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Menschenrechte für Migranten ohne Papiere

Erklärung der IPPNW

In Deutschland leben nach Schätzungen 500.000 bis 1 Million Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus (sogenannte “Illegale”). Sie sind vor Krieg, Armut, Hunger oder Verfolgung geflohen. Die weltweiten Ursachen für Flucht und Migration müssen vordringlich politisch bekämpft werden. Davon unabhängig sind aber den hier lebenden Migranten - auch wenn sie keine Aufenthaltserlaubnis besitzen - die Menschenrechte zu gewähren. Dazu gehört u.a. das Recht auf elementare Gesundheitsversorgung, auf Schutz vor Ausbeutung sowie auf Schulbesuch ihrer Kinder.

Die Gesundheitsversorgung findet derzeit in einer rechtlichen und politischen Grauzone statt, die weder für die Migranten noch für die Ärzte akzeptabel ist.

Folgende Maßnahmen sind dabei vordringlich:

  1. Rechtssicherheit für Ärzte und medizinisches Personal bei der Behandlung von Kranken ohne legalen Aufenthaltsstatus. Ärztliche - und allgemein humanitäre - Hilfe darf nicht als Tatbestand der Beihilfe zum illegalen Aufenthalt gewertet werden, wie aus § 96 Aufenthaltsgesetz gefolgert werden könnte.
  2. Aufhebung der Übermittlungspflicht an die Ausländerbehörde für öffentliche Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten. Die Übermittlung von Daten gemäß § 87 Aufenthaltsgesetz hat in der Regel die Abschiebung zur Folge. Die Pflicht zur ärztlichen Verschwiegenheit wird damit unterlaufen. Oft werden lebensnotwendige Behandlungen im Krankenhaus oder die Behandlung von ansteckenden Krankheiten wie Tuberkulose, Aids oder Hepatitis von den Betroffenen aus Angst vor Abschiebung unterlassen. Dies kann - unabhängig von den humanitären und ärztlich-ethischen Aspekten - auch zu einer Gefährdung der öffentlichen Gesundheit führen.
  3. Kostenregelung für die medizinische Behandlung von statuslosen Migranten. Die bisher übliche Praxis, die auf der kostenlosen Hilfe einzelner Ärztinnen und Ärzte oder von Krankenhäusern beruht, ist weder ausreichend, noch auf Dauer finanziell durchzuführen. Eine Kostenübernahme durch die Sozialämter, wie es im Notfall nach dem Asylbewerberleistungsgesetz möglich ist, hat meist die Abschiebung zur Folge und stellt keine realistische Lösung dar. Beispielhafte Praktiken anderer Länder wie z.B. Italien, Spanien oder Belgien sollten geprüft und ggf. übernommen werden.

Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung verpflichten sich CDU/CSU und SPD, in den nächsten Monaten ein zweites Änderungsgesetz zum Aufenthaltsgesetz, das der Umsetzung von elf EU-Richtlinien im Ausländer- und Asylbereich dient, vorzulegen. Gleichfalls sollen die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU schnellstmöglich ausgearbeitet werden. Ferner besteht ein Prüfauftrag für den Bereich “Illegalität”.

Die IPPNW fordert Parlament und Regierung eindringlich auf, den Sachverstand, die praktischen Erfahrungen und Lösungsvorschläge der Organisationen und Verbände, die sich seit langem für Menschenrechte und humanitäre Verbesserungen der Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland einsetzen, bei den neuen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften entsprechend zu berücksichtigen und einzuarbeiten.

Quelle: IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung) vom 10.12.2005.

Veröffentlicht am

22. Dezember 2005

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