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Mit wohligem Lächeln

USA: Weniger Erfrorene durch Klimaerwärmung - mehr Frieden durch Krieg


Von Konrad Ege

Die Brände im südlichen Kalifornien sind eingedämmt - die Sachschäden an Wohnhäusern (rund eine Milliarde Dollar) zwar hoch, aber vom Standpunkt der Versicherungen in der häufig feuergeplagten Region durchaus zu bewältigen, wie ein Industriesprecher erläutert. Dickes Lob für Arnold Schwarzenegger, der wieder einmal seine Kompetenz als Gouverneur bewiesen habe. In Washington heißt es, die von der Katastrophenhilfsbehörde FEMA geleistete Hilfe habe vorgeführt, dass man aus dem Fiasko nach dem Hurrikan Katrina vor gut zwei Jahren gelernt habe.

Feuer- und Wasserinferno lassen sich freilich nicht vergleichen. Bei Katrina kamen schätzungsweise 2.000 Menschen ums Leben, in Kalifornien weiß man bisher von etwa einem Dutzend Toten. In New Orleans wurden 1,2 Millionen Menschen evakuiert, in Kalifornien rund 500.000. Die Infrastruktur in Kalifornien blieb erhalten, während in New Orleans alles unter Wasser stand. Und ganz entscheidend: Die vom Feuer heimgesuchte Region wird besiedelt von Amerikanern mit Geld, die ihre Häuser und Villen in dem malerischen (und grundsätzlich brandgefährdeten) trockenen Hochland Südkaliforniens bauen konnten, und bei Feuergefahr im Geländewagen fliehen - sie wird nicht von Afro-Amerikanern bewohnt, die mit in Plastiktüten verpackten Habseligkeiten in stinkenden Fluten auf Hilfe warteten.

Wer nicht direkt betroffen ist von den Bränden, geht zum Alltag über, in dem zuweilen surreale Töne erklingen. Die Analyse des neuen Friedensnobelpreisträgers Al Gore, dass es wohl eine “Verbindung” gebe zwischen der Klimaerwärmung und den Buschbränden (Rekordtemperaturen, kein Regen) wird ignoriert in George Bushs Washington. Seine Pressesprecherin Dana Perino versichert, dass es vielmehr positive Auswirkungen des Klimawandels gebe: “Studien” zeigten, dass sich wegen der möglichen Erwärmung weniger Menschen im Winter zu Tode frieren würden. Und das Weiße Haus strich etwa die Hälfte eines Reports der Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control an den Kongress über die wegen des Klimawandels zu erwartenden Anforderungen an das US-Gesundheitssystem.

In den USA wird lokal und regional und gar auf Ebene der Bundesstaaten zunehmend “etwas” getan gegen die Treibhausgase, von neuen Abgasvorschriften für PKW bis zur Steuerbegünstigung für grüne Gebäude. Energiesparlampen als Alternative zur Glühbirne gehören vielerorts zum guten Ton. In Hunderten Schulen organisieren junge Menschen: Öko ist cool. In Washington kann man seit neuestem einen grünen Radiosender hören, in dem zwischen Rock- und Indiemusik nicht nur Geplapper kommt über Stars, sondern auch über das Stromsparen. Gerade wegen des zunehmenden Klimabewusstseins frustriert es grün Angehauchte zutiefst, dass die Mannschaft des Präsidenten, unterstützt von der Öllobby und rechten Talkshows (wo man sich über Al Gores gewachsenen Körperumfang lustig macht), eine alternative Realität geschaffen hat und den Klimawandel bestenfalls verbal anerkennt.

Bushs Festhalten an nach Ansicht der meisten US-Amerikaner falschen Fakten hat offenbar eine lähmende Wirkung auf die Opposition. Mehr noch als beim Umweltschutz zeigt sich das bei der Kriegsfrage: In den ersten Jahren des Vietnamkrieges wuchs auf der Straße, im Kongress und in der meinungsmachenden Elite der Protest gegen Präsident Johnsons Indochinapolitik. Im Irakkrieg ist in der Bevölkerung die Kritik ebenso gewachsen, so dass nun zwei Drittel Bushs Politik ablehnen - der Protest gegen den Krieg hat jedoch nachgelassen. Fast ist es so, als hätten Amerikaner das Vertrauen verloren, dass ihre Meinung irgendetwas bewirkt in der Politik. Johnson und sein Nachfolger Nixon waren betroffen von den Kriegsgegnern vor dem Zaun um das Weiße Haus. Bush lebt anscheinend hinter einer undurchdringlichen Steinmauer.

Und der seit fast einem Jahr von einer demokratischen Mehrheit bestimmte Kongress hat sich als unfähig oder unwillig gezeigt, Bush zu blockieren. Hillary Clinton, die Spitzenreiterin unter den demokratischen Präsidentschaftskandidaten, denkt nicht im Traum an einen baldigen Truppenabzug aus dem Irak. Barack Obama und John Edwards denken nicht viel anders. Und die Rüstungskonzerne wissen, wer die Butter streichen wird auf ihr Sandwich: Erstmals in Jahrzehnten spendiert die Rüstungsindustrie bei diesen Präsidentschaftswahlen mehr für die Demokraten als die Republikaner. Clinton bekam am meisten von den Damen und Herren von Raytheon, Northrup Grumman und Boeing. Auch der rechte Medienzar Rupert Murdoch, dessen Sender Gore verspottet, hat Hillary einen Scheck geschickt.

Der Graben ist tiefer geworden zwischen der Elite und dem Volk. Vizepräsident Cheney möchte Iran anscheinend lieber heute als morgen angreifen. Bush spricht vom III. Weltkrieg. Einige demokratische Politiker nehmen ihm ab, wenn es heißt, er belege Iran mit Sanktionen, um einen Krieg zu verhindern. Und wenn er sagt, die Brandkatastrophe in Kalifornien sei besser angegangen worden als Katrina, weil Kalifornien bessere politische Führer habe. Republikaner halt, nicht Demokraten wie in Louisiana.

Quelle: FREITAG. Die Ost-West-Wochenzeitung   44 vom 02.11.2007. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

02. November 2007

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