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Eine atomwaffenfreie Welt - Vision und Wirklichkeit: 5. Aus für die “Apartheid-Bombe” - Der Vertrag von Pelindaba

Von Wolfgang Kötter

Der nächste Schritt in Richtung globaler Denuklearisierung erfolgte auf dem afrikanischen Kontinent. Noch Ende des vergangenen Jahrhunderts geisterte das Phantom einer “schwarzen Bombe” durch die Reden afrikanischer Politiker. Mit der Entwicklung eigener Kernwaffen sollte den nuklearen Ambitionen Südafrikas begegnet werden. Viele Staaten sahen in dem Apartheidregime das Haupthindernis für ein kernwaffenfreies Afrika, das die damalige Organisation für Afrikanische Einheit OAU bereits im Jahre 1964 als Ziel deklariert hatte. Das Misstrauen bestand zu Recht.

Am 22. September 1979 gegen ein Uhr nachts registrierten die optischen Sensoren des US-amerikanischen Vela-I-Satelliten im südlichen Atlantik zwei kurz aufeinanderfolgende ominöse Lichtblitze, wie sie ansonsten für eine Atomwaffenexplosion typisch sind. Auch weitere Indizien sprechen für eine Kernwaffenexplosion in der Region zwischen Bouvet-Insel und Prince-Edward-Island. In Südafrika wurden kurz nach dem Ereignis kurzlebige Isotope gefunden, die unter anderem bei Kernwaffenexplosionen produziert werden. Angeblich soll auch in verschiedenen Wetterstationen in der Antarktis erhöhte Radioaktivität gemessen worden sein. Aufzeichnungen von Hydrophonen und seismische Messungen deuten ebenfalls auf die Explosion eines nuklearen Sprengkopfes mit einer Sprengkraft von wenigen Kilotonnen TNT hin, die auf Meereshöhe oder in wenigen Kilometern Höhe gezündet worden war.

Die Hinweise führten zur Vermutung, dass Südafrika und Israel möglicherweise gemeinsam eine Atomwaffe getestet haben. Aber trotz Untersuchungen US-amerikanischer Spezialisten und von UNO-Expertenstudien kann bis heute niemand den Vorfall eindeutig erklären. Allerdings stützen Aussagen des israelischen Nukleartechnikers Mordechai Vanunu die Vermutung über eine Beteiligung Israels an dem Test. Medienberichten zufolge lieferte Israel zwischen 1977 und 1979 30 Gramm Tritium an Südafrika. Das für die Erhöhung der Explosivkraft nuklearer Sprengsätze verwendete Material war im israelischen Kernforschungszentrum Dimona hergestellt worden.

Nach dem Ende des Apartheidregimes stellte sich heraus, dass Südafrika tatsächlich sechs Kernsprengköpfe hergestellt hatte. Anfang der neunziger Jahre wurden sie jedoch unter internationaler Kontrolle vernichtet und das Land trat dem Atomwaffensperrvertrag bei. Mit dem Verzicht Südafrikas war eine der schwierigsten Barrieren für ein atomwaffenfreies Afrika aus dem Weg geräumt. Auf diesen positiven Schritt reagierten andere afrikanische Staaten wie Algerien, Namibia, Niger, Sambia und Tansania ebenfalls mit ihrem Beitritt zum Kernwaffensperrvertrag. Ein drohendes nukleares Wettrüsten auf dem afrikanischen Kontinent wurde so verhindert und das Vorhaben einer “schwarzen Bombe” ad acta gelegt. Nun kam es lediglich darauf an, den de-facto kernwaffenfreien Status in völkerrechtlich verbindliche Normen und Verhaltensregeln umzusetzen. Ausgehandelt wurde der Vertrag nicht zufällig in Pelindaba, denn hier war das südafrikanische Atomwaffenprogramm betrieben worden.

Nach Abschluss der Verhandlungen unterzeichneten die Vertreter von 45 afrikanischen Staaten am 11. April 1996 in Kairo den “Vertrag über die Afrikanische Kernwaffenfreie Zone”. Wie auch in gleichartigen Projekten anderer Regionen verbietet er die Produktion, den Erwerb, die Anwendung, Erprobung, Entgegennahme, Lagerung und Stationierung von Kernwaffen in der Region und den angrenzenden Seegebieten. Die Partner werden zur ausschließlich friedlichen Kernenergienutzung verpflichtet und dürfen sich nicht an militärisch orientierten Nuklearaktivitäten in anderen Ländern beteiligen Außer den üblichen Verpflichtungen, trägt das Abkommen der afrikanischen Spezifik Rechnung und verlangt von den Teilnehmern auch eine ausdrückliche Erklärung, keine Kernwaffenforschung zu betreiben und vorhandene Atomwaffen beseitigt zu haben. Die Kontrollen führen die IAEA und die Afrikanische Nuklearenergiekommission AFCONE gemeinsam durch. Die Verklappung von radioaktivem Müll und Angriffe auf kerntechnische Anlagen werden verboten. Der Vertrag untersagt darüber hinaus alle Nuklearexporte an Nichtkernwaffenstaaten, in denen nicht die gesamten kerntechnischen Aktivitäten von der IAEA überwacht werden. Nach den jüngsten Ratifikationen durch Äthiopien und Mosambik fehlen nur noch drei weitere Staaten, damit der Vertrag in Kraft treten kann.

Der Überfall

Zwei Gruppen bewaffneter Männer stürmten am 8. November 2007 das Kontrollzentrum von Südafrikas Atomforschungszentrum Pelindaba bei Pretoria. In einem Schusswechsel mit dem Wachpersonalverletzten verletzten sie einen Sicherheitsoffizier schwer. Zwei Bewaffnete verschafften sich Zugang zu einem elektronisch gesperrten Kontrollraum, vermochten es jedoch nicht, in den Lagerraum für hochangereichertes Spaltmaterial vorzudringen. Das dort gelagerte radioaktive Material stammt aus den während der Apartheid-Herrschaft seit 1974 heimlich produzierten sechs Atomsprengsätzen. Präsident de Klerk hatte das bis dahin sorgsam gehütete Geheimnis dem südafrikanischen dem Parlament am 24. März 1993 mitgeteilt. Die Atomwaffen seien aber angesichts der sicherheitspolitischen Veränderungen mit allen Unterlagen und Produktionseinrichtungen vernichtet bzw. friedlicher Nutzung zugeführt worden. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA überprüfte zwei Jahre lang den Abrüstungsprozess, und Außenminister Pik Botha überreichte dem damaligen IAEA-Chef Hans Blix 1994 eine aus dem verschrotteten Metall der Atomwaffen hergestellte Pflugschar. Das heute noch in Pelindaba lagernde Uran würde für etwa zwei Dutzend Atomsprengköpfe ausreichen. “Wenn es den bewaffneten Einbrechern gelungen wäre, in den Lagerraum des hochangereicherten Urans einzudringen”, meint der Nuklearexperten Micah Zenko von der Harvard Universität, “dann hätten sie das Material für die erste Terroristen-Atombombe der Welt mitnehmen können. ”

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Veröffentlicht am

03. August 2008

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