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Japan: Ein Schrecken ohne Ende

Die Hiobsbotschaften kommen in kürzeren Abständen: Anfang Juni hat die Strahlung im Reaktorgebäude 1 eine Rekordhöhe von 4000 Millisievert (mSv) pro Stunde in der Luft erreicht. Gestern wurde bekannt, dass es bereits kurz nach dem Erdbeben in drei Reaktoren zu Kernschmelzen gekommen sei. Wohin überall das radioaktiv verseuchte Wasser läuft, ist niemandem so richtig klar - und ebensowenig ist geklärt, wie die inzwischen mehr als hunderttausend Tonnen kontaminiertes Wasser gespeichert werden sollen.

"Die Situation verschärft sich momentan hauptsächlich durch zwei Faktoren", sagt Christoph von Lieven, Strahlenschutzexperte bei Greenpeace. "Zum einen scheint der geschmolzene Kern des Reaktors durch den defekten Druck- und Sicherheitsbehälter nach draußen ‘getropft’ zu sein. Zum anderen steigt die Menge des zum Teil hochkontaminierten Wassers stetig an - offiziell sind es momentan circa 100.000 Tonnen. Da aber jetzt die Regenzeit beginnt und außerdem die Kühlung der Reaktoren weiter über Besprühen mit Wasser erfolgt, vergrößert sich diese Menge stetig. Wegen dem Durchschmelzen besteht auch weiterhin die Gefahr von Wasserstoffexplosionen."

Ab Mitte Juni sollen Behälter für 40.000 Tonnen bereitstehen. "Dass dies nicht ausreicht, ist offensichtlich", so Lieven. "Ein Teil dieses strahlenden Wassers wird wahrscheinlich ins Grundwasser gelangen, ein Teil ins Meer fließen. Die Arbeitsbedingungen für die Menschen in Fukushima werden immer bedrohlicher!" Gestern wurde bekannt, dass wieder zwei Arbeiter gestorben sind, zwei weitere waren laut Medienberichten sehr hohen und gefährlichen Strahlendosen ausgesetzt.

Arbeiten unter Lebensgefahr

Obwohl die maximal erlaubte Strahlendosis von der japanischen Regierung jüngst von 100 auf 250 mSv pro Jahr erhöht wurde, würde ein Arbeiter bei der Anfang Juni gemessenen Strahlung im hochkontaminierten Bereich des Reaktors 1 nach nur vier Minuten den Grenzwert erreichen. Praktisch heißt das, dass dort Arbeiten zur Eindämmung kaum möglich sind.

Die Arbeiter sind nicht nur der gefährlichen Strahlung ausgesetzt. Laut einer aktuellen dpa-Meldung arbeiten die Reparaturtrupps bis zur Erschöpfung. So sollen zwei Vertragsarbeiter wegen Dehydration in einem Krankenhaus behandelt worden sein. Die Arbeit in den Schutzanzügen würde bei zunehmender Sommerwärme und Schwüle immer anstrengender werden - neun Arbeiter mussten wegen Hitzebelastung behandelt werden. Betreiber Tepco soll aufgrund der Berichte zugesagt haben, sich stärker um die Gesundheit der Arbeiter zu kümmern.

Leben in Fukushima

In einem nahe der Katastrophen-Anlage gelegenen Ort wurde jetzt auch offiziell hochgiftiges Plutonium gefunden, das Tausende von Jahren strahlen wird. Dieses kann laut Lieven bedeuten, dass auch aus Reaktor 3, in dem sogenannte MOX-Brennelemente genutzt wurden, Partikel durch die Explosion oder Wind freigesetzt wurden, welche sich bisher angeblich ‘sicher verschlossen’ im Reaktordruckbehälter befanden.

Und was ist mit den Menschen, die in Fukushima zu Hause sind? Die Regierung erwägt, noch mehr Menschen außerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone aufzufordern, ihre Wohnungen zu verlassen. Einige Orte wurden bereits wegen erhöhter Strahlung evakuiert. Das Dorf Iitate aber erst, nachdem Greenpeace dort erhöhte Radioaktivität gemessen hatte. Greenpeace-Sprecher von Lieven erklärt, dass eine generelle Ausweitung der Evakuierungszone weiterhin dringend geboten sei.

Deutschland: Aus Fukushima nichts gelernt

"Angesichts der dramatischen Situation in Japan, die ja Auslöser unserer aktuellen Debatte in Deutschland ist, ist es absolut unverständlich, dass die Bundesregierung noch weitere elf Jahre auf Atomkraft setzen will", sagt Lieven. Völlig unnötig würden die Menschen weiter der Gefahr durch Katastrophen und Terrorangriffe ausgesetzt.

"Die Beschwichtigungen, dass es hierzulande niemals zu einem Erdbeben mit anschließendem Tsumami kommen würde, sind nicht haltbar. Zum einen ist mittlerweile klar, dass allein das Erbeben die Katastrophe ausgelöst hat. Zum anderen gibt es viele unvorhergesehene Ereignisse, die einen Super-GAU auch in Deutschland auslösen können wie Kurzschlüsse, Flugzeugabstürze, menschliches Versagen oder Terrorattacken. Grade jetzt, während die NATO und Deutschland in Afghanistan und Nordafrika Krieg führen, wird diese potentielle Gefährdung zunehmen."


Publikationen zum Thema:

Quelle: Greenpeace - 08.06.2011.

Veröffentlicht am

08. Juni 2011

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