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Wenn die Stunde schlägt: Die “Doomsday Clock” zeigt der Menschheit die Nähe ihrer Selbstvernichtung

Von Wolfgang Kötter

Jeder der wissen will, wie nahe die Menschheit dem Abgrund der Selbstvernichtung gekommen ist, kann das am heutigen 14. Januar 2010 live erfahren. In einer Videodirektschaltung ( http://www.TurnBackTheClock.org ) aus New York stellt die renommierte Zeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists die "Doomsday Clock" neu ein. Seit über sechzig Jahren führen die Wissenschaftler diese dem Countdown vor einem Kernwaffentest nachempfundene Uhr, die anzeigt, wie viele Minuten bis zum Weltuntergang verbleiben. Als Folge einschneidender sicherheitspolitischer Ereignisse stellten sie die Zeiger bisher 18 Mal vor oder zurück. In diesem Jahr gibt es widersprüchliche Signale.

2010 - wie lange noch bis Mitternacht?

Einerseits bewegt sich wieder etwas bei der Abrüstung: Russland und die USA verhandeln über eine weiteren Verringerung ihrer strategischen Atomwaffen. Aber zwei Termine zur Vertragsunterzeichnung am vergangenen Jahresende wurden verpasst. Der UN-Sicherheitsrat deklariert eine atomwaffenfreie Welt einmütig als Ziel und ruft zur nuklearen Abrüstung auf. Doch die übrigen Atomwaffenmächte machen dazu kaum Anstalten. Die US-Regierung kann den Senat bisher nicht dazu bewegen, den Nuklearen Teststoppvertrag zu ratifizieren, dem weitere Staaten erklärtermaßen folgen würden. Gleichzeitig laufen die Atomprogramme des Iran und Nordkoreas weiter, die nukleare Nichtverbreitung bleibt fragil und ein Zugriff von Terroristen oder Kriminellen auf Atomwaffen wäre ein sicherheitspolitischer Super-GAU. Der Kopenhagener Umweltgipfel im Dezember endete ohne verbindliche Beschlüsse zur Rettung des Weltklimas.

5 Minuten vor Mitternacht, 2007

Die Welt steht am Abgrund eines zweiten Nuklear-Zeitalters. Die USA und Russland können sich innerhalb von Minuten mit Kernwaffen angreifen. Nordkorea führt einen ersten Atomwaffentest durch und der Iran wir verdächtigt, Nuklearwaffen entwickeln zu wollen. Auch der Klimawandel bedroht die Menschheit und die Schädigung des globalen Ökosystems schreitet voran.

7 Minuten, 2002

Befürchtungen vor einem nuklear-terroristischen Angriff wachsen wegen der enormen ungesicherten Mengen waffenfähigen Nuklearmaterials, das weltweit lagert. Derweil wollen die USA mit den "Bunkerknackern" neue Atomwaffen entwickeln, die gehärtete unterirdische Ziele zerstören können. Gleichzeitig lehnen sie Rüstungskontrollverträge ab und steigen einseitig aus dem ABM-Vertrag über die Beschränkung nuklearer Abwehrraketen aus.

9 Minuten, 1998

Indien und Pakistan unternehmen mehrere Atomwaffenversuche. Diese sind ein Symptom dafür, dass die Bemühungen gescheitert sind, die Verbreitung von Nuklearwaffen zu stoppen und die Anzahl dieser Waffen substantiell zu verringern. Russland und die USA dienen weiterhin als schlechtes Beispiel für den Rest der Welt. Zusammen halten sie immer noch 7.000 Sprengköpfe in höchster Alarmbereitschaft, die innerhalb von 15 Minuten auf einander abgeschossen werden können.

14 Minuten, 1995

Die Hoffnung auf eine Friedensdividende und einen Verzicht auf Nuklearwaffen nach dem Kalten Krieg erlischt. Besonders in den USA scheinen Hardliner unwillig, ihre Rhetorik und Handlungen abzuschwächen. Dieses Gerede bremst den Abbau der globalen Nuklearpotentiale. Mehr als 40.000 Atomwaffen verbleiben weltweit. Es herrscht die Besorgnis, dass Terroristen die schlecht gesicherten Nuklearanlagen der Ex-Sowjetunion ausnutzen könnten.

17 Minuten, 1991

Der Kalte Krieg ist beendet und die USA und Russland beginnen, tiefe Einschnitte in ihren Nukleararsenalen vorzunehmen. Der START-Vertrag reduziert schrittweise die Anzahl der Atomwaffen beider ehemaligen Gegner. Eine Reihe unilateraler Initiativen löst die meisten Interkontinentalraketen aus der erhöhten Alarmbereitschaft. Die Illusion, dass Zehntausende Atomwaffen die nationale Sicherheit garantieren könnten, scheint zu schwinden.

10 Minuten, 1990

Als mit Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und Rumänien ein osteuropäisches Land nach dem anderen sich von der sowjetischen Kontrolle befreit, verzichtet der sowjetische Generalsekretär Gorbatschow darauf zu intervenieren und verringert damit die Atomkriegsgefahr beträchtlich. Ende 1989 fällt die Berliner Mauer.

