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Die Katastrophe von Tschernobyl: Vertuscht und heruntergespielt

Der Super-Gau von Tschernobyl hat Millionen Leben zerstört. Durch Tod, Siechtum, Krankheiten unterschiedlichster Art, Missbildungen. Durch den Verlust geliebter Menschen und die Angst vor dem, was noch kommt. Viele der Opfer sind noch nicht einmal geboren. Seit 20 Jahren wird das Ausmaß der Katastrophe vertuscht und heruntergespielt. Greenpeace hat jetzt einen Report veröffentlicht, der die skandalösen Verharmlosungen widerlegt.

Der Name Tschernobyl ist zum Inbegriff des atomaren Schreckens geworden. Die letzten veröffentlichten Schätzungen gehen allein für Weißrussland, die Ukraine und Russland von 200.000 Toten im Zeitraum 1990 bis 2004 aus. Doch solche Zahlen gelangen kaum in die breitere Öffentlichkeit. Es ist auffällig, wie vage die Vorstellungen vom Ausmaß des Desasters sind.

Zum tragischen Schicksal der Tschernobyl-Opfer gehört, dass es sie nicht geben dürfte. Sie passen nicht ins Konzept. Sie passten vor 20 Jahren nicht ins Konzept der damaligen Weltmacht Sowjetunion, sie passen bis heute nicht ins Konzept der internationalen Atomlobby. Das ist die zweite Tragödie in ihrem Leben.

Das Leiden ist noch lange nicht vorbei

Um Licht in das Dunkel um die Opfer der Katastrophe zu bringen, hat Greenpeace mit mehr als 30 renommierten Wissenschaftlern zusammengearbeitet. Unter anderem mit ukrainischen, weißrussischen und russischen Experten. Manche der zusammengetragenen Daten liegen jetzt zum ersten Mal in englischer Sprache vor.

Unter anderem werteten die Fachleute neueste Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften aus. Sie kommen allein für die Länder Weißrussland, Ukraine und Russland auf 270.000 zusätzliche Krebserkrankungen, von denen wahrscheinlich 93.000 tödlich enden werden. Weitere Studien vermuten noch weitaus höhere Zahlen. Die Latenzzeit kann bei einer Krebserkrankung bis zu 50 Jahre betragen.

Vergleiche zwischen belasteten und unbelasteten Gebieten zeigen auch deutlich höhere Raten bei anderen Krankheiten. Die Strahlung scheint das Immun- und das Hormonsystem anzugreifen. Die betroffenen Menschen leiden häufiger als andere an Infektionen, Herz- und Gefäßkrankheiten, Bluterkrankungen, Unfruchtbarkeit und vorzeitiger biologischer Alterung. Die Zahl der Schwangerschaftskomplikationen, der Fehlgeburten und missgebildet geborenen Säuglinge ist drastisch gestiegen. Erlittene Schäden am Erbgut werden an die Kinder weitervererbt. Die Folgen der Katastrophe reichen weit in kommende Generationen hinein.

Die Interessenpolitik der Atomlobby

Die IAEO hat im September 2005 eine Studie vorgelegt, derzufolge an den Folgen des Super-Gau bislang nur 58 Menschen gestorben und in Zukunft höchstens 4.000 Krebstote zu befürchten seien. Die Weltgesundheitsorganisation, auf die sich die Behörde der Atomlobby beruft, schweigt dazu. Sie ist in ihrem eigenen Bericht zwar von einer mehr als doppelt so hohen Opferzahl ausgegangen, doch auch diese Zahl ist schon nach unten bereinigt.

Keiner kann sicher sagen, wie viele Menschen an den Folgen von Tschernobyl sterben werden. Dazu sind die Auswirkungen der Radioaktivität zu vielfältig und ist die Datenlage zu ungenügend. Doch wer von 4.000 Opfern spricht, leugnet die Schwere dieses Unglücks und ignoriert das Leid unzähliger Menschen, sagt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace. Selbst die IAEO geht in ihren Schätzungen von mehr Todesopfern aus als sie öffentlich erklärt. Man muss nur das Kleingedruckte in ihrer Studie lesen.

Greenpeace wirft der IAEO vor, den schlimmsten Unfall in der Geschichte der Atomkraft bewusst zu verharmlosen, um der Atomindustrie genehmere Zahlen zu verschaffen. Weltweit gibt es über 440 Atomkraftwerke. Jedes ist ein potenzielles Tschernobyl. Etwas anderes zu behaupten, kommt dem Super-Gau menschlicher Erkenntnisfähigkeit gleich. Die IAEO muss ihre Förderung der Atomkraft aufgeben und stattdessen den weltweiten Atomausstieg beaufsichtigen. Greenpeace fordert auch die Bundesregierung auf, sich für dieses Ziel einsetzen.

 

Quelle: Greenpeace vom 18.04.2006.


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Veröffentlicht am

19. April 2006

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