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USA-Afrika: Handel durch Annäherung

Afrika gewinnt zunehmend an Bedeutung für die Sicherheitspolitik und Rohstoffversorgung der USA. Auch deshalb bereiste US-Außenministerin Hillary Clinton den schwarzen Kontinent

Von Konrad Ege

Irgendwann während ihrer Amtszeit "entdecken" amerikanische Präsidenten Afrika. Dann kommen sie zu dem Schluss, dass der Kontinent - derzeit 53 Nationen, in denen knapp 800 Millionen Menschen leben - "wichtig" sei. Von Barack Obama erwartet man, dass er allein wegen seiner Hautfarbe und Herkunft ein besonderes Interesse entfaltet und mehr Rücksicht nimmt auf die Anliegen des Erdteils. Aber von selbst geschieht auch in seinem Fall gar nichts. Außenministerin Hillary Clinton hat gerade ihre elftägige Afrika-Tour abgeschlossen, die sie nach Kenia, Südafrika, Angola, Kongo-Kinshasa, Nigeria, Liberia und die Kapverden führte, und stets zum Besten gegeben: "Wir wollen euer Partner sein - nicht euer Wohltäter." Sie trat in die Fußstapfen Obamas, den eine Visite Anfang Juli nach Ghana geführt hatte - noch nie sei ein amerikanischer Präsident im ersten Amtsjahr nach Afrika aufgebrochen, lobte sich das Team Obama damals. Der Präsident appellierte in Accra mit Nachdruck an die Eigenverantwortung von Völkern, Staaten und Regierungen. Das kam in den US-Medien genauso gut an wie die Reden des Präsidenten zu Hause, wenn er die (überwiegend schwarzen) unteren Einkommensschichten zur Selbsthilfe mahnt und aufruft.

Derweil manövriert sich die US-Entwicklungspolitik durch ihr eigenes bürokratisches Chaos. Das Weiße Haus hat noch nicht einmal einen Direktor für ihre Entwicklungsbehörde, die Agency for International Development (USAID), gefunden. Globalisierungsexperte David Rothkopf von der Carnegie-Stiftung klagt denn auch, Obama rede zwar viel über den Stellenwert Afrikas, Taten müssten aber erst noch folgen. Es bestehe ein "schmerzhafter Kontrast" zwischen den Worten des Präsidenten und einer führungslosen Institution wie der USAID, moniert Carol Lancaster, die es während der Präsidentschaft Bill Clintons (1993-2001) zur stellvertretenden USAID-Chefin gebracht hatte.

Allerdings spricht für Obama, dass er die Entwicklungshilfe bis 2014 insgesamt verdoppeln will. Zwar stellten die USA im Vorjahr mit 26 Milliarden Dollar im Vergleich zu anderen Industrienationen das meiste Geld bereit. Gemessen am Bruttonationaleinkommen betrugen die Ausgaben jedoch lediglich 0,18 statt der von den Vereinten Nationen geforderten 0,35 Prozent. Die Finanzmittel sollten künftig effektiver eingesetzt werden, verlangt Hillary Clinton. Sie will dazu mehrere hundert Fachleute bei der USAID einstellen und dafür sorgen, dass Hilfsgelder direkt vor Ort ausgegeben werden, nicht erst - wie das unter George W. Bush zunehmend üblich war - auf die Konten von US-Beraterfirmen fließen. "Zu viel Entwicklungshilfe ist in den USA geblieben", räumte Clinton bei ihrem Besuch in Nairobi ein, "zu wenig hat die Zielbevölkerung erreicht".

China und Africom

Obama betont gern seine Vorliebe für mehr "soft power" in den Beziehungen zur Dritten Welt. Ein Bericht des Brooking Institute, das der Demokratischen Partei nahe steht, verlangt, die US-Regierung müsse sich allein schon aus Eigeninteresse entwicklungspolitisch exponieren. Sonst verliere sie ihren Einfluss an Stiftungen und Länder, die ganz andere Interessen vertreten würden. In Afrika ist wohl kaum mehr rückgängig zu machen, dass China als größter Konkurrent der USA seinen Vormarsch fortsetzt. In vielen Staaten ist die Volksrepublik mittlerweile größter Handelspartner und Entwicklungshelfer - sie kauft Holz in Westafrika, baut Straßen, Schulen und Häfen, sie empfiehlt sich als verlässlicher, zahlungswilliger Abnehmer für Rohstoffe von Kupfer bis Erdöl.

Als "erleuchtete" westliche Politiker betonen Obama und Hillary Clinton nicht länger eine als paternalistisch verschriene Entwicklungspolitik: Wachstum und Wohlstand durch freien Handel sind angesagt wie schon bei Bill Clintons Afrika-Touren 1998 und 2000. Der Sieben-Staaten-Trip der US-Außenministerin gab in den vergangenen Tagen kaum Antworten auf die Frage, ob die USA - wofür sich Obama ausgesprochen hat - in Zeiten einer globalen Rezession ihre Grenzen für "Güter und Dienstleistungen aus Afrika öffnen".

Zwei ölexportierende Nationen standen auf Clintons Reiseplan: Angola und Nigeria. Seit Ende der neunziger Jahre ist die Wertschätzung für diese Lieferanten in den USA unablässig gewachsen. Zusammen mit anderen westafrikanischen Staaten verkaufen sie mittlerweile mehr Öl an US-Abnehmer als deren Partner am Persischen Golf. Das ist kein Zufall, schon George W. Bush hatte den Zugang zu afrikanischem Erdöl zu einer "Angelegenheit der Nationalen Sicherheit" erklärt. Notgedrungen stand seine Afrikapolitik im Zeichen der Suche nach Rohstoffen und Alliierten im "Krieg gegen den Terror", soviel er ansonsten auch zur Bekämpfung von AIDS in Angola, Namibia oder Südafrika unternahm. Resultat seiner Afrika-Politik, die sich diesen Prioritäten verschrieb, war nicht zuletzt der Aufbau von Africom , eines eigenen militärischen Kommandos für Afrika, dessen Hauptquartier bis heute in Stuttgart stationiert ist.

Auch unter Obama setzt sich Africom in Szene. Seine Communiqués berichten seit Monaten unter anderem von Übungen mit der Nationalgarde von Mauritius, von Hafensicherungen in Dschibuti, Manövern in Swasiland, einer Lektion für die Geheimdienstler Nigerias und von Offiziersausbildung in Äthiopien. Zu gern würden die Amerikaner Südafrika bei Africom einbinden, bis jetzt unterhalten sie nur im ostafrikanischen Dschibuti eine ständige Militärbasis. Manche der "Partner-Nationen" dieses Projekts können freilich nicht als Muster für Demokratie und Good-Governance durchgehen.

Quelle: der FREITAG vom 13.08.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

17. August 2009

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