6 Minuten, 1988

Die USA und die Sowjetunion unterzeichnen den historischen INF-Vertrag, der mit den nuklearen Mittelstreckenraketen eine ganze Kategorie von Nuklearwaffen beseitigt. Die Führungskraft von Präsident Reagan und dem sowjetischen Staatschef Gorbatschow machen den Vertrag zur Realität. Aber der öffentliche Widerstand gegen die US-Raketen in Westeuropa hat ihn inspiriert.

3 Minuten, 1984

Die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen sinken auf den eisigsten Punkt seit Jahrzehnten. Der Dialog zwischen den beiden Supermächten ist so gut wie am Ende. Kommunikationskanäle werden verengt oder überhaupt geschlossen, Kontakte eingeschränkt oder ganz abgebrochen. Rüstungskontrollverhandlungen verkommen zu reiner Propaganda. Die USA scheinen die wenigen bestehenden Rüstungskontrollverträge aufzugeben und streben nach einem expansiven weltraumgestützten Antiraketensystem.

4 Minuten, 1981

Die sowjetische Invasion in Afghanistan verhärtet die Position der USA. Vor dem Amtsende boykottiert Präsident Jimmy Carter die Olympischen Spiele in Moskau und erörtert Möglichkeiten, durch die die USA einen Nuklearkrieg gewinnen könnten. Die Rhetorik verschärft sich noch mit der Wahl Ronald Reagans zum Präsidenten. Dieser verschmäht Rüstungskontrollverhandlungen und meint, der beste Weg, den Kalten Krieg zu beenden sei, ihn zu gewinnen.

7 Minuten, 1980

Fünfunddreißig Jahre nach Beginn des Nuklearzeitalters und nach einigen vielversprechenden Abrüstungserfolgen betrachten die USA und die Sowjetunion Atomwaffen immer noch als integralen Bestandteil ihrer nationalen Sicherheit. Wissenschaftler bezeichnen sie deshalb als "Nucleoholics" - Trinker, die darauf bestehen, es sei der letzte Drink, aber immer wieder eine gute Entschuldigung für eine weitere Runde finden.

9 Minuten, 1974

Mit Indiens erstem Nukleartest bekommt auch Südasien die Bombe. Alle Erfolge bisheriger Rüstungskontrollvereinbarungen erscheinen nur noch als Trugbild. Die USA und die Sowjetunion modernisieren ihre Kernwaffen statt sie zu reduzieren. Durch die Einführung der Mehrfachsprengköpfe können beide Staaten ihre Interkontinentalraketen mit mehr nuklearen Sprengköpfen als je zuvor ausrüsten.

12 Minuten, 1972

Die USA und die Sowjetunion vereinbaren die Verträge zur Begrenzung der strategischen Offensivwaffen (SALT) and der Raketenabwehr (ABM).

10 Minuten, 1969

Zahlreiche Staaten der Welt unterzeichnen den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag. Er verbietet den Atommächten, diese Waffen weiterzugeben und den Nichtkernwaffenstaaten, sie zu entwickeln oder zu erwerben. Gleichzeitig erlaubt er die friedliche Nutzung der Kernenergie und fordert die nukleare Abrüstung.

7 Minuten, 1968

Regionale Kriege toben: die USA intensivieren den Vietnamkrieg; Indien und Pakistan kämpfen 1965 gegeneinander, und die Feindschaft zwischen Israel and seinen arabischen Nachbarn eskaliert 1967 zum Waffengang. Frankreich und China entwickeln Atomwaffen.

12 Minuten, 1963

Nach einer Dekade nahezu ununterbrochener Kernwaffenversuche - darunter zahlreicher überirdischer - unterzeichnen die USA, Großbritannien und die Sowjetunion den Teilteststopp-Vertrag, der Kernwaffenversuche in der Atmosphäre, unter Wasser und auf dem Meeresgrund verbietet.

7 Minuten, 1960

Die USA und die Sowjetunion kooperieren erstmals bei der Lösung eines Regionalkonflikts und entschärfen die von Frankreich, Großbritannien und Israel verursachte Suez-Krise. In der Pugwash-Bewegung beginnen Wissenschaftler Ost-West-Dialog über Frieden und Abrüstung.

2 Minuten, 1953

Die USA testen im Oktober 1952 erstmalig eine Wasserstoffbombe mit vielfacher Zerstörungskraft der bisherigen Atomwaffen. Die Sowjetunion folgt 9 Monate später.

3 Minuten, 1949

Die UdSSR führt ihren ersten Kernwaffentest durch und beweist damit ihre Fähigkeit zum Atombombenbau. Das nukleare Wettrüsten beginnt.

7 Minuten vor 12, 1947

Die Fachzeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists etabliert die "Doomsday Clock", die Weltuntergangsuhr, und stellt sie auf kurz vor Mitternacht, um die Politiker und die Weltöffentlichkeit auf die von den Atomwaffen ausgehenden Gefahren aufmerksam zu machen.

Informationen nach Bulletin of the Atomic Scientists: Doomsday Clock

Veröffentlicht am

14. Januar 2010

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