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Wir werden dieser Kriegspolitik unseren Widerstand entgegen setzen

Rede von Tobias Pflüger auf der Abschlusskundgebung der Demonstration gegen die NATO-"Sicherheitskonferenz", 07.02.2009 München


Liebe Freundinnen und Freunde,

ihr seid sehr viele, es sieht richtig gut aus von hier oben und ich will Euch gratulieren, dass wir es bis hierher geschafft haben, durch dieses Polizei-Spalier, das da mit uns gelaufen ist - Gratulation an Euch, an uns, an diese Demonstration! Wir zeigen denjenigen, die hier im bayrischen Hof tagen: Sie sind wenige, wir sind viele und wir sagen Euch: Wir wollen Eure Kriegskonferenz nicht!

Diese Kriegskonferenz findet diesmal, zum ersten Mal, unter der Leitung von Wolfgang Ischinger statt. Jetzt heißt es, es würde sich einiges ändern, es gäbe jetzt Dialog, Herr Ischinger würde für eine andere Politik stehen. Liebe Freundinnen und Freunde, das stimmt nicht, Herr Ischinger steht in der Tradition eines Herrn Teltschik und steht genauso für Kriegspolitik, wie es ein Herr Teltschik gestanden hat.

Herr Ischinger ist sogar jemand, der besonders wert darauf legt, dass Deutschland in der Weltpolitik eine große Rolle spielt. Er ist derzeit Generalbevollmächtigter der Allianz. Und nach dem Jugoslawienkrieg 1999 hat er gesagt, ich zitiere: "Deutschland ist aus diesem Krieg (also dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien, TP) als Land hervorgegangen, dessen Stimme heute mehr Gewicht hat."

Und er meinte jetzt in einem aktuellem Interview, ich zitiere: "Als Nation haben wir wegen unserer Geschichte ein zwiespältiges Verhältnis zur militärischen Macht. Doch wenn man die Diskussion über das Militärische und den Einsatz deutscher Soldaten heute mit der Lage von vor zehn Jahren vergleicht, dann haben wir geradezu Lichtjahre zurückgelegt. Allmählich wird die deutsche sicherheitspolitische Debatte auch erwachsen."

Soweit Herr Ischinger. Herr Ischinger, ich will Ihnen klar sagen: Wenn erwachsen heißt, Krieg führen, dann wollen wir nie erwachsen werden!

Liebe Freundinnen und Freunde, Frau Merkel hat mit ihrem neuen Duz-Freund Nicolas Sarkozy einen Artikel geschrieben in der Süddeutschen Zeitung. In der schreibt sie, dass es im Bereich der EU-Militärpolitik "rasante Entwicklungen" gegeben habe in den letzten Jahren.

Das ist analytisch zutreffend. Wenn man vergleicht, was am Ende des kalten Krieges die EU dargestellt hat mit dem was jetzt die Europäischen Union ist, ist es tatsächlich so: Diese verschiedenen Regierungen, ob es rot-grün war, unter Schröder und Fischer, oder ob es rot-schwarz ist, unter Merkel und Steinmeier, haben im wesentlichen die Europäischen Union zu einem militärisch agierenden global player gemacht

Wir wollen keine Militärmacht Europäische Union, wir wollen eine zivile Europäische Union.

Und jetzt bietet die neue us-amerikanische Administration unter Barrack Obama neue Möglichkeiten für weltpolitische Ambitionen der Europäischen Union und Deutschlands. Joe Biden, der Vize-Präsident, hat jetzt auf der Sicherheitskonferenz angeboten: Ein burden sharing, eine Arbeitsteilung. man würde die europäischen Staaten auffordern mehr Truppen nach Afghanistan zu senden. Insbesondere Frankreich und Deutschland werden ihren Anteil an Soldaten, insbesondere Kampfsoldaten in Afghanistan, erhöhen. Militärminister Franz-Josef Jung hat schon angekündigt, die Quick-Reaction Force aufzustocken, das ist die Truppe, die im die im Norden Afghanistans für die Aufstandsbekämpfung zuständig ist. Mehr Soldaten bedeuten mehr Krieg in Afghanistan.

Wir werden dieser Kriegspolitik unseren Widerstand entgegen setzen. Wir wollen einen Rückzug der Truppen aus Afghanistan!

