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Gegen den Krieg denken

von Desmond Tutu und Ian Urbina

ZNet 07.04.2003

Es ist schwierig, in diesem furchtbaren Augenblick keine Verzweiflung und Ohnmacht zu fühlen. Millionen in der Welt kämpften mit ihrem ganzen Herzen und ihrer Seele, um das Unrecht im Irak abzuwenden. Wenn Bomben fallen, gibt es unvermeidlich eine tiefe und emotionale Leere, in die man hineinfällt. Viele werden beten. Andere werden einfach nachdenken. Zahllose Menschen werden fortfahren, auf den Straßen zu demonstrieren. Aber alle werden erschüttert sein über das Ausmaß der Zerstörung, die geschieht, und die Reichweite ihrer Auswirkungen.

Wir haben dunkle Augenblicke auch früher erlebt. Sklaverei, der Holocaust, der Vietnam-Krieg - die Unmenschlichkeit des Menschen dem Menschen gegenüber darf nicht gering geschätzt werden. Im Kampf gegen die Apartheid erlebten wir Zeiten, in denen wir dachten, das Ende der Welt sei gekommen. Das Volk weinte 1993 beim Meuchelmord an Chris Hani, dem überall beliebten Führer, von dem viele annahmen, er würde der Nachfolger von Nelson Mandela als Kopf des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) werden. Die Gewalt hatte Südafrika fest im Griff. Die Verfassungsverhandlungen zwischen dem ANC und der National Party, der ‘Nur für Weiße’-Partei, waren gescheitert und an eine Wiederaufnahme war fast nicht zu denken. Dies war der absolute Tiefpunkt unseres Kampfes. Aber der Glaube obsiegte, wie auch die moralische Kraft der einfachen Durchschnittsmenschen, das zu tun, was richtig ist. Damit endete Apartheid.

Im heutigen Moment tiefer Qual über dem Krieg ist es wichtig, die Gründe für die Hoffnung und das Selbstwertgefühl dieser Menschen sowohl in den Vereinigten Staaten als auch überall auf der Erde zu erkennen. Niemals zuvor in der Geschichte hat es einen solchen Strom von Widerstand, der von einfachen Durchschnittsmenschen ausging, überall auf der Welt gegeben, bevor ein Krieg überhaupt begonnen hatte. Millionen nahmen Stellung. Diese Doktrin vom moralischen Vorrecht des Volkes muß hochgehalten werden. Zahllose Nationen, viele von ihnen völlig verarmt, hörten der Mehrheit der Stimmen ihrer eigenen Bürger zu, die gegen den Krieg waren.

Diese Regierungen entschieden sich, die riesigen Summen nicht anzunehmen, die ihnen für die Unterstützung der militärischen Bemühungen angeboten worden waren, sondern zogen es vor, die Meinungen ihrer Bürger zu beachten. Dies war - in diesem Zusammenhang - ein bedeutender Schritt in Richtung Demokratie. Ein erster Schritt zu persönlicher Heilung besteht darin, die Tiefe der inneren Verwüstung anzuerkennen, die viele von uns fühlen. Wir sollten nicht so tun, als ob dies nicht so wäre.

Aber wir müssen auch in die Zukunft blicken. Die in diesen Tagen mobilisierten Energien dürfen sich nicht auflösen. Sie sollten gebündelt und erweitert werden. Dies ist der Anfang von erhöhter Wachsamkeit, nicht das Ende. Bei einem Krieg erfahren die bürgerlichen Freiheiten im eigenen Hause ihre größte Bedrohung. Wir dürfen unter dem Druck des Patriotismus nicht das Recht auf Protest zertreten. Die Aufmerksamkeit der Welt war in den letzten Monaten auf die Forderung nach einer diplomatischen und UN-Lösung konzentriert. Wenn wir dauerhaften Frieden und Sicherheit im mittleren Osten wollen, wenn wir wollen, dass das Völkerrecht noch irgendeine Bedeutung behält, dann müssen wir damit anfangen zu verlangen, dass UN-Resolutionen auf alle Staaten gleichermaßen angewandt werden. Wir müssen damit anfangen, unsere Energien auf dieses Ziel zu richten. Im Irak müssen wir darauf achten, dass die Versprechen einer wahrhaftig funktionierenden Demokratie eingehalten werden und dass der langfristigen und teuren Verpflichtung zum Wiederaufbau Rechnung getragen wird.

Erzbischof Desmond Tutu bekam 1984 den Friedensnobelpreis, Ian Urbina ist Mitherausgeber vom ‘Middle East Research and Information Project’.

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Quelle: ZNet Deutschland vom 09.0.4.2003. Übersetzt von: gantenbein. Orginalartikel: “Anti-War Thinking”

Veröffentlicht am

09. April 2003

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