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4. April 2003: 35. Todestag von Martin Luther King

Von Michael Schmid

Am 4. April 2003 jährt sich der Todestag von Martin Luther King zum 35. Mal. Gerade in der jetzigen Zeit, in welcher die amerikanische Regierung eine blutige Invasion in den Irak betreibt, wird besonders schmerzlich der Verlust dieses Mannes deutlich, der sich so nachhaltig für Gewaltfreiheit engagiert hat. Und der sterben musste, weil er durch sein Engagement gegen den Vietnamkrieg und gegen die Armut in Amerika zu einer Bedrohung für die US-Regierung und die amerikanische Rüstungsindustrie geworden war.

King hatte zunächst noch gezögert, offen gegen den Vietnamkrieg aufzutreten. Führende Bürgerrechtler vertraten die Auffassung, Friedens- und Bürgerrechtsbewegung dürften nicht vermischt werden. Sie befürchteten zu Recht, dass die politische und finanzielle Unterstützung der Bürgerrechtsbewegung durch weiße liberale gefährdet sei, wenn King deutlich die Regierungspolitik kritisiere. King hielt sich aber nicht an diese Tradition.

Viele alte Weggefährten verließen ihn, einer nach dem anderen, weiße Liberale, Kirchenleute, sogar Freunde aus den Reihen der “Christlichen Führungskonferenz” (SCLC). Doch King ging seinen Weg konsequent weiter: “Gewaltlosigkeit zu lehren, wäre doch schizophren für mich, wenn ich gleichzeitig den Gewaltverbrechen zustimmen wollte, die Abertausende von Menschen, Erwachsene und Kinder, verstümmelt. Ich halte es noch immer mit dem Prinzip: Du sollst nicht töten.”

Er wurde zum schärfsten Kritiker der Vietnampolitik seines Landes, rief zur Wehrdienstverweigerung und zum zivilen Ungehorsam gegen Bundesgesetze auf. Seit Ende 1966 thematisierte King ständig den Zusammenhang von Rassismus, Armut und Krieg. Seine Erfahrungen fasste er folgendermaßen zusammen: “Jahrelang war ich mit der Idee zuwege, die bestehenden gesellschaftlichen Institutionen zu reformieren, ein bißchen Änderung hier, eine kleine Veränderung da. Jetzt sehe ich das radikal anders. Heute bin ich mir im klaren, daß wir einen Umbau der gesamten Gesellschaft brauchen, eine Revolution unserer Zielvorstellungen.”

In seiner berühmt gewordenen Rede “Jenseits von Vietnam” (“Beyond Vietnam”), die King genau ein Jahr vor seiner Ermordung am 4. April 1967 in der New Yorker Riverside Church hielt, klagte er seine Regierung als “die größte Gewaltausüberin in der heutigen Welt” an.

Solche Äußerungen saßen. Er zog nicht nur die Feindseligkeiten der Rassisten auf sich. Nein, der einst als “Apostel der Gewaltfreiheit” hofierte Friedensnobelpreisträger wurde in seinen letzten beiden Lebensjahren auch bei den politisch Mächtigen zur unerwünschten Person. Viele sind heute überzeugt, dass das FBI bei seiner Ermordung seine Finger im Spiel hatte. Jenes FBI, das den schwarzen Führer der Bürgerrechtsbewegung in der Ära Johnson allerdings bereits früh als Sicherheitsrisiko Nummer eins für die USA behandelte, 16 geheime Abhöranlagen in Büro und in Privaträumen Kings installierte, seine Hotelzimmer mit Wanzen ausstattete und ihn schließlich, schon 1964, in den Selbstmord treiben wollte.

Kann King für uns eine Bedeutung haben?

Genau 35 Jahre ist es nun her, seit Martin Luther King ermordet wurde. Gibt es etwas, was ihn für uns noch interessant machen könnte? Nun, dieser Mann hat trotz all seiner von ihm selber schmerzlich empfundenen Schwächen an “schöpferischer Unangepasstheit” und Zivilcourage festgehalten. Er resignierte nicht vor dem “dreifachen Übel des Rassismus, Materialismus und Militarismus”, wie er zu sagen pflegte, sondern holte schonungslos die dunklen Seiten der USA ans Licht. King klagte nicht nur an, sondern kämpfte mit “aggressiver Gewaltlosigkeit” gegen Rassismus, Armut und Krieg. Solche dunklen Seiten der USA erleben wir ganz aktuell in ihrer mörderischen Kriegspolitik. Es gibt sie aber auch in unserer eigenen Gesellschaft zur Genüge, diese “dunklen Seiten”, die es nicht nur zu beklagen, sondern durch aktives, gewaltfreies Handeln zu bekämpfen gilt.

King kann heute noch überzeugendes Vorbild sein als jemand, der tat, was er sagte. Bei ihm gab es keine “Glaubwürdigkeitslücke” zwischen Reden und Handeln. Und dass jemand glaubwürdig bleibt, das ist viel wert in einer Welt in der vor allem Sprechblasen abgesondert werden.

Von King lernen können wir, dass es einen dritten Weg gibt zwischen einer Haltung, welche die Gewalt nur tatenlos hinnimmt oder einer Haltung, die mit Gewalt zurückschlägt. Immer wieder hat er darauf hingewiesen, “dass, wenn wir den Frieden in der Welt haben sollen, Menschen und Völker gewaltlos dazu stehen müssen, dass Zwecke und Mittel übereinzustimmen haben. ? Wir werden niemals Frieden in der Welt haben, bevor die Menschen überall anerkennen, dass Mittel und Zwecke nicht voneinander zu trennen sind; denn die Mittel verkörpern das Ideal im Werden, das Ziel im Entstehen, und schließlich kann man gute Zwecke nicht durch böse Mittel erreichen, weil die Mittel den Samen und der Zweck den Baum darstellen.”

Der das sagte, wusste wie schwierig es ist, der Gewalt nicht mit Hass und Gegengewalt zu begegnen. Fast dreißigmal wurde er ins Gefängnis geworfen, mehrmals durch Attentate persönlich angegriffen, mit Verleumdungskampagnen überzogen, durch unzählige Briefe, Telefonanrufe beschimpft, gedemütigt, bedroht von Leuten, die Hass auf ihn und seine Haltung hatten. Er aber sah auch in den ihm gegenüber feindselig gestimmten Menschen noch “Brüder”, die er als Menschen anzusprechen suchte, die sich noch ändern können, auch solche mit gefährlichem Hass.

“Martin Luther King redete nicht nur von Brüderlichkeit. Er war ein Bruder. … Er wünschte nicht nur Veränderungen. Er veränderte wirklich etwas”, stellte sein langjähriger Mitstreiter Jesse Jackson fest.

Von King lernen bedeutet im Angesichte des mörderischen Kriegs gegen den Irak so zu handeln, wie King es tun würde: verstärkt gewaltfreien Widerstand leisten. “Sonst würden wir Komplizen nicht nur der Zerstörung des Irak,” stellt der Amerikaner Jim Douglass fest, “sondern auch der Vereinigten Staaten von Amerika.”

Hinweise:

> Es finden sich zahlreiche Artikel über King sowie Hinweise auf Literatur, Medien, etc. auf der Website des Lebenshauses .

> Umfangreiche Materialien zu King befinden sich auch auf der Website des Martin-Luther-King-Zentrums .

Veröffentlicht am

03. April 2003

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