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Was nützt Bush der Iran?

USA: Ein überparteilicher Konsens für einen Angriff ist fraglich

Von Konrad Ege

Seit Tagen hat sich die US-Regierung darauf versteift: Iran trägt die Hauptverantwortung für das Chaos, den Bürgerkrieg und den Tod vieler US-Soldaten im Irak. Teheran gewähre islamistischen Milizen nicht nur ideellen und logistischen Beistand, sondern sorge auch für den Nachschub an Waffen, gibt sich Präsident Bush überzeugt - es sei an der Zeit zu handeln. Wegen des iranischen Nuklearprogramms sowieso.

“Ich bin schon jetzt gegen den nächsten Krieg”, steht auf neuen Stoßstangen-Aufklebern amerikanischer Friedensbewegter. Dass dieser nächste Krieg gegen Iraks Nachbarn Iran stattfinden könnte, erscheint vielen Amerikanern immer wahrscheinlicher, doch sind die vorbeugenden Kriegsgegner diesmal nicht in der Minderheit wie vor dem Einmarsch im Irak.

Schon lange betont man im offiziellen Washington, Irans Nuklearprogramm sei nicht akzeptabel. Und immer schärfer werden die Vorwürfe, dass der Iran den “Terrorismus” im Irak fördere. Mehrmals machte Präsident Bush in den vergangenen Tagen Teheran verantwortlich für Waffenlieferungen an irakische Milizen. Medienberichte berufen sich seither auf Experten und angebliche Insider: Ein Angriff auf den Iran liege durchaus im Bereich des Möglichen, die Vorbereitungen seien fast abgeschlossen. Das mag Teil einer Propagandakampagne zum Einschüchtern der iranischen Regierung sein - oder es sind dringende Warnungen, die auf Kriegsskeptiker in der Regierung zurückgehen.

Aus Sicht des Weißen Hauses lässt die Koordination der Medienkampagne über den iranischen Waffentransfer freilich zu wünschen übrig: Unmittelbar nach einer Pressekonferenz nachrichtendienstlicher Experten in Bagdad und ihrer Aussage, dass hochrangige iranische Regierungsvertreter involviert seien, erklärte General Peter Pace, Chef der Vereinigten Stabschefs, er teile diese Anschauung nicht. Woraufhin George Bush wissen ließ, dass es wohl keinen Unterschied mache, wer in der Teheraner Regierung davon wisse. “Es kommt nur darauf an, dass die Waffen im Irak sind.” Und er werde “etwas dagegen tun, ganz einfach”.

Es häufen sich die Warnungen vor katastrophalen Folgen eines Angriffes und dem zu erwartenden Druck auf die Rohstoffpreise. Die Demokraten betonen, der Präsident sei “nicht befugt”, den Iran anzugreifen, dazu bedürfe es einer Kriegsresolution im Kongress. Rüstungsexperten sind besorgt, die USA hätten nicht die Personal- und Rüstungskapazitäten zu einem solchen Krieg. Die blumigen Prognosen vom schnellen Feldzug im Irak klingen nach. Die Washington Post veröffentlichte letzten Sonntag einen zweiseitigen Artikel über das Unvermögen der USA, die im Irak Verwundeten zu versorgen. In den Rehabilitierungszentren des Walter-Reed-Militärhospitals in Washington wohnten die Amputierten und Gehirnversehrten in Räumen mit verschimmelten Wänden, Mäusedreck und Kakerlaken.

Nach Plänen zu fragen, die George Bush für den Iran haben könnte, ist möglicherweise gar nicht so nützlich. Vielleicht soll seine Iran-Rhetorik hauptsächlich von einem wachsenden Protest gegen den Irak-Krieg ablenken. Bush und seine Gesinnungsgenossen hegen allerdings nach wie vor Wunschträume von einem möglichen Sturz der Regierung in Teheran. Und da wächst die Gefahr, dass diese Vorstellung, große Sprüche und die zur Untermauerung der Rhetorik laufenden Militärmaßnahmen - wie die Entsendung von Flugzeugträgern und die Festnahme von Iranern im Irak - ihre eigene Dynamik entwickeln. Irans Regierung könnte mitspielen bei diesem gefährlichen Spiel, denn Druck von außen stärkt das Regime nach innen.

Iran ist - ähnlich wie Vietnam Ende der sechziger Jahre - ein Sonderfall für die US-Politik. Vietnam hat die USA besiegt, im Iran hat 1979 eine Revolution den amerikanischen Statthalter und Garanten westlicher Energieinteressen zu Fall gebracht. Die 444 Tage währende Geiselnahme von Angehörigen der US-Botschaft hat man nie vergessen im offiziellen Washington. Wegen der anti-israelischen Hetze von Präsident Ahmadinedschad und seiner Holocaust-Leugnung, wegen des Atomprogramms und der Unterstützung der Regionalmacht Iran für muslimische Gruppen ließe sich in den USA zu “normalen Zeiten” vermutlich ein überparteilicher Konsens für harte Entscheidungen finden. Was die iranische Regierung wohl retten wird, ist das Blutvergießen im Irak.

Quelle: Freitag   - Die Ost-West-Wochenzeitung 08 vom 23.02.2007. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

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Veröffentlicht am

23. Februar 2007

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