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Franz Jägerstätter - Gewissensfreiheit und Widerstand

Erklärung des Geschäftsführenden Vorstands von pax christi zur Seligsprechung des Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter

Am 26. Oktober 2007 wird Franz Jägerstätter im Linzer Dom selig gesprochen. Damit ehrt die katholische Kirche posthum einen Menschen, dem sie im Zweiten Weltkrieg jede Unterstützung für seine Gewissensentscheidung zur Kriegsdienstverweigerung versagte. Die Seligsprechung ist nur möglich geworden, weil das Zeugnis des Franz Jägerstätter viele Zeugen gefunden hat, die seit dem Tag seiner Hinrichtung bis heute gegen das Vergessen und gegen alle Anfeindungen dafür eingetreten sind, dass seine Entscheidung kirchliche und gesellschaftliche Anerkennung finden konnte.

Nach seiner Einberufung zur Wehrmacht im Jahre 1943 verweigerte Franz Jägerstätter seine Teilnahme an dem verbrecherischen Krieg. Für ihn war Gewissheit, dass keine staatliche Autorität das Recht hat, das Gewissen des einzelnen zu brechen, da Gottes Recht höher steht als Menschenrecht. Kirchliche Autoritäten sprachen ihm diese Bindung im Gewissen ab. Der Zweite Senat des Reichsgerichts in Berlin verurteilte ihn am 6. Juli 1943 wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode sowie zum Verlust der "Wehrwürdigkeit" und der bürgerlichen Ehrenrechte. Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter in Brandenburg / Havel hingerichtet.

Mit seiner Seligsprechung erfährt Franz Jägerstätter eine herausragende Würdigung; seine freie und selbst bestimmte Gewissensentscheidung wird damit öffentlich anerkannt und als vorbildliche Haltung eines Christen herausgestellt. Er trat ein gegen die Verachtung des Lebens und für gewaltlose Solidarität. Für die Weigerung, in einem ungerechten Krieg auf Befehl zu töten, nahm er auch den Verlust des eigenen Lebens in Kauf. In diesem Akt der Verweigerung bis zum Tod zeigt sich exemplarisch die unaufgebbare Freiheit des Menschen vor Gott und seinem Gewissen.

Bei aller Anerkennung seines persönlichen Zeugnisses ist auch die politische Dimension seiner Kriegsdienstverweigerung zu sehen. Dieses Zeugnis ist für die katholische Kirche in Österreich und Deutschland bis heute eine bleibende Mahnung daran, welche Rolle sie als Institution in der Zeit zwischen 1933 und 1945 eingenommen hat. Das Erinnern wirft auch die Frage auf, wie viel Nähe zum NS-Staat mit dem Auftrag der Kirche vereinbar war.

Mit der Seligsprechung wird bekräftigt, dass das in Gott verortete Gewissen über jede staatliche Pflicht zu stellen ist, - womit nicht diejenigen pauschal verurteilt werden, die sich zu einer solchen Entscheidung nicht im Stande sahen. Aber vor dieser Freiheit der Gewissensentscheidung verliert jede Rechtfertigung für einen Krieg ihre Grundlage. Daher sind auch diejenigen moralisch anzuerkennen und rechtlich zu rehabilitieren, die in einer Desertion den einzigen Ausweg sahen, der Beteiligung an diesem Krieg zu entkommen. Die weltweite Anerkennung des Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung als Grundrecht ist die notwendige Konsequenz.

Die Seligsprechung Franz Jägerstätters macht deutlich, dass jeder für sich auch jeweils neu eine Gewissenentscheidung treffen muss und in welche radikale Nachfolge Jesu Christi sie führen kann.

 

Quelle: pax christi Deutschland , 23.10.2007

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Veröffentlicht am

26. Oktober 2007

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