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Birma: Eingesperrte Demokratie

Birmas Regime heuchelt Milde: Hausarrest statt Haft für Aung San Suu Kyi. Hauptsache, die Symbolfigur der Opposition kommt ihr bei den Wahlen nicht in die Quere. Es ist ein Urteil gegen die Freiheit.

 

Von Karl Grobe

Die Herren im Staatsrat für Frieden und Entwicklung scheinen sich vor nichts mehr zu fürchten als vor friedlicher Entwicklung einer demokratischen Kraft. Die hat es ja in Birma auch schon mal gegeben, bevor die Herren in der erwähnten Junta sie vernichtet und ihre bekannteste Sprecherin erst ins Gefängnis und dann in den Hausarrest verbannt haben.

Da soll sie bleiben, wenigstens so lange, dass sie von den Wahlen ferngehalten wird. Darauf läuft das Urteil gegen Aung San Suu Kyi hinaus: Achtzehn Monate Hausarrest. Um nicht zu vergessen, auf die bewährte Milde der Junta hinzuweisen: Das Gericht hatte in allzu weit vorauseilendem Gehorsam auf drei Jahre Haft erkannt. Damit hatte es die entfernt justizähnliche Farce übertrieben.

Doch das Übertreiben ist die Methode, der sich die in übertriebener Höflichkeit als Richter bezeichneten Herren bedienen. Der Amerikaner John William Yettaw bekam sieben Jahre Zwangsarbeit aufgebrummt, weil er - uneingeladen - über einen See zu Suu Kyis abgesperrtem Haus geschwommen war; die Hausangestellten werden bestraft, weil sie nichts dagegen getan haben (hätten sie etwa schießen und so gegen Waffenverbote verstoßen sollen?).

Die Strafen sollen aller Welt deutlich machen, dass jeder Kontakt mit der Friedensnobelpreisträgerin Gefahren für jeden Besucher und jeden in ihrer Umgebung in sich birgt. So viel zur Furcht der Junta, insbesondere ihres Chefs Than Shwe, vor Personen, die ihnen nicht gehorchen wollen, also dem Volk.

Das Land haben die Juntas zugrundegerichtet

Dahin ist es mit dem Land gekommen, das nach der Befreiung von der britischen Kolonialherrschaft sich einem sanften Weg zu einem Gesellschaftssystem verschrieben hatte, das auf Toleranz und Gleichheit fußen sollte; in diesem Geiste hat schließlich der birmanische Politiker U Thant zehn Jahre lang als UN-Generalsekretär gewirkt - bis 1971. Birma erduldete freilich schon seit 1962 eine Militärdiktatur, die von anderen Militärdiktaturen abgelöst wurde.

Das Land haben die Juntas zugrundegerichtet. Das Ergebnis ihres Wirkens ähnelt der nordkoreanischen Diktatur der Kim-Familie; die kann ihre Pleite immerhin damit zu entschuldigen suchen, dass mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihr Märkte und Geldgeber abhanden gekommen sind.

Nicht einmal diese Ausrede hat die birmanische Junta. Mit Nordkorea verbindet sie allerdings nicht nur der ökonomische Misserfolg und die internationale Isolation; es mehren sich Hinweise auf eine Zusammenarbeit in Atomsachen, und zwar unfriedlichen. Diktaturen können derlei verheimlichen. Die Betreiber solcher Geschäfte haben also einen weiteren Grund, demokratische Tendenzen zu fürchten.

Die Gerichtsfarce vom Dienstag wird die internationale Isolation des von seinen Herren geschundenen Landes verstärken. Mit einer Ausnahme: China. Die Pekinger Pragmatiker richten sich ohne Bedenken an der Küste einen Umschlagplatz ein, der nicht nur dem Überseehandel dienen soll, sondern auch ganz praktisch der Überwachung der Seewege. China braucht, um Öl und andere nützliche Dinge einzuführen, Sicherheit auf den Transportwegen. Demokratische und humanitäre Skrupel zählen da nicht. Sie lassen sich nicht messen. Der Wert der Flottenpräsenz aber lässt sich beziffern. Großmächte sind so.

Fromme Wünsche

China hält sich in seinem Vorgarten - oder an den Stränden seiner kleinen Nachbarn - an die Rezepte, welche die USA seit Erfindung der Monroe-Doktrin (1823) in Lateinamerika anwenden. Manche Militärdiktatur hat den übergeordneten Interessen eines weit überlegenen Nachbarn schon ein langes Leben verdankt; solche Nachbarn, auch wenn sie demokratisch verfasst sind, helfen dann auch gegen Demokraten, wenn es ihren Interessen dient.

Der Aufruf des britischen Premiers Gordon Brown, künftig keine Waffen mehr nach Birma zu liefern, bleibt unter diesen Voraussetzungen in der Kategorie "fromme Wünsche". Zudem kommt er reichlich spät und aus einer Hauptstadt, in der demokratisch legitimierte Regierungen sich von Fall zu Fall für wenig legitimierte militärische Eingriffe in anderen Ländern entscheiden; in Irak zum Beispiel. Über Interessen entscheiden da nicht moralische Grundsätze.

Die Junta, die wenig von der Welt weiß, hat das verstanden. Wenn Ban Ki Moon, der Generalsekretär der UN warnend mit dem Zeigefinger wackelt, interessiert sie das nicht. Da muss schon mehr geschehen. Zum Beispiel aktive Unterstützung der demokratischen Kräfte in Birma. Es geht nicht nur um Aung San Suu Kyi.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 11.08.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

11. August 2009

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