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Iran: Staatsanwalt droht mit Todesstrafe

Von Karl Grobe

Die iranische Krise verschärft sich. Während die Zahl und Härte der Straßendemonstrationen ein wenig abnimmt, werden die Stellungnahmen der Konfliktparteien unversöhnlich. Der bei den Präsidentschaftswahlen im Juni unterlegene Mir Hussein Mussawi erklärte auf seiner Webseite, er sei bereit, für die Rechte des Volks zu sterben.

Der oberste Staatsanwalt, Gholam Hossein Mohseni Ejehei, drohte den aktiven Oppositionellen unterdessen die Todesstrafe wegen Unterstützung der "Abtrünnigen" an. Der "Abfall von Gott" werde ihrer Anklage hinzugefügt.

Mussawi forderte am Freitag auf seiner Webseite die Freilassung der politischen Gefangenen. Regierung, Parlament und Justiz müssten die Verantwortung für die gegenwärtige tiefe Krise übernehmen. Presse- und Demonstrationsfreiheit müssten garantiert und vertrauenswürdige Wahlen gewährleistet werden.

Dem Aufruf des erzkonservativen Ajatollah Abbas Waes Tabasi, die "Feinde Gottes" verdienten den Tod, begegnete er mit dem Satz: Befehle, "Karrubi, Mussawi und Leute wie uns hinzurichten, werden nichts ändern". Er sei zum Märtyrertum bereit.

Droht militärischer Einsatz?

Über seinen Aufenthaltsort teilte Mussawi nichts mit. Mitte der Woche hieß es, er und Mehdi Karrubi seien in die Nordprovinz Masenderan geflohen oder dorthin verschleppt worden. Oppositionspolitiker betonten dagegen, beide hielten sich nach wie vor in Teheran auf.

Unterdessen gibt es Anzeichen, dass Militär auf dem Weg nach Teheran ist, erstmals seit Beginn der Demonstrationswelle, gegen die bisher keine Soldaten eingesetzt worden sind. Die Informationssperren durch das Regime lassen eine Überprüfung dieser Angaben nicht zu.

Die offiziellen Medien der Islamischen Republik bemühen sich, die Opposition weiter ins Unrecht zu setzen. So berichtet der amtliche Fernsehsender Press TV, die Video-Aufnahmen eines Polizeiwagens, der einen Passanten totfährt, seien wahrscheinlich falsch. Am Mittwoch und Donnerstag hatte Press TV Reportagen über Pro-Regime-Demonstrationen mit scharfen, teils an Verhetzung anklingenden Kommentaren über die "Abtrünnigen" versehen.

Bestrebungen gegen unabhängig denkende Studenten sind seit 2006 belegt. Sie wurden in den vergangenen Tagen entscheidend verstärkt. Radio Zamaneh, eine von Amsterdam aus sendende oppositionelle Station mit gewöhnlich zuverlässigen Informationen, berichtet über einen Masseneinsatz einer regimetreuen Gruppe namens Ansar-e Hezbollah gegen eine friedliche Studentenversammlung in der Millionenstadt Meschhed. Mit Messern, Keulen und Macheten bewaffnete Schläger hätten einen Hochschullehrer und acht oder mehr Studenten der Offenen Universität krankenhausreif geprügelt. Die Studenten hatten in, wie es heißt, stillem Gedenken der Opfer der Massendemonstrationen am Aschura-Tag am Sonntag gedacht. Ähnliche Übergriffe der Staatsgewalt sollen sich in Isfahan, Schiras und Täbris ereignet haben.

Brandmarkung der Studenten

Isfahan und Schiras gelten als konservativ. Täbriz im iranischen Aserbaidschan ist die Heimat Mussawis und hat eine Tradition demokratischer Revolutionen seit 1906. Studenten werden seit Beginn der Präsidentschaft Mahmud Ahmadinedschads nicht nur bespitzelt, sondern durch ein geheimdienstliches Punktesystem auch gebrandmarkt. In einer dreistufigen Skala werden die so Gekennzeichneten aufgefordert, sich jeder politischen Aktivität zu enthalten, für ein oder mehrere Semester ausgeschlossen oder grundsätzlich auf Lebenszeit für sämtliche Hochschulen gesperrt. Belege dafür gibt es laut Wall Street Journal aus allen größeren Universitäten.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 02.01.2010. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

02. Januar 2010

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