengestrichen hätten: Griechenland (26% seit 2008), Spanien (18%), Italien (16%) und Irland (11%): "Im Gegensatz dazu haben die 3 Länder mit den größten Ausgaben in Westeuropa - Großbritannien, Frankreich und Deutschland - bislang lediglich geringfügige Kürzungen ihrer Militärausgaben vorgenommen, in jedem Fall weniger als 5%." Background paper on SIPRI military expenditure , 17.04.2012.

Insgesamt sind die Ausgaben europaweit inflationsbereinigt zwischen 2001 und 2011 um etwa 11% angestiegen. Auch wenn hiervon gute Teile auf Nicht-EU-Länder entfallen: Von einem von Verteidigungspolitikern und Rüstungsindustrie allgegenwärtig zusammenfabulierten freien Fall der Militärausgaben kann in jedem Fall keine Rede sein. Gaben die 27 EU-Staaten vor Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 zusammen 289 Mrd. Dollar für ihr Militär aus, so sank dieser Betrag nur unwesentlich auf 281 Mrd. Dollar im Jahr 2011 euobserver , 17.04.2012. Hinzu kommt noch, dass gerade in der Europäischen Union und speziell auch in Deutschland immer mehr Rüstungsausgaben "ressortfremd" anderen Haushalten - v.a. dem Entwicklungs- und Forschungsetat - aufgebürdet werden vgl. Die EU als Rüstungstreiber , IMI-Studie 2012/08..

Vor diesem Hintergrund sollte das nun sicherlich einsetzende Heulen und Zähneklappern der Rüstungsindustrie als das zurückgewiesen werden, was es ist - ein ziemlich schlecht verdeckter Versuch, die ohnehin üppigen Profite weiter auszubauen. Einer Studie zufolge stiegen die Profite der EU-Rüstungskonzerne von 63 Mrd. Euro im Jahr 2003 um 49% auf 93 Mrd. Euro 2009 Diminishing Transatlantic Partnership? CSIS, 03.05.2011, S. 36. Auch weltweit geht es der Rüstungsindustrie prächtig: "Während viele Branchen wie der Maschinenbau oder die Autoindustrie durch die Wirtschaftskrise deutlich ins Minus gerutscht waren, […] legten die Erlöse der Hersteller von Militärausrüstung [im Jahr 2010] um ein Prozent auf 411,1 Mrd. US-Dollar zu." Krisen befeuern Waffengeschäft , Die Welt, 28.02.2012.

Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - IMI-Standpunkt 2012/023.

Fußnoten

Veröffentlicht am

23. April 2012

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