Heute wird hier bei der Sicherheitskonferenz eine neue Medaille verliehen. Bisher hat man ja eine Friedensmedaille verliehen. Jetzt hat man beschlossen eine "Ewald-von-Kleist-Medaille" zu verleihen und ist auf die glorreiche Idee gekommen, dass man diese Medaille ausgerechnet einem verleihen will, der eindeutig ein Kriegsverbrecher ist, nämlich Herrn Kissinger, der für die Bombardierung von Zivilistinnen in Vietnam und Kambodscha mitverantwortlich ist.

Wir haben unser Zeichen gesetzt: Wir haben dem Deserteur André Shephard eine Medaille gegeben. Diese Menschen, diese Deserteure, müssen unterstützt werden und nicht solche Kriegsverbrecher wie Herr Kissinger!

Liebe Freundinnen und Freunde, die Bundeswehr ist in immer weiteren Auslandseinsätzen im Einsatz. Dazu braucht sie allerdings Soldaten. Deshalb geht sie in die Schulen und betreibt dort Werbung. Was wir klar sagen müssen: Die Bundeswehr hat in den Schulen nichts zu suchen! Und die Bundeswehr wirbt inzwischen in den Arbeitsämtern und rekrutiert dort diejenigen, die aufgrund dieses brutalen kapitalistischen Systems keine Erwerbsarbeit mehr haben. Sie nimmt diejenigen, die keine andere Möglichkeit mehr haben, als zum Militär zu gehen. Ich will ganz klar sagen, die Bundeswehr hat auch in den Arbeitsämtern nichts zu suchen!

Liebe Freundinnen und Freunde, was wir erleben werden in der nächsten Zeit ist eine weitere Verschärfung der Militarisierung der Gesellschaft. Das heißt einerseits, dass immer mehr Auslandseinsätze betrieben werden, die immer offener dazu da sind, diese kapitalistische Weltordnung abzusichern. Es geht um Zugang zu Rohstoffen. Der Einsatz Atalanta, der so genannte Einsatz gegen Piraten, wird ganz offen damit begründet, dass es darum geht, den Zugang zu Rohstoffen abzusichern. Wir sind genau dort, wo es 1992 in den Verteidigungspolitischen Richtlinien hieß: Zugang zu Rohstoffen soll auch militärisch abgesichert werden.

Ich will ganz klar sagen, das zeigt, dass Kapitalismus und Krieg zwei Seiten einer Medaille sind. Und wir sind nicht nur gegen Krieg, sondern wir sind auch gegen Kapitalismus. Das wichtigste Symbol dieser Kriegspolitik will in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden seinen 60-jährigen Geburtstag feiern. Die NATO steht genau für diese Kriegspolitik!

Liebe Freundinnen und Freunde, es stellt sich immer wieder die Frage, was macht man eigentlich mit dieser NATO? Das einzig sinnvolle, was man mit dieser NATO machen kann, ist sie abzuschaffen. Die NATO steht für Krieg. Sie steht nicht nur in Afghanistan für Krieg, sondern sie steht für Krieg in weiteren Regionen.

Jetzt hat Angela Merkel auf der Sicherheitskonferenz angekündigt, dass die Beitrittsoption für die sogenannte NATO-Osterweiterung weiter betrieben werden soll. Das heißt, dass die Ukraine und Georgien weiterhin in die NATO gehen sollen. Wenn man sich den Georgien-Krieg genau anschaut, sieht man nämlich den Hintergrund, dass die NATO dort eine wesentliche Rolle gespielt hat. D.h. die NATO steht nicht nur in Afghanistan für Krieg, sondern sie steht weltweit als ein Symbol für Krieg.

Deshalb ist der Widerstand, den wir nach Strasbourg, Kehl und Baden-Baden tragen wollen, so wichtig. 60 Jahre NATO sind 60 Jahre zuviel.

Lasst mich noch was sagen dazu: Ich glaube, dass wir heute einen sehr guten Auftakt gemacht haben für Widerstand, für den Widerstand gegen die NATO, der im April in Strasbourg seinen Höhepunkt bekommen wird. Ich freue mich darauf, Euch alle und noch viel mehr in Strasbourg, Baden-Baden und Kehl bei den Protesten Anfang April wieder zu sehen.

Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - IMI-Standpunkt 2009/014.

Veröffentlicht am

21. Februar 2009

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