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Vorbereitung der Blockadeaktion im Sommer 1982

Im November 1981 entstand die Idee einer großen Blockade der Kaserneneinfahrten oder des Atomwaffenlagers für den Sommer 1982. Bei einem Treffen von Gruppenvertretern und Einzelpersonen in Tübingen wurde eine enge Zusammenarbeit zur Vorbereitung einer Aktion "Schwerter zu Pflugscharen" vereinbart. Dafür wurde der Arbeitskreis Engstingen gegründet.Als äußerst günstig für das Zustandekommen des AK Engstingen sowie für die gesamte Vorbereitungsarbeit in Tübingen sollte sich die Existenz des damaligen Vereins für Friedenspädagogik erweisen. Die Gruppenräume und die Bibliothek in dem damals von dem Verein angemieteten Haus in der Seelhausgasse halfen den Friedensgruppen bei ihrem Kampf um kontinuierliche und fundierte Arbeit. Viele Kontakte zwischen den Gruppen konnten über diesen gemeinsamen "Stützpunkt" aufrechterhalten werden bzw. erst entstehen. Vom AK Engstingen wurde das Gruppenbüro in der Seelhausgasse mehr und mehr in ein Engstingen-Büro bzw. Engstingen-Plenumsraum umfunktioniert. Vom Gruppenbüro aus wurden alle wichtigen anfallenden Arbeiten erledigt, während der Aktion "Schwerter zu Pflugscharen" wurden dort z.B. Anfragen der Presse beantwortet, ein Pressespiegel erstellt und Aktionsinformationen verteilt. 

Innerhalb des Arbeitskreis Engstingen wurden in den folgenden neun Monaten alle anstehenden Aktionsschritte geplant und koordiniert. Diese intensive und sorgfältige Vorbereitung der Blockadeaktion kann in vieler Hinsicht als vorbildlich gelten.

Eine derartige Aktion wäre dann am Erfolgversprechendsten, wenn sie von der einheimischen Bevölkerung getragen wird. Doch diese Bedingung konnte nicht erfüllt werden. Die mehrheitlich konservative Albbevölkerung hatte sich größtenteils längst an die Militäranlagen in Großengstingen und anderswo gewöhnt, ja sie profitierte davon. Deshalb musste für die Aktion zwangsläufig auf die zweitbeste Lösung gesetzt werden: eine von langfristiger, sorgfältiger und geduldiger Aufklärungsarbeit begleitete Aktion von Auswärtigen.

Um eine solche Aufklärungsarbeit hat sich der Arbeitskreis Engstingen lange Zeit intensiv bemüht. Unter anderem wurde wöchentlich eine Mahnwache in Großengstingen durchgeführt und monatlich ein Brief mit Informationen über die Atomwaffen und die bevorstehende Sommeraktion an alle Engstinger Haushalte verteilt.

Um die Soldaten der Engstinger Kaserne anzusprechen und auf ihre Mitverantwortung hinzuweisen, wurde ein Soldatenarbeitskreis gegründet, der durch Flugblattverteilen, Filmabende, eine Podiumsdiskussion und einen antimilitaristischen Soldatenstammtisch Kontakte zu Soldaten aufbaute. Dass im Herbst 1982 fünf Soldaten der Kaserne den Kriegsdienst verweigerten, war ein wichtiger Erfolg dieser Arbeit.

Zum Kennenlernen der Verhältnisse vor Ort fanden Wanderungen zum Atomwaffenlager statt. Bundeswehroffiziere und Polizei wurden durch Briefe und in Gesprächen über die geplante Aktion informiert.

Auch im Jahr 1982 fand wieder ein Ostermarsch in Großengstingen statt, bei dem 5.000 Menschen mit Fahrrädern zur Kaserne fuhren. Dort wurde die für Sommer geplante Aktion zum ersten Mal öffentlich angekündigt.

Für die Aktion selber wurde ein Handbuch erarbeitet, in dem der Charakter der Aktion, ihre Ziele und das basisdemokratische Organisationskonzept erläutert wurde.

Wichtige Ziele der Sommeraktion in Großengstingen waren ebenfalls, der Friedensbewegung Ansätze für gewaltfreie Aktionen aufzuzeigen und den verantwortlichen Politikern zu verdeutlichen, dass viele Menschen nicht mehr bereit waren, die atomare Aufrüstungspolitik mitzutragen.

Für die Aktion wurde ein Aufruf verfasst, in dem alle Menschen, die den Militarismus in Ost und West gleichermaßen ablehnen, dazu aufgefordert wurden, sich für die Blockade des Atomwaffenlagers zu kleinen Gruppen von 10 bis 15 Personen zusammenzuschließen, sogenannten Bezugsgruppen.

Die Zugehörigkeit zu einer Bezugsgruppe war dann auch die eine herausragende Bedingung für die Teilnahme an der Aktion, die andere war die Teilnahme an einem Training in gewaltfreier Aktion.

Und so bereiteten sich also die Bezugsgruppen in den Wochen zuvor in Trainings intensiv auf die gewaltfreie Aktion vor. Dabei wurden u.a. in Rollenspielen denkbare Konfliktsituationen der geplanten Aktion durchgespielt, in den Rollen der beteiligten Gruppen, z.B. Polizei, Soldaten, Demonstranten, Besucher.

In einer Übereinkunft legten die Bezugsgruppen ihre gemeinsame Grundhaltung fest. Unter anderem hieß es darin: "Wir werden versuchen, unsere Feindbilder abzubauen und werden mit Offenheit und Respekt auf alle Menschen zugehen, mit denen wir zusammentreffen." Und: "Wir werden keine Gewalt anwenden, weder physische noch verbale."

Von Anfang an waren vier Tage gemeinsamer Vorbereitung auf die Aktion und drei Tage Auswertung nach der Aktion eingeplant, so dass sie insgesamt vierzehn Tage in Anspruch nahm.

(Michael Schmid)

Zum Weiterlesen:

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Fußnoten

Veröffentlicht am

25. Juli 2007